"Kirche bekommt mehr Steuergeld als die VRT", titelt De Standaard. "Finanzierung der Kirchenfabrik im Visier", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. "Kirchen kosten Limburger Gemeinden jedes Jahr 27,9 Millionen Euro", rechnet Het Belang van Limburg auf Seite eins vor.
Mehrere flämische Zeitungen beschäftigen sich mit der staatlichen Finanzierung der katholischen Kirche über Steuergelder. Dieses System steht aktuell in der Kritik, nachdem eine Doku-Serie im flämischen Fernsehen verdeutlicht hat, dass die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche von dieser Kirche nicht richtig aufgearbeitet wurden.
De Standaard kommentiert: Dass jetzt die Frage nach der Finanzierung der Kirche durch Steuergelder gestellt wird, ist gerechtfertigt. Jedes Jahr zahlt jeder Bürger ungefähr 80 Euro, mit denen kirchliche Einrichtungen unterstützt werden. Das Geld kommt aus verschiedenen Quellen. Einige Politiker fordern jetzt lauthals, diese Finanzierung durch Steuergelder zu beenden. Einiges, was da zu hören ist, klingt ziemlich opportunistisch und man muss Acht geben, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten. Religiöse Einrichtungen haben ihren Platz in unserer Gesellschaft und prägen unser Zusammenleben. Richtig bleibt allerdings die Forderung, dass jeder Bürger die Wahl haben sollte, ob er religiöse Einrichtungen mit seinen Steuern unterstützen will oder nicht, betont De Standaard.
Einiges hört sich gut an
L'Avenir findet: Dass sich jetzt die Politik Gedanken macht, welche Konsequenzen die mangelhafte Aufarbeitung der Missbrauchsfälle für die katholische Kirche haben sollte, ist gut. Unerlässlich ist allerdings auch, dass die Kirche sich selbst in die Pflicht nimmt. Zwar hat Papst Franziskus erst jüngst wieder gesagt, dass die Kirche offen mit diesem Thema umgehen sollte. Aber es scheint so, als ob noch nicht alle in der katholischen Kirche das beherzigt hätten. Einen klaren Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen und an der Aufarbeitung dieser Vergangenheit zu arbeiten ist eine moralische Verpflichtung für alle Würdenträger in der Kirche, unterstreicht L'Avenir.
La Libre Belgique schreibt zu den Plänen der Parteichefs von PS, MR und Ecolo, die französischsprachigen Einrichtungen des Landes zu reformieren: Noch ist längst nichts entschieden. Aber einiges hört sich schon ganz gut an. Zum Beispiel dass sich Pragmatismus gegen den Regionalismus durchsetzt. Eine Abschaffung der Französischen Gemeinschaft, die einzige Einrichtung für alle frankophonen Belgier, scheint vom Tisch. Positiv ist auch die Aussicht, dass es weniger Minister und Abgeordnete geben und auch am administrativen Apparat gespart werden soll. Doch Achtung: Zurzeit bleibt das alles nur ein Versprechen. Sollte es dabei bleiben und sollten sich die Pläne nicht konkretisieren, wird die Politikverdrossenheit weiter wachsen, warnt La Libre Belgique.
Die Leitplanke droht
Auch L'Echo meint: Das Thema Vereinfachung in Angriff zu nehmen, ist an sich schon löblich. Sparen und mehr Effizienz zu erzeugen – das ist der richtige Weg. Außerdem sind die Pläne ein Zeichen an Flandern. Die Politiker zeigen, dass auch die Frankophonen Reformen angehen können. Kurz: Die Ansätze sind interessant, aber insgesamt ist alles noch viel zu wenig, bedauert L'Echo.
Zur Politik von Asylstaatssekretärin Nicole de Moor beobachtet De Morgen. Das zentrale Thema für de Moor ist zurzeit die Unterbringung von Flüchtlingen. De Moor fährt da einen harten Kurs – zumindest in ihren Worten. Volljährige alleinstehende Männer sollen weiterhin keinen Platz bekommen. Obwohl der Staatsrat das als rechtswidrig bewertet. Und in der Praxis werden diese Männer durchaus aufgenommen. De Moor weiß das auch. Ihr Diskurs ist reines Kalkül. Nach außen will sie die Harte spielen, um damit Wähler von rechts für ihre CD&V zu gewinnen. Doch das ist ein gefährliches Spiel. Die Forderungen von rechts werden nämlich immer extremer werden. Die CD&V und De Moor sollten verstehen, dass rechts von rechts die Leitplanke droht, ätzt De Morgen.
Zwei Dinosaurier im Rennen
Der flämische Politiker Jean-Marie Dedecker wird als unabhängiger Kandidat bei den nächsten Wahlen die N-VA-Liste in Westflandern anführen. Ein geschickter Schachzug, findet Het Laatste Nieuws, und zwar von der N-VA. Denn Dedecker ist sehr populär in Westflandern. Die N-VA wird mit ihm also einige Sitze gewinnen, die sie sonst wohl nicht bekäme. Dafür nimmt die N-VA in Kauf, dass Dedecker eigentlich kein großer Freund der N-VA ist. Ihm geht es darum, sicher wieder in die Kammer gewählt zu werden. Eine Hand wäscht die andere. So läuft das bei dieser Allianz, analysiert Het Laatste Nieuws.
La Dernière Heure blickt auf die Präsidentschaftswahlen in den USA und stellt fest: Alles weist darauf hin, dass es wieder zum Duell zwischen Donald Trump und Joe Biden kommen wird. Zwei Dinosaurier, der eine verbittert und skandalumwoben, der andere körperlich geschwächt. Es sagt schon viel über das politische System in den USA aus, dass sich keine Alternative zu diesem Szenario abzeichnet, beklagt La Dernière Heure.
Kay Wagner