"Es geht darum, möglichst gemeinsame Wege nach vorne zu finden", so Remmel. "Wege nach vorne" - es sind vor allem neue Wege, die der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel gehen will und die ihn bis nach Brüssel gebracht hatten. Es sei doch so, sagt der Grünen-Politiker: Bislang ließ sich die Frage der Zukunft der belgischen Atomkraftwerke mit einem Wort zusammenfassen: Konfrontation. Das ging ja bis hin zu Klagen vor belgischen Gerichten...
"Um aus dieser konfrontativen Diskussion heraus zu kommen, haben wir ein Gutachten in Auftrag gegeben, dass diese Frage auch mal technisch untersuchen sollte. Dieses Gutachten habe ich nun übergeben", so Remmel - und zwar in die Hände der belgischen Amtskollegin Marie-Christine Marghem, der föderalen Ministerin für Umwelt und Energie.
Kooperation
Zwar hat Johannes Remmel gegenüber der Kollegin erneut die Sorgen und Forderungen der deutschen Seite zum Ausdruck gebracht, das ist aber eben nicht der Grundtenor dieses Gutachtens. Thema ist vielmehr beiderseitige Zusammenarbeit, "um die Versorgungssicherheit einerseits gemeinsam anzugehen und zum anderen auch den Ausbau der erneuerbaren Energien zu unterstützen auf beiden Seiten", so Remmel. "Auch Nordrhein-Westfalen und die Bundesrepublik können durchaus von einem Ausbau der erneuerbaren Energien in Belgien profitieren."
Kooperation, so lautet also das Zauberwort. Übertragen auf den Bereich, um den es geht, nämlich die Elektrizität, reimt das sich eigentlich mit "Interkonnektion". Auf Deutsch und ganz konkret: Man braucht zu allererst eine leistungsfähige Hochspannungsverbindung zwischen beiden Ländern. Eben eine solche Stromtrasse ist in Planung. Sie wird auf den Namen Alegro hören. Allegro mit zwei L ist eine Tempobezeichnung in der Musik und bedeutet "schnell" - und "schnell"ist für Johannes Remmel auch das Stichwort. Absolute Priorität müsse haben, "dass wir jetzt alles dafür tun, die bestehende Planung zum Abschluss zu bringen, die Verbindung Alegro aufzubauen und den Zeitplan einzuhalten".
Interkonnektion
Und der NRW-Umweltminister denkt da auch schon einen Schritt weiter. Besagtes Gutachten, das er Marie-Christine Marghem übergeben hat, empfiehlt gleich schon einen zweiten "Interkonnektor", also eine zweite Direktverbindung zwischen den Stromnetzen beider Länder. Hier könne man auch noch die Niederlande mit ins Boot holen. Das alles eben, um den Austausch von Strom zu erleichtern, in die eine wie in die andere Richtung. Schon heute brauche man möglichst flexible innereuropäische Stromnetze, meint Johannes Remmel. "Wir haben gerade im November und im Januar Versorgungssituationen erlebt, wo klar geworden ist, dass Frankreich, Belgien, die Niederlande und die Bundesrepublik eng voneinander abhängen. Wenn der Wind nicht weht, die Sonne nicht scheint und gleichzeitig 14 französische Atomkraftwerke in Reparatur sind, dann wird es eng."
Remmel hat hier aber ganz klar auch schon die Energiewende vor Augen, die in Deutschland ja schon in vollem Gange ist. In Belgien haben die Diskussionen über den angestrebten innerbelgischen Energiepakt demgegenüber gerade erst richtig begonnen.
"Gutes Gesprächsergebnis"
Und auch vor diesem Hintergrund habe sich Marie-Christine Marghem denn auch sehr interessiert gezeigt an einer vertieften Zusammenarbeit mit dem Nachbarland. "Wir sind an der Stelle überein gekommen, wo es darum ging, den Weg nach vorne zu suchen und den Austausch zu verbessern und zu intensivieren. Sie hat zugesagt, dass man die Studie sehr genau lesen wird und eine große Bereitschaft gezeigt, gemeinsame Aktivitäten zur Abstimmung des Ausbaus der erneuerbaren Energien auf den Weg zu bringen. Das ist ein gutes Gesprächsergebnis", so Remmel.
Doch weiß man auch in Düsseldorf um die etwas zerstückelte belgische Staatsstruktur, konkret: dass in Belgien neben dem Föderalstaat auch insbesondere die Regionen für den Bereich Energie zuständig sind. Entsprechend will der nordrhein-westfälische Umweltminister denn auch mit möglichst allen Beteiligten sprechen. "Ich möchte auch den deutschsprachigen Teil Belgiens besuchen und mit den Verantwortlichen dort ins Gespräch kommen. Das ist Teil eines intensiveren Austauschs mit unseren belgischen Freunden. Es macht keinen Sinn, auf Forderungen zu beharren, man muss auch die Wege nach vorne finden."
Eben Kooperation statt Konfrontation. Marie-Christine Marghem wollte übrigens nicht viel über das Treffen loswerden. Sie ließ auf Anfrage lediglich bestätigen, dass es ein "konstruktives Gespräch" gewesen sei. Kollege Johannes Remmel hofft seinerseits, dass man schon sehr bald genau da anknüpfen kann. "Ich würde mir wünschen, dass wir unsere Konsultationen zeitnah fortsetzen könnten. Ich werde jetzt erstmal der Bundesregierung berichten und hoffe, dass wir dann auch zu konkreteren Vereinbarungen kommen."
rop/mg - Archivbild: Victoria Bonn Meuser:AFP