"Und am Ende gewinnt Cameron", titelt La Libre Belgique. "EU macht Deal mit Großbritannien", schreibt De Morgen. "Cameron steht jetzt zu Hause vor dem Kampf seines Lebens", bemerkt De Standaard auf Seite eins.
Nach zähen Verhandlungen haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf ein Reformpaket für Großbritannien verständigt. Der britische Premierminister David Cameron hat bekommen, was er wollte: einen Sonderstatus für sein Land. Er will sich nun in London für den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union einsetzen. La Libre Belgique meint: Eigentlich mögen wir britischen Humor. Doch die erbärmliche Komödie, die Cameron in Brüssel aufgeführt hat, war alles andere als lustig. Und zu allem Überfluss haben die 27 übrigen gutmütigen Trottel Camerons Spiel auch noch mitgespielt, so die Zeitung. Dabei gibt es in Europa doch Wichtigeres anzupacken als das vermeintliche "britische Problem", das in Wahrheit nur das von David Cameron ist.
De Standaard sieht das ähnlich: Für den Konservativen geht es jetzt um das blanke politische Überleben. Ein Deal mit den Europäern bedeutet noch lange keinen Sieg an der Heimatfront. Cameron wird die Briten ja noch überzeugen müssen, beim Brexit-Referendum mit "Ja" zu stimmen. Verliert er die Abstimmung, war's das für ihn.
Europa braucht Vorkämpfer... und manchmal auch Fritten
Het Nieuwsblad hebt lobend die Rolle von Charles Michel bei den Verhandlungen hervor. Belgiens Premierminister hatte sich Camerons Forderungen in den Weg gestellt und die europäischen Grundwerte verteidigt. Unser Regierungschef hat sich damit überraschend als Vorkämpfer der europäischen Sache entpuppt. Wenn es darauf ankommt, Probleme zu lösen, braucht Europa überzeugte Verteidiger wie Michel und keine Totengräber wie Cameron. Natürlich läuft in der EU nicht alles rund. Aber die großen Herausforderungen unserer Zeit lassen sich nur gemeinsam angehen - etwa die Flüchtlingskrise, der Klimawandel und die Schließung von Steuerschlupflöchern für internationale Konzerne.
Die Verhandlungen beim EU-Gipfel haben sich am Freitag in die Länge gezogen: Statt beim geplanten Frühstück sind die Staats- und Regierungschefs erst zum Abendessen um 20:00 Uhr zusammengekommen. Wie sämtliche Zeitungen berichten, darunter Het Laatste Nieuws, wusste sich die deutsche Bundeskanzlerin aber selbst zu helfen. Als sie der Hunger packte, machte sich Angela Merkel kurzerhand zu Fuß zu einer bekannten Frittenbude im Brüsseler EU-Viertel auf. Dort staunte man nicht schlecht, als Merkel höchstpersönlich Schlange stand und "ein Mal Fritten mit Sauce Andalouse" bestellte. Fazit der Zeitung: Die deutsche Kanzlerin steht auf das "belgische Gold".
Hinter allem steht die Angst
L'Echo sieht bei der Abkehr der Briten von Europa und der Verweigerungshaltung der Osteuropäer bei der Aufnahme von Flüchtlingen eine gemeinsame Ursache, nämlich die Angst. Angst vor Bevormundung, Angst vor dem Fremden, Angst vor Terrorismus. Angeheizt werden diese Ängste oftmals durch den Krieg in Syrien. Die USA schwächeln, die Macht von Russland und der Türkei nimmt zu. Europa muss sich dringend anpassen, meint das Blatt. Ansonsten werden kleine Länder wie Belgien den neuen Riesen hilflos gegenüberstehen.
De Morgen berichtet, dass das Ausländeramt in Brüssel nur noch 60 Asylanfragen pro Tag zulässt - und zwar bereits seit Beginn des Jahres. Der Grund: Die Notunterkünfte im Land sind voll. Wenn in Kürze keine zusätzlichen Auffangplätze geschaffen werden, will das Ausländeramt die Zahl der täglichen Registrierungen sogar noch weiter senken.
Kris Peeters: von Reformplänen und Anfeindungen
Kris Peeters will das Arbeitsrecht modernisieren. Wie Le Soir berichtet, will der CD&V-Minister Arbeitgebern und Gewerkschaften zehn Reformvorschläge vorlegen. Peeters scheut offenbar keine Tabus: Er plant eine Alternative zu den Firmenwagen. Er will einen Mobilitätszuschlag, den die Arbeitnehmer nach Belieben für Öffentliche Verkehrsmittel oder Dienstwagen nutzen können.
In Het Nieuwsblad greifen die flämischen Nationalisten besagten Minister frontal an: "Peeters ist inzwischen zur neuen 'Madame Non' geworden", sagt die N-VA-Abgeordnete Zuhal Demir in Anspielung auf Joëlle Milquet, die sich eben diesen Spitznamen durch ihre Blockadehaltung bei den gemeinschaftspolitischen Verhandlungen eingehandelt hatte. Demir hält ihrem Koalitionspartner Peeters vor, dass er mehr Zeit mit der Blockierung von N-VA-Vorschlägen verbringe, als mit seiner eigentlichen Arbeit.
Zwei Millionen unterschlagen und entkommen, weil Chefs trödelten
L'Avenir schließlich berichtet über den krassen Veruntreuungsfall, der die Wallonie erschüttert. Ein Buchhalter des wallonischen Amts für Abfallwirtschaft hatte sich in den vergangenen Jahren unbemerkt mehr als zwei Millionen Euro aufs eigene Konto überwiesen. Was für die Zeitung dem Fass die Krone ins Gesicht schlägt: Der 64-Jährige konnte die Flucht ergreifen, weil seine Chefs zu spät die Polizei alarmierten.
Die Geschichte ist so absurd, dass man fast darüber lachen könnte.
Alain Kniebs - Bild: John Thys/AFP