Beförderung oder nicht: Das ist hier die Frage. Günther Oettinger, derzeit für die Digitalwirtschaft in der EU-Kommission zuständig, soll zum Jahresende das mächtige Ressort Haushalt übernehmen. Außerdem soll er zum Vize-Kommissionspräsidenten avancieren. Das zumindest war der Plan vor dem Skandal.
Oettingers lockere Rede am Freitagabend vor Unternehmern in Hamburg hat den CDU-Politiker ganz schön in die Bredouille gebracht. Erst hat er zu seinen Aussagen geschwiegen, dann hat er sie heruntergespielt. Nun aber bittet der Schwabe mit dem losen Mundwerk um Verzeihung.
Er sehe ein, dass seine Wortwahl negative Gefühle erzeugt habe und einige Menschen sogar verletzt haben könnte, sagt Oettinger. Er bittet deshalb um Verzeihung für alle Äußerungen, die "nicht so respektvoll waren, wie sie es hätten sein sollen".
Handel mit China
Oettinger hatte in seiner Rede in Hamburg unter anderem Chinesen als "Schlitzaugen" bezeichnet, von einer "Pflicht-Homoehe" gesprochen und missverständliche Äußerungen zur Frauenquote gemacht. Daraufhin brach ein Sturm der Entrüstung los. Zu seiner Verteidigung erklärte er am Donnerstag, das Ziel seiner "frei von der Leber" gehaltenen Rede sei es gewesen, einen Weckruf an das deutsche Publikum loszuwerden.
Das ist allerdings gründlich in die Hose gegangen. Statt die Hamburger Unternehmer zu "wecken" hat Oettinger die Chinesen gründlich verärgert. Nun startete er einen deutlich diplomatischeren Versuch, um auf die Handelsprobleme mit China hinzuweisen: Chinesische Unternehmen sollten europäische kaufen können – und umgekehrt. "Dafür brauchen wir faire Bedingungen und einen freien Zugang von beiden Seiten", sagt Oettinger. In dieser Angelegenheit bestehe jedoch noch Handlungsspielraum.
Das Thema Homo-Ehe habe er nur deshalb angekartet, weil in Deutschland zurzeit so viel darüber diskutiert werde. Es gebe auch andere wichtige Herausforderungen. Trotzdem: "Wer mich kennt, ich bin seit Jahrzehnten ein Liberaler. Für mich ist die Entscheidung des Menschen, wie er seine Familie gründet, eine private Entscheidung. Deswegen habe ich hier überhaupt nichts zu kommentieren. Ich bin immer bereit gewesen, die Partnerschaft von Gleichgeschlechtlichen zu unterstützen - auch rechtlich, auch gesetzgeberisch."
Kommunisten: "Falsch zitiert"
Zur zeitweise Blockade-Haltung der Wallonie in den Verhandlungen über Ceta bezog Günther Oettinger nur indirekt Stellung. Er komme selbst aus einem föderalen Land und respektiere die Ansichten von Teilstaaten.
In Sachen Wallonie sei Oettinger aber falsch zitiert worden, stellte der Sprecher der EU-Kommission nun klar. Entgegen anderslautender Aussagen habe Oettinger den Begriff Kommunisten nicht im Zusammenhang mit der wallonischen Regierung verwendet, sagt Kommissionssprecher Margritis Schinas, sondern um eine Partei im Süden Belgiens zu beschreiben, die in den Umfragen zulegt und sich selbst als kommunistisch bezeichnet.
So viel dürfte sicher sein: Fortsetzung folgt.
Alain Kniebs - Bild: Olivier Hoslet/EPA