Es ist ein gespenstisches Video, das die britische Zeitung Daily Express da auf ihrer Internetseite veröffentlicht hat. Der Film wurde mit einem Handy aufgenommen, quasi aus der Ego-Perspektive. Die Person wandert durch eine Stadt. Schnell erkennt man erste Gebäude, spätestens dann, wenn der Mensch mit der Handykamera in den Antwerpener Bahnhof hineingeht.
Unterlegt ist das Video mit einem Singsang, der Experten gleich bekannt vorkam. Offenbar ist genau dieses Lied auch auf einem Film zu hören, der im Zusammenhang mit dem Anschlag auf einen Nachtclub in Istanbul auf Silvesterabend erschienen war.
Und damit wirklich jedem klar ist, was das soll, wird anscheinend irgendwann auch ein handgeschriebener Zettel in die Kamera gehalten, mit der Aufschrift: "Wir sind noch da!"
Sicherheitsvorkehrungen am Bahnhof Antwerpen erhöht
Schlechter Scherz oder reale Bedrohung? Beides ist denkbar, sagt Sven Lommaert von der Antwerpener Polizei: "Ausschließen können wir derzeit keine der beiden Optionen. Deswegen nehmen wir das erstmal sehr ernst."
Die Bilder würden in jedem Fall jetzt untersucht, sagt der Polizeisprecher. Man warte auch noch auf die Einschätzung des Anti-Terror-Stabs OCAM. Vorsorglich und bis auf weiteres habe man aber schonmal die Sicherheitsvorkehrungen im Antwerpener Bahnhof erhöht.
Terrorismusexperten sind angesichts des seltsamen Videos gespaltener Meinung. Die einen sagen, dass es sich ganz offensichtlich nicht um ein offizielles Video der Terrorgruppe IS handelt. Die Qualität des Films sei zu schlecht. Außerdem sei nirgendwo das Logo der Organisation zu sehen, zitiert die VRT den Dschihad-Experten Pieter Van Ostaeyen.
Andere geben zu bedenken, dass es nicht das erste Mal wäre, dass kurz vor einer Attacke ein derartiges Drohvideo erscheint. Das sagt etwa der renommierte Kriminologie-Professor Ahmet Yayla in der Zeitung Daily Express, die als erste den Film veröffentlicht hatte.
Schon am Donnerstag Terroralarm in Brüssel
Wie dem auch sei, gerade gestern noch gab es ja Terroralarm in Brüssel. Anfangen hatte alles damit, dass ein Wagen eine rote Ampel überfahren hatte. Die Polizei wollte den weißen Kleintransporter stoppen, der Fahrer ergriff aber die Flucht. Nach einer Verfolgungsjagd wurde das Fahrzeug gestoppt, an der Porte de Hal, in der Brüsseler Stadtgemeinde Saint-Gilles, unweit des Südbahnhofs.
Die Polizisten staunten aber nicht schlecht, als sie die Personalien des Fahrers überprüften. Es habe sich herausgestellt, dass der Fahrer als "radikalisiert" eingestuft werde, sagte Charles Picqué, der Bürgermeister von Saint-Gilles, in der RTBF. Mehr noch: Wie einige Zeitungen berichten, soll es sich um einen 28-jährigen Mann handeln, der vor knapp einem Jahr zu fünf Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden war Und zwar wegen eines Syrienaufenthalts und der Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung.
Klar, dass da schonmal einige Warnleuchten angehen. Und dann weigerte sich der Mann auch noch, den Kofferraum des Wagens zu öffnen. Der sei dann aufgebrochen worden. Zum Vorschein kamen zwei Gasflaschen, schildert Charles Picqué die Ereignisse. Spätestens da schrillten dann alle Alarmglocken.
Das gesamte Viertel wurde abgeriegelt. Der Minenräumdienst der Armee rückte an, um die brisante Ladung in Augenschein zu nehmen. Beide Gasflaschen wurden kontrolliert gesprengt. Eine von beiden war anscheinend leer. Es gab auch keinerlei Zündmechanismus. Der Verdächtige selbst hat den Ermittlern gegenüber offenbar angegeben, die Gasflaschen seien "für den Hausgebrauch bestimmt gewesen."
Angst sitzt noch in den Knochen
Offensichtlich also: falscher Alarm. Daran sei der Verdächtige allerdings nicht ganz unschuldig, sagte Patrick Evenepoel von der Brüsseler Polizei. Hätte der Mann sich nicht geweigert, zu kooperieren, hätte man das Ganze vermeiden können. In jedem Fall habe man kein Risiko eingehen wollen, begründet Evenepoel den gestrigen Großeinsatz.
Zumal in solchen Momenten gleich wieder die Erinnerungen an den 22. März wach werden. Das sei völlig normal, sagen Soziologen und Psychologen am Freitag in De Morgen. Die Anschläge von Zaventem und Maelbeek steckten allen noch zu tief in den Knochen. Noch am vergangenen Samstagsabend war die Ancienne Belgique, der bekannte Brüsseler Konzertsaal, wegen einer Bombendrohung geräumt worden. Auch das erwies sich als falscher Alarm.
Roger Pint - Foto: Nicholas Maeterlinck/Belga
So sehr ich die Aussagen ihrer meist brillanten Kommentare inhaltlich als auch die Form betreffend teile, Herr Pint, umso weniger bin ich vom Ton dieses eher alarmistischen Kommentars überzeugt. Von einem ganzen Land, das (immer noch) in Angst lebt, zu reden, wenn terroristische Gefahren sich vor allem in Brüssel und Antwerpen, oder in Verviers und Zaventem, bündeln, klingt eher nach einer Rhetorik, die den Angstgegner heraufbeschwört, als ihn tatsächlich zu identifizieren. Erps-Kwerps und Houte-Si-Plou haben zum Glück noch keine Anschläge erlitten und ich denke, das wird auch so bleiben. Behalten wir lieber einen kühlen Kopf, so wie die tausenden Menschen, die jeden Tag via Porte de Hal zur Arbeit oder in eines der netten Cafés in Saint-Gilles fahren. Und, ohne die tragischen Opfer der Anschläge in Belgien mindern zu wollen, bleibt die faktische Tatsache, dass 2016 mehr Menschen durch Stürze (1.486) und durch Verkehrsunfälle (756) ums Leben gekommen sind.
Hier kann ich Herrn Hezel mal Recht geben.