"Somers beendet seine Arbeit als Minister", titelt Gazet van Antwerpen. "Somers wählt Mechelen", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. "Schlag für die Open VLD und die flämische Regierung", wertet Het Laatste Nieuws in ihrer Schlagzeile.
Bart Somers von den flämischen Liberalen der Open VLD ist gestern überraschend als Innenminister von Flandern zurückgetreten. Er nimmt jetzt sein Amt als Bürgermeister von Mechelen wieder auf. Mehrere flämische Zeitungen widmen diesem Thema ihre Leitartikel.
Het Belang van Limburg bemerkt: Eine neue Woche, eine neue liberale Überraschung. Vor zwei Wochen ist Vincent Van Quickenborne als Justizminister zurückgetreten. Nun ist die Reihe an Bart Somers. Dieses Mal eigentlich ohne Grund, ohne Fehler, ohne Skandal. Und auf den ersten Blick klingt seine Begründung nachvollziehbar: Sein Herz habe immer schon für Mechelen geschlagen. Das nimmt man ihm sofort ab.
Trotzdem hinterlässt sein Rücktritt einen bitteren Nachgeschmack. Somers sendet das Signal aus, dass man bis Juni von der flämischen Regierung nichts mehr erwarten kann. Dass vielleicht nicht alles beschlossen, aber doch geregelt ist. Er bittet in seinem Abschiedsbrief darum, dass ein Newcomer sein Nachfolger wird. Meint er das ernst? Ist der Posten des Innenministers in Flandern ein Job für ein Greenhorn? Zumal noch eine große Aufgabe gelöst werden muss. Nämlich das Stickstoff-Dossier, erinnert Het Belang van Limburg.
Zynismus reist gratis mit
Auch Het Nieuwsblad ist skeptisch: Platz machen für eine neue Generation. Rückkehr zur ersten Liebe, zur Stadt, nach Mechelen. Großzügig Abstand nehmen vom bequemen Ministersessel, nicht im Weg stehen für die Erneuerung der Partei... An noblen Motiven mangelt es nicht im Abschiedsbrief von Somers. Nur leider ist das nicht die Wahrheit. Denn im Grunde ist Somers Rücktritt ein Schlag ins Gesicht für die Regierung. Somers weiß zu gut, dass er eigentlich gebraucht würde, um das Stickstoff-Dossier noch abzuschließen. Dass er jetzt geht, zeigt, dass einem Open VLD-Politiker die Regierung, von der er selbst Mitglied ist, egal ist. Mechelen ruft und ich bin dann mal weg. Der Koffer Zynismus reist gratis mit, ätzt Het Nieuwsblad.
Het Laatste Nieuws erklärt: Somers glaubt, Mechelen vor einem Rechtsruck retten zu müssen. Die Rechtsextremen drohen bei den nächsten Kommunalwahlen stark aufzutrumpfen. Das will Somers verhindern. Dabei verlässt er die flämische Regierung zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Immer, wenn es um das Stickstoff-Dossier ging, war er die ausgleichende Kraft zwischen N-VA und CD&V. Jetzt hinterlässt er ein Vakuum. Kurz vor der Ziellinie wirft er das Handtuch. Fahnenflucht kann man das nennen, ärgert sich Het Laatste Nieuws.
Im Larousse steht es längst
La Libre Belgique beschäftigt sich mit der föderalen Klimaministerin Zakia Khattabi von Ecolo und berichtet: Gestern im Fernsehsender LN24 zeigte sich Khattabi immer noch unfähig, die Hamas zu definieren: "Ich benutze nicht das Wort 'terroristisch', denn ich weiß nicht, wie man das Wort juristisch genau definiert." Das löste eine Welle der Empörung aus. Wenig später ruderte Khattabi dann auch zurück, nachdem sie beim Europäischen Gerichtshof eine Definition für "terroristisch" gefunden hatte. Dabei braucht man nur in das weitverbreitete Wörterbruch Larousse zu schauen, um zu verstehen, dass die Hamas 1:1 zur Definition von "terroristisch" passt. So eine Scheinheiligkeit oder auch Ignoranz darf sich eine ehemalige Kandidatin für den Verfassungsgerichtshof nicht erlauben, schimpft La Libre Belgique.
Zum gleichen Thema meint L'Avenir: Die Hamas hat in den vergangenen Jahrzehnten bereits häufig bewiesen, dass sie eine Terrororganisation ist. Da braucht man jetzt nicht mit irgendwelchen Spitzfindigkeiten zu kommen. Und leider wird auch vergessen, dass in ihrem Gründungsmanifest die Vernichtung des Staates Israels fest verankert ist. Damit bleibt Hamas auch ein Hindernis für alle Bemühungen, den Nahost-Konflikt ein für alle Mal zu beenden. Nämlich durch eine Zweitstaatenlösung, erinnert L'Avenir.
Falsche Worte
La Dernière Heure bemerkt: Nicht genug damit, dass der Westen fast hilflos zuschaut bei dem, was gerade in Nahost passiert. Dazu schaffen viele es noch nicht einmal, die Dinge beim richtigen Namen zu nennen. Einige gehen in ihrer Wortwahl zu weit, werfen Israel zum Beispiel einen Völkermord vor, obwohl ein Völkermord ja besagt, ein ganzes Volk auslöschen zu wollen, Israel aber nur die Hamas vernichten will. Andere sind nicht mutig genug und können die Hamas nicht als das bezeichnen, was sie sind. Nämlich Terroristen, bedauert La Dernière Heure.
L'Echo notiert zum Streik der SNCB, der heute Abend beginnen soll: Egal, wer die Verantwortung trägt: Ein Streik ist alles andere als das, was die Bahn jetzt braucht. Er zeigt erneut, wie unzuverlässig die Bahn sein kann. Zumal die Pünktlichkeit der Züge auch dieses Jahr wieder zu wünschen übriglässt. Ein Transport-Unternehmen, dem die Zukunft gehören soll, kann sich Streiks nicht leisten. Die Verkehrswende auch nicht, bedauert L'Echo.
Kay Wagner