"Flämische Regierung einigt sich im Stickstoff-Dossier", titeln fast gleichlautend Het Nieuwsblad und Gazet van Antwerpen – allerdings nur in ihren Online-Ausgaben. Denn die Einigung der flämischen Regierung kam erst in den frühen Morgenstunden zustande. Über Details der Einigung will die flämische Regierung am Vormittag in einer Pressekonferenz informieren. Das Stickstoff-Dossier hatte die flämische Politik und Öffentlichkeit über Jahre beschäftigt und für viele Spannungen in Flandern gesorgt.
In den Leitartikeln der Zeitungen spielt das Thema allerdings noch keine Rolle. La Dernière Heure beschäftigt sich hier vielmehr mit der Affäre um mit Chemikalien verunreinigtes Wasser in der Wallonie und zählt auf: Der Skandal im Wallonischen Parlament, Iran-Gate, der Streit um die Logos von Sarah Schlitz, die Gesundheitskrise bei 3M in Zwijndrecht und jetzt also der Skandal um PFAS in der Wallonie: Der rote Faden, der sich durch all diese Skandale in dieser Legislaturperiode zieht, ist der Mangel an Transparenz, der Kult des Verschweigens. Die fehlende Klarheit, die schlechte Kommunikation über Angelegenheiten des öffentlichen Interesses.
Das alles weckt den Zorn der Bürger auf die Politik. Die Menschen fühlen sich verraten und das nicht nur einmal, sondern immer wieder. Acht Monate vor den Wahlen ist das eine beunruhigende Bestandsaufnahme, findet La Dernière Heure.
Zwei Lehren
Auch Le Soir meint: Zwei Lehren sind aus diesem Skandal um PFAS-verseuchtes Wasser zu ziehen. Erstens: Bei solchen ultrasensiblen Themen, bei denen es um die Gesundheit der Menschen geht, muss völlige Transparenz das oberste Gebot sein. Nur so können die Verantwortlichen ihre Glaubwürdigkeit wahren. Zweitens: Der Gebrauch der PFAS-Moleküle muss streng reglementiert werden. Denn diese Moleküle sind gefährlich für Gesundheit und Umwelt, mahnt Le Soir.
De Standaard beschäftigt sich mit Gewalt gegen Frauen und erinnert: Am vergangenen Wochenende ist erneut eine Frau mit ihrem Sohn nach Drohungen von ihrem Mann ermordet worden. Vor drei Wochen war etwas ähnliches geschehen. Das wirft natürlich wieder die Frage auf: Wurde alles getan, um diese Frauen zu beschützen? Festzustellen ist: Es gibt bereits viele Hilfsmöglichkeiten für Frauen, die sich bedroht fühlen. Und klar ist: Jeder Femizid ist einer zu viel, das steht außer Frage. Fakt ist aber auch, ein Nullrisiko gibt es nicht. Sonst müssten wir in einem Polizeistaat leben, weiß De Standaard.
Einfach wegsperren geht nicht
Auch Gazet van Antwerpen bemerkt: Es ist schon viel getan worden, um Frauen gegen Gewalt zu schützen. Das ist natürlich gut. Aber richtig ist auch: Alle Hilfsangebote beziehen sich auf die Opfer, also auf Frauen. Bei den Männern wird nicht angesetzt. Dabei sind die Profile der Männer, die gewalttätig gegen Frauen werden, sehr ähnlich. Diese Männer präventiv festzunehmen, ginge zu weit. Denn das könnte schnell zu Missbrauch führen. Aber vielleicht sollte man mal darüber nachdenken, sie in irgendeiner Weise zu isolieren? Irgendetwas muss jedenfalls getan werden, auch auf Seiten der Männer, wünscht sich Gazet van Antwerpen.
Het Belang van Limburg kommentiert zum anhaltenden Krieg in Nahost: Der Druck der internationalen Gemeinschaft auf Israel nimmt zu. Israel, so wird gefordert, soll einer Waffenruhe zustimmen, doch die Regierung von Netanjahu will davon nichts wissen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die Hamas zu vernichten, um die Sicherheit von Israel zu garantieren. Der Schuss könnte nach hinten losgehen. Denn je länger Israels Angriff auf Gaza dauert – und damit auch das Leid, das die palästinensische Zivilbevölkerung erleidet – desto größer wird die Wut der arabischen Welt. Eine ganze Generation droht sich gegen den Westen zu stellen. Sicherer wird es für Israel dadurch nicht, unterstreicht Het Belang van Limburg.
Die "guten Freunde" der Palästinenser
L'Avenir stellt fest: Europa zeigt sich ziemlich hilflos angesichts des menschlichen Leids, das die palästinensische Zivilbevölkerung gerade erleidet. Ein richtiges Druckmittel gibt es nicht, um Israel zu einer Waffenruhe zu bewegen. Auch ein Boykott von Produkten aus Israel wurde nicht beschlossen. Aber nicht nur die EU lässt die Palästinenser im Stich, auch die arabischen Nachbarländer tun nicht wirklich etwas, um der Zivilbevölkerung zu helfen. Außer der klaren Verurteilung des israelischen Angriffs gibt es keine praktische Hilfe, auch keinen Boykott israelischer Produkte. Wie so oft werden die Palästinenser alleingelassen aufgrund von Eigeninteressen der Staaten, die helfen könnten. Letztlich ist es die Hamas, die davon profitiert, bemerkt L'Avenir.
La Libre Belgique schreibt zur Rückkehr von David Cameron auf die politische Bühne: Jetzt ist er wieder da, der Mann, der den Brexit verschuldet hat; der Kapitän, der das sinkende Schiff verlassen und Großbritannien seinem Desaster überlassen hat. Niemand hat ihn vermisst. Und jetzt wird er als Joker aus dem Ärmel geschüttelt, ist neuer Außenminister geworden. Das zeigt, wie schlimm es um die britischen Konservativen steht, ätzt La Libre Belgique.
Kay Wagner