"China hat Vlaams Belanger Frank Creyelman jahrelang für Informationen bezahlt – Auch Filip Dewinter mit hineingezogen in Spionageskandal", fasst Gazet van Antwerpen zusammen. "Blicke richten sich durch Spionage-Affäre auch auf den Dewinter-Clan", titeln gleichlautend Het Nieuwsblad und Het Belang van Limburg. "'Sie dienen vielen Interessen, außer denen der Flamen' – Spionage bringt Vlaams Belang in Verlegenheit", schreibt De Standaard.
Das eigene Volk zuerst. Aber davor doch noch die Chinesen. So kann man die Spionageaffäre zusammenfassen, giftet Het Belang van Limburg in seinem Leitartikel. Für den Vlaams Belang kommt das Ganze denkbar ungelegen, denn die Partei versucht sechs Monate vor den Wahlen, ihre Aura der Salonfähigkeit zu bewahren. Es ist natürlich auch kein Zufall, dass China versucht, sich Einfluss über die Rechtsextremen zu kaufen. Dass sich Peking dafür eine so politische Randfigur wie Creyelman ausgesucht hat, zeigt, dass die Chinesen noch an ihrer Technik arbeiten müssen.
Aber auch so ist die Mission von autoritären Regimen wie China und Russland glasklar: Sie wollen die Europäische Union über Figuren wie Creyelman spalten und schwächen. Denn je weiter die EU nach rechts rückt, desto weniger geopolitischen Einfluss hat sie, unterstreicht Het Belang van Limburg.
Die Agenda der Chinesen
Eine Überraschung kann es für niemanden im Vlaams-Belang-Hauptquartier gewesen sein, dass Frank Creyelman jahrelang einen Nebenjob als chinesischer Spion gehabt hat, meint De Standaard. Creyelman ist politisch zwar nur dritte Garnitur, aber er ist ein alter Getreuer, der über seine Familie und loyale Gönner wie Filip Dewinter ein tief verwurzeltes Netzwerk in der Partei hat. Genau deshalb ist er auch von der chinesischen Staatssicherheit rekrutiert worden.
Die chinesischen Spione kennen auch Dewinter von früheren Diensten, die er dem Regime in Peking erwiesen hat, als Dewinter für Kontakte im flämischen und föderalen Parlament zuständig war. Über Creyelman wollten seine chinesischen Auftraggeber die politische Diskussion über Taiwan manipulieren, Lügen verbreiten über den Widerstand in Hongkong, Whistleblower diskreditieren, die über die Uiguren-Straflager berichten, und Vereinigte Staaten und Europa gegeneinander ausspielen in der Energiefrage, zählt De Standaard auf.
Verrat beginnt oft im Kleinen
Die Kommunikation zwischen Creyelman und den Chinesen ist eindeutig, hebt Gazet van Antwerpen hervor: Als Frank Creyelman von sich aus anbietet, bei seinem Bruder, seines Zeichens Mitglied im Verteidigungsausschuss, sensible Informationen zu besorgen, ist klar, was für ein gefährliches Spiel er da treibt. Aus den Äußerungen seiner chinesischen Partner geht hervor, dass ihr Ziel die Destabilisierung der Politik ist und die Zerstörung der amerikanisch-europäischen Beziehungen. Wir wissen auch, dass China versucht, sich egal wie Informationen über Europa zu verschaffen. Das ist doppelt gefährlich, weil sich Europa wirtschaftlich oft sehr abhängig gemacht hat von den Chinesen. Siehe auch Warnungen vor Spionage über Tiktok, die Kräne in unseren Häfen und die Solarwechselrichter. Spione wie Creyelman, die auch noch das Ansehen unseres Landes beschädigen, sind unter solchen Umständen schlicht eine Gefahr, warnt Gazet van Antwerpen.
Die Geschichte der Spionage lehrt uns, dass Verrat oft im Kleinen beginnt, so Het Nieuwsblad. Bei Creyelman war es dann auch egal, wem er eigentlich diente. Zuerst spielte er im Auftrag Putins "Wahlbeobachter" auf der besetzten ukrainischen Halbinsel Krim, danach der fliegende Wechsel zu den Chinesen. Und auch wenn Creyelman selbst China wenig geliefert hat für sein Geld, sind solche Kontakte doch nur Teil einer viel breiteren Strategie: Die Investitionen von Ali Baba am Flughafen Lüttich, der Zug von China zum Hafen von Zeebrügge, jede kulturelle und akademische Investition – all das dient der geopolitischen Einflussnahme Chinas. Die gleichen Methoden hat auch Russland angewandt, erinnert Het Nieuwsblad.
Orbán stoppen, bevor er Nachahmer findet
De Morgen kommt auf den EU-Gipfel zurück: Die Blockade des Hilfspakets für die Ukraine durch Viktor Orbán verheißt wenig Gutes, denn nächstes Jahr bekommt der Ungar ja vielleicht noch Verstärkung durch den pro-russischen Rechtsradikalen Geert Wilders. Im Januar soll weiter über das Hilfspaket verhandelt werden, EU-Diplomaten geben sich zuversichtlich, dass es gelingen wird, einen Kompromiss zu finden.
Die Frage ist aber: zu welchem Preis? Europa wird sich entscheiden müssen, welchen Weg es für die kommenden Jahre einschlagen will: Werden wir weiter den Erpressungen illiberaler Führer nachgeben, die mit Aggressoren wie Putin gemeinsame Sache machen? Oder denken wir erneut darüber nach, deutliche Mehrheiten entscheiden zu lassen, wie es sich in einer Demokratie gehört? Diese Entscheidung muss schnell getroffen werden, bevor Wilders möglicherweise nächster Premier der Niederlande wird, fordert De Morgen.
Die Europäische Union kann nicht auf ewig die Geisel Ungarns bleiben, scheint auch L'Echo einzuhaken. Es bringt nichts mehr, Entschuldigungen für das Verhalten Orbáns finden zu wollen oder das x-te Verfahren gegen Ungarn einzuleiten, es ist Zeit zu handeln. Wenn die Regeln zur Einstimmigkeit nicht überarbeitet werden und stattdessen effektive Sanktionsmechanismen kommen, dann könnten die Orbánschen Laster Nachahmer finden, befürchtet L'Echo.
La Libre Belgique schlägt in die gleiche Kerbe: Die Glückwünsche für Orbán aus Moskau sagen mehr als tausend Worte. Und auch wenn er die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen letztlich nicht blockiert hat, hat er schon angekündigt, bei jeder einzelnen der 75 Etappen erbitterten Widerstand zu leisten gegen die Aufnahme der Ukraine. Europa hat bewiesen, dass es den Erpressungsversuchen Orbáns widerstehen kann, es kann und muss das auch weiter tun und der Ukraine alle Unterstützung geben, um diesen Krieg zu gewinnen. Denn hier geht es auch um unsere Sicherheit. Und um unsere Würde, appelliert La Libre Belgique.
Boris Schmidt