"Auch beim Nato-Gipfel dreht sich alles um Trump", titelt Het Laatste Nieuws. "Alles tun, um Trump zu beruhigen", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. "Die Niederlande ziehen alle Register, um Trump zu streicheln", so formuliert es Gazet van Antwerpen auf Seite eins.
US-Präsident Donald Trump ist persönlich zum Nato-Gipfel nach Den Haag gereist, um den Partnern noch einmal klarzumachen, dass sie jetzt auch wirklich ihren Beitrag leisten müssen. Der soll ja sogar auf insgesamt fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes angehoben werden. Um Trump nicht unnötig zu verärgern, wurde sogar das Programm des Nato-Gipfels angepasst.
Auf die Knie vor "König Trump"
"Das traurige Spektakel in Den Haag wirft ernste demokratische Fragen auf", meint De Morgen in seinem Leitartikel. Es ist selbstredend, dass Europa in seine Verteidigung investieren muss. Aber müssen es gleich fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes sein? Entspricht das unserem wirklichen Bedarf? Oder machen wir das nur, um "König Trump" zu gefallen? Diese Fragen stellen sich erst recht, nachdem einige Kurznachrichten öffentlich wurden, die Nato-Generalsekretär Mark Rutte dem US-Präsidenten geschickt hatte. Rutte versicherte darin stolz, dass die Europäer "in großem Stil" bezahlen würden; "Du wirst das schaffen, was kein amerikanischer Präsident seit Jahrzehnten durchsetzen konnte", schmeichelte Rutte. Während sich viele Amerikaner also Sorgen machen über die monarchistischen Ambitionen von Trump, empfangen die Europäer den US-Präsidenten wie ihren launischen König. Und sie bringen damit zugleich ihre Sozialmodelle ernsthaft in Gefahr.
Gazet van Antwerpen sieht das ähnlich. Die Art und Weise, wie die europäischen Staaten vor Trump auf die Knie fallen, kann einem die Schamesröte ins Gesicht treiben. Ganz zu schweigen von dem billigen und unterwürfigen Gesülze des Nato-Generalsekretärs Marc Rutte. Der hat sich selbst vor dem amerikanischen Karren gespannt und scheint dabei nicht zu merken, dass es dem US-Präsidenten am Ende nur ums Geld geht. Denn wo werden die Europäer all ihre Milliarden wohl ausgeben? Klar! Die Kasse wird vor allem in Amerika klingeln.
Noch schnell die Hausaufgaben gemacht
"Fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung, das darf kein Selbstzweck sein", meint auch L'Echo. Natürlich müssen die Europäer jetzt ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Sie können sich nicht mehr länger unter den amerikanischen Schutzschirm verstecken. Und es musste nicht erst ein Donald Trump kommen, um den Europäern das klarzumachen. Seine Vorgänger sahen das genauso. Aber warum müssen es gleich fünf Prozent des BIP sein? Eigentlich ist das nur eine Zahl. Viel wichtiger ist, dass man das Ganze auch in eine strategische Vision gießt. Gerade in Europa muss das doch einmal in allen Sprachen wiederholt werden. Wir brauchen einen komplementären Ansatz, mit kompatiblen Waffensystemen, um zu vermeiden, dass jeder Staat am Ende sein eigenes militärisches Süppchen kocht. Wenn am Ende all diese Milliarden in amerikanische F-35 fließen, dann haben wir die wichtigste strategische Kurve seit dem Ende des Kalten Krieges verpasst.
Kurz vor Beginn des Nato-Gipfels hatte derweil die Föderalregierung noch schnell ihre Hausaufgaben gemacht. "Milliardenpaket für die Landesverteidigung", titelt etwa das GrenzEcho. Konkret hatte sich die Koalition auf ein Investitionsprogramm verständigt, in dem also festgehalten wurde, wie genau man das Geld ausgeben will. "Vooruit lässt die F-35 aber erst mal nicht starten, ohne einen Beitrag der stärksten Schultern", so die Schlagzeile von De Standaard. Im Klartext: Neue F-35 Kampfflugzeuge sollen erst bestellt werden, wenn auch eine Kapitalertragssteuer beschlossen wurde, die garantiert, dass auch die Bessergestellten ihren Beitrag leisten.
Budgetäres Damoklesschwert über Belgien
Und das ist eigentlich nur fair, ist De Standaard überzeugt. Das neue Fünf-Prozent-Ziel der Nato wird diese und auch die kommenden Föderalregierungen über Jahre beschäftigen. Ab jetzt hängt ein budgetäres Damoklesschwert über der Brüsseler Rue de la Loi. Und genau vor diesem Hintergrund ist der "Einspruch" der flämischen Sozialisten viel mehr als nur eine parteipolitische Positionierung. Erst recht jetzt ist es wichtig, dass wirklich alle ihren Beitrag leisten. Gerade jetzt hat ja auch die Nationalbank noch einmal festgestellt, dass die Einkommensungleichheit in Belgien zunimmt, weil die reichsten ein Prozent deutlich weniger Steuern bezahlen. Das ist nicht länger zu verkaufen, erst recht jetzt, da unsere Freiheit und unser Wohlstand bedroht sind. Oder müssen die "stärksten Schultern" das Land nicht mit verteidigen?
Die "strategische Vision", auf die sich die Föderalregierung jetzt geeinigt hat, bleibt allerdings noch sehr vage, kritisiert Het Belang van Limburg. Bislang beschränkt sich das auf ein paar Schlagworte aus PowerPoint-Präsentationen und ministerielle Mitteilungen in sozialen Netzwerken. Hier bedarf es dringend einer tiefgehenden Debatte. In diesem Land wird über alles endlos lange diskutiert, vom Atomausstieg bis zum Führerschein. Und wenn es um all diese Milliarden geht, soll man dann plötzlich der Regierung einen Freifahrtschein geben? Niemand hat etwas gegen Landesverteidigung, wohl aber gegen blindes Vertrauen.
Chaotisch und pleite
"Das ist kein Verteidigungsplan", so das schonungslose Urteil von De Tijd. Angefangen beim haushaltspolitischen Fahrplan. Die Regierung De Wever missachtet nämlich ausdrücklich das Fünf-Prozent-Ziel, peilt sie doch für 2034 lediglich 2,5 Prozent an. Das ist schon dreist! Erst recht, wenn man weiß, dass selbst diese 2,5 Prozent haushaltspolitisch auf Sand gebaut sind. Hier zeigt sich einmal mehr: Belgien hat keine Spielräume mehr.
Le Soir sieht das ähnlich. Was macht diese Regierung? Erstmal will sie einseitig und ohne demokratische Debatte das Fünf-Prozent-Ziel zum neuen "Maß aller Dinge" dekretieren. Um ebendiese neue Norm dann doch nicht einhalten zu wollen. Sorry, aber solche übereilten Entscheidungen, ohne angemessene Vorbereitung und ohne kohärente Kommunikation, die zeugen nicht wirklich von Vision und noch weniger von Strategie. Das Bild, dass Belgien beim Nato-Gipfel abgibt, ist wenig rühmlich. Kurz und knapp: chaotisch und pleite.
Roger Pint