"Ein Abschied für die Geschichtsbücher", titelt Het Laatste Nieuws zur Trauerfeier für Papst Franziskus am vergangenen Samstag. "Letzte Ehrerbietung für Franziskus", schreibt La Libre Belgique. "Nach dem Adieu für Papst Franziskus die Vorbereitungen für das Konklave", blickt L'Avenir voraus. "Das Rennen um den Heiligen Stuhl: Papst Franziskus ist beerdigt – wer wird sein Nachfolger?", so das GrenzEcho. "Alle Augen einen Augenblick weg vom Papst", schreibt Het Nieuwsblad zum Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Rand der Trauerfeier. "Macht Trump eine Kehrtwende in Richtung Ukraine?", fragt De Morgen in diesem Zusammenhang.
Papst Franziskus schafft es selbst nach seinem Tod noch, Menschen zusammenzubringen, merkt Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel an: Das Vieraugengespräch zwischen Trump und Selenskyj auf zwei zusammengeschobenen Stühlen im Petersdom hatte etwas sehr Menschliches. Es war wie eine Art Diplomatie beim Kaffeetrinken am Rand einer Familienfeier, nur eben zwischen Marmor. Aber so ikonisch die Bilder dieses Gesprächs zunächst auch scheinen mögen: Sie werden erst dann wirklich ikonisch werden, wenn dabei auch etwas herauskommt.
Denn trotz der forschen Worte von Trump herrscht in der Ukraine noch immer kein Frieden und schweigen auch die Waffen weiter nicht. Und das liegt sicher nicht an der Ukraine, die schon zu sehr großen Zugeständnissen bereit ist. Viele sagen auch, dass Trump Putin schon viel zu weit entgegengekommen ist, denn Putin ist im Gegenzug für Frieden nicht bereit, irgendetwas zu geben. Das Treffen mit Selenskyj ist für Trump aber auch innenpolitisch wichtig, denn der von ihm entfesselte Handelskrieg hat immer spürbarere Folgen für die Vereinigten Staaten, hebt Het Laatste Nieuws hervor.
Wie aufrichtig ist das Signal?
Donald Trump gerät im eigenen Land zunehmend unter Druck, unterstreicht auch La Libre Belgique: immer negativere Umfragewerte, Gerichte, die seine Maßnahmen kippen und vor allem immer schmerzhaftere wirtschaftliche Rückschläge. Er hatte die Bilder aus Rom also mindestens so nötig wie Selenskyj, der militärisch immer stärker unter Druck gerät. Gemeinsam haben sie der Welt also ein Signal gesendet – wobei die Frage ist, wie aufrichtig dieses Signal tatsächlich ist. Denn Trump will nach wie vor vor allem eine schnelle Einigung. Dazu ist er auch bereit, Putin sehr viel zu geben, solange er selbst dafür die ukrainischen Rohstoffe und Ruhm als Dealmaker bekommt, kritisiert La Libre Belgique.
Le Soir beschäftigt sich vor allem mit den Unterschieden zwischen dem Treffen in Rom und dem verheerenden und erniedrigenden Treffen zwischen Trump und Selenskyj im Weißen Haus. Der Ton scheint dieses Mal deutlich freundlicher gewesen zu sein, Selenskyj war dieses Mal auch nicht allein, er hatte Rückendeckung von Macron und Starmer, die in Sichtweite blieben, das Treffen fand dieses Mal auch auf europäischem Boden statt. Aber dennoch bleibt es schwierig, wirklich eine Friedensgeste zu erkennen. Papst Franziskus mag am Samstag seine letzte Karte gespielt haben, aber aktuell wagt niemand zu beurteilen, ob es auch wirklich ein Trumpf war, meint Le Soir.
La Dernière Heure gibt sich derweil etwas optimistischer: Es wäre zwar unfair, jetzt zu sagen, dass aufwändige und teure Friedenskonferenzen nichts bringen. Aber das persönliche Gespräch zwischen Trump und Selenskyj zeigt zumindest, dass man manchmal auch mit sehr viel weniger Fortschritte erzielen kann. Vielleicht werden die beiden zusammengeschobenen Stühle ja endlich reichen, um den Frieden zu bringen. Vielleicht wird sich ein simples Vieraugengespräch als effizienter erweisen als jedes Protokoll. Noch wissen wir nicht, ob das Gespräch das Ende des Krieges bringen wird. Aber es ist jedenfalls schon historisch, dass es zu einem friedlichen und konstruktiven Gespräch zwischen den beiden Präsidenten gekommen ist, lobt La Dernière Heure.
Gereckte Fäuste
Ganz anderes Thema bei Het Nieuwsblad: In den nächsten Tagen werden bei den Sozialisten wieder häufig die Fäuste gereckt werden. Denn am Donnerstag ist wieder 1. Mai – und damit traditionell die Zeit für mitreißende Reden und laute Forderungen. Conner Rousseau, der Vorsitzende der flämischen Sozialisten Vooruit, hat in den letzten Tagen schon vorgelegt mit Angriffen auf die geplante Rentenreform und einer Erneuerung seiner Forderung nach einer gerechteren Lastenverteilung. So etwas klingt ja immer gut für die eigene Basis und es juckt die anderen Parteien nicht besonders. Man kann das vergleichen mit den derben Reden der N-VA zum 11. Juli, so hat eben jede Partei ihren Festtag. Links von Rousseau werden die Fäuste dann noch höher gereckt werden, nicht nur bei der kommunistischen PTB, sondern auch bei der sozialistischen Gewerkschaft. Denn die veranstaltet morgen, zusammen mit der christlichen Gewerkschaft, ja wieder einen großen Streiktag. Und am 1. Mai sowieso, fasst Het Nieuwsblad zusammen.
Überfüllte Zellen
De Morgen greift ein anderes Dauerbrenner-Thema auf: die Überbelegung der belgischen Gefängnisse. Die Zahl der Gefängnisinsassen im Land steuert auf einen historischen Rekordwert von 13.000 zu. Bei offiziell nur 10.736 verfügbaren Plätzen. Der damalige Justizminister Vincent Van Quickenborne hatte Anfang 2022 angekündigt, dass alle Gefängnisstrafen über zwei Jahren abgesessen werden müssen. Frei nach dem Motto: Wenn kurze Strafen nicht ausgeführt werden, werden aus kleinen Kriminellen große, die man dann noch länger wegsperren muss.
Dieser angebliche Abschreckungseffekt ist allerdings unsichtbar, das Prinzip funktioniert einfach nicht. Wie viele Experten auch schon damals vorhergesagt hatten. Stattdessen sind die Gefängnisse zu wenig mehr als teuren Ausbildungsstätten für Kriminelle verkommen. Die Rückfallwahrscheinlichkeit beträgt 70 Prozent und jeder Gefangene kostet pro Tag über hundert Euro. Menschen lang wegzusperren bringt also nichts, das zeigen auch Studien aus den Nachbarländern. Hoffen wir, dass Justizministerin Annelies Verlinden nicht die einzige ist im Arizona-Kabinett, sich in puncto Verbrechensbekämpfung von Menschen beraten lässt, die etwas von der Materie verstehen, kommentiert De Morgen.
Boris Schmidt