"Bpost steht zu den Unregelmäßigkeiten; und die Rechnung wird dicker", titelt L’Echo. "Der Staat bezahlte 75 Millionen Euro zu viel an Bpost", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. "Bpost legt eine Rücklage von 75 Millionen Euro an, um den Staat entschädigen zu können", notiert Le Soir auf Seite eins.
Die interne Untersuchung bei Bpost ist erst mal abgeschlossen. Drei Geschäftsbereiche wurden durchleuchtet, bei denen der Verdacht im Raum stand, dass Dienstleistungen, die Bpost für den Staat übernommen hatte, überteuert in Rechnung gestellt wurden. Dieser Verdacht hat sich in den drei Fällen bestätigt. Die verschiedenen zuständigen Ministerien werden nun dazu aufgefordert, den jeweiligen Schaden zu beziffern. Für die zu erwartenden Rückzahlungen an den Staat wird Bpost eine Rücklage in Höhe von 75 Millionen Euro anlegen.
700 Arbeitsplätze auf der Kippe
"Match und Smatch: 700 Jobs gehen in Rauch auf", so derweil die Aufmachergeschichte von L’Avenir. Die Supermarktkette Louis Delhaize will sich von ihren insgesamt 84 Match- beziehungsweise Smatch-Filialen trennen. 57 dieser Märkte will die Colruyt-Gruppe übernehmen. Insgesamt werden hier nach Schätzungen rund 700 Arbeitsplätze auf der Strecke bleiben, vornehmlich in der Wallonie.
Dieser Hammerschlag ist nicht wirklich eine Überraschung, analysiert L’Avenir in seinem Leitartikel. Zunächst einmal ist es so, dass Louis Delhaize schon seit Jahren mit Problemen kämpft. Hinzu kommt aber die allgemeine Krise im Einzelhandel, die schon seit 15 Jahren wütet. Konzernübernahmen, Umstrukturierungen, Konzessionierungen: Ausnahmslos alle Supermarktketten sind in den letzten Jahren mal mehr mal weniger durchgeschüttelt worden. Parallel dazu sind aber so ein bisschen überall die Märkte wie Pilze aus dem Boden geschossen: Zwischen 2008 und 2020 sind 1.500 Geschäfte hinzugekommen. Das ist regelrechter Irrsinn.
Schuld sind hier auch die lokalen Behörden, die offensichtlich allzu sorglos Bau- beziehungsweise Betriebsgenehmigungen erteilt haben. Und das in einer Zeit, in der der Online-Handel den klassischen Supermärkten immer mehr den Rang abläuft. Auf Dauer konnte sich hier nur die Spreu vom Weizen trennen. Für strategische Fehler zahlt immer das Personal die Zeche.
Asyl-Fiasko hat viele Väter
Viele Zeitungen beschäftigen sich heute auch mit der Asyl- beziehungsweise Unterbringungskrise. La Libre Belgique etwa bringt heute ein Interview mit der föderalen Asyl-Staatssekretärin Nicole de Moor. "Die anderen Parteien haben gut reden, wenn sie mir sagen, dass ich neue Auffangplätze schaffen soll", sagt de Moor. "Denn", so fügt sie hinzu "wenn ich das mache, dann steigen mir die Bürgermeister auf’s Dach."
"Die arme Staatssekretärin ist wirklich zu bedauern", giftet La Libre sarkastisch in ihrem Leitartikel. Die arme Frau hat wirklich keine andere Wahl als das Urteil des Staatsrates in den Wind zu schießen. Aber, mal Scherz beiseite, natürlich hat Nicole de Moor nicht ganz Unrecht, wenn sie darauf hinweist, dass die Verantwortung für die aktuelle Unterbringungskrise nicht nur beim Föderalstaat liegt. Die Gemeinden, die Regionen, der Föderalstaat und die EU: Das Fiasko hat viele Väter.
Dennoch kommt die Staatssekretärin nicht so leicht davon. 8.500 Mal ist der belgische Staat schon von Gerichten wegen seines Umgangs mit Flüchtlingen verurteilt worden. Allein diese Zahl spricht für sich. Und selbst wenn die EU sich morgen auf eine gemeinsame Asylpolitik einigen würde, müsste Belgien seine aktuellen Probleme erst mal alleine lösen. Und es ist eben vor allem die Aufgabe der zuständigen Staatssekretärin, hier mit der nötigen Entschlossenheit für Lösungen zu sorgen.
Die Verteilung der Flüchtlinge ist die Krux, kann Le Soir nur feststellen. Das gilt nicht nur für die EU insgesamt, wo sich ja einige Länder nach wie vor beharrlich weigern, Asylbewerber aufzunehmen. Das Gleiche kann man aber auch in Belgien beobachten. Auch hier gibt es Gemeinden, die sich einfach nicht beteiligen, nicht zur Lösung des Problems beitragen wollen.
Seien wir ehrlich: Natürlich erfüllt die Vorstellung eines Asylbewerberheims in ländlichen Regionen die Menschen und auch die lokalen Behörden mit Sorge. Es gibt aber ausreichend Beispiele von Gemeinden, wo das sehr gut funktioniert hat. Das dürfte eigentlich kein Tabu sein.
Wasser auf den Mühlen von Rechtsextremisten
Man kann die Blockadehaltung einiger Kommunen ja vielleicht auf den ersten Blick noch verstehen, meint L’Echo. Sie sollten aber das große Ganze vor Augen haben. Denn: Je mehr sich die Unterbringungskrise zuspitzt, desto mehr Wasser ist das auf den Mühlen der Rechtsextremisten. Im Grunde beißt sich hier also die Schlange in den Schwanz. Denn bei alledem darf man eins nicht vergessen: Der Traum von einer "Festung Europa" ist eine Illusion.
Het Laatste Nieuws schlägt in dieselbe Kerbe. Es ist eben die Tatsache, dass die Politik keine Lösungen präsentieren kann, die den Menschen Angst macht. Es ist eben die Tatsache, dass die Vertreterin einer ehemals staatstragenden Partei wie der CD&V die Flinte ins Korn wirft, die das Krisengefühl noch verstärkt. Und je mehr die Rechtsextremisten Wind in den Segeln bekommen, desto schwieriger wird es für Bürgermeister, eine Flüchtlingsunterkunft auf ihrem Territorium zu akzeptieren.
Indem sie sich über das Urteil des Staatsrates hinwegsetzen will, stellt Asyl-Staatssekretärin Nicole de Moor nur noch ein bisschen mehr ihre eigene Machtlosigkeit zur Schau. Wir brauchen keine Resignation, sondern Lösungen. Deswegen: Ärmel hochkrempeln!
Roger Pint