"Mit 17 Kugeln durchsiebt – kaltblütige Abrechnung im Brüsseler Drogenkrieg", titelt Het Laatste Nieuws. "Hinrichtung mit 17 Kugeln in Anderlecht – schon der neunte Drogenmord dieses Jahr in Brüssel", meldet Gazet van Antwerpen. "Exekution mit Kalaschnikow in Brüsseler Einkaufsstraße", liest man bei Het Nieuwsblad. "Fassungslosigkeit nach neuer Schießerei", so die Überschrift bei Le Soir.
Angesichts der Umstände wähnt man sich in einem amerikanischen Gangsterfilm, beklagt Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Je nach Zählweise hat es dieses Jahr schon mindestens 18 Schießereien mit sechs Toten gegeben, die nationale Drogenkommissarin hat sogar schon vom neunten Drogenmord gesprochen. Was für Antwerpen schon lange befürchtet worden ist, ist in Brüssel damit zur Realität geworden: Die Drogenkonflikte eskalieren, die Gewalt wird immer brutaler. Und laut den Ermittlern befinden wir uns noch nicht einmal in der Phase eines offenen Kriegs zwischen den Drogen-Clans. In Brüssel ist die Gesamtsituation außerdem besonders kompliziert, die Staatsanwaltschaft klagt schon seit Langem über akute Unterbesetzung, hinzu kommt die extreme Zersplitterung der Zuständigkeiten, unterstreicht Gazet van Antwerpen.
Die Hand hinter den Protesten gegen Sexualkunde-Unterricht
Het Nieuwsblad kommentiert die Proteste gegen Sexualkunde-Unterricht in Brüssel und der Wallonie: Laut Recherchen von De Standaard steckt ursprünglich ein Kollektiv aus sieben islamischen Vereinigungen hinter den Protesten. Die meisten von ihnen relativ obskur, aber zwei stechen heraus: zum einen der Dachverband der türkischen Diyanet-Moscheen, der in Belgien als Erdogans Sprachrohr fungiert und von der Türkei finanziert wird. Und zum anderen der belgische Ableger der rechtsextremen, antiwestlichen, antisemitischen Milli-Görüs-Vereinigung, die vehement gegen die Gleichstellung von Frauen und Männern kämpft. Vor beiden Organisationen warnt die Staatssicherheit schon seit Jahren. Mit dem Slogan des Kampfes für die "universellen Werte der Familie" ist es diesem Kollektiv gelungen, ultrakonservative Katholiken, westliche Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker anzulocken. Die religiösen Vordenker und Anstifter der Proteste manipulieren muslimische Frauen mit Falschnachrichten über den angeblichen Inhalt des Sexualkunde-Unterrichts und treiben sie so auf die Straße. Mit den Brandstiftungen an Schulen ist dieser Protest endgültig aus dem Ruder gelaufen, die rote Linie ist überschritten. Die Regierungen des Landes müssen hart gegen diejenigen vorgehen, die von außen gelenkt die Trennung von Staat und Religion bedrohen, fordert Het Nieuwsblad.
Selbst Premierminister Alexander De Croo hat sich schon zu den Brandstiftungen zu Wort gemeldet, hält La Dernière Heure fest, so wie so viele andere Persönlichkeiten und Institutionen. Eine Stimme hat man allerdings sehr lange gar nicht gehört – die der Bildungsministerin der Französischen Gemeinschaft, Caroline Désir. Dabei war es doch maßgeblich sie, die das Dekret für Pflicht-Sexualkunde in der Schule getragen hat. Aber als die Schulen anfingen zu brennen, hatte man den Eindruck, dass sie sich lieber mit ganz anderen Dingen beschäftigte, dass sie zwar ihre Truppen in die Schlacht schickt, sich selbst aber lieber im Bunker hinter der Front versteckt. Gestern hat sie ihr Schweigen – unter Druck – schließlich gebrochen. Allerdings kann man bezweifeln, dass das rechtzeitig geschehen ist, um den Brand noch zu löschen, der schon außer Kontrolle geraten ist, giftet La Dernière Heure.
Nicole de Moor muss zurücktreten
Das GrenzEcho greift die Entscheidung des Staatsrats auf, die Unterbringungsregeln für Flüchtlinge von Asylstaatssekretärin Nicole de Moor zu kippen: Die bevorstehenden Wahlen dürfen auch in diesem Fall nicht als Vorwand dienen, unpopuläre, aber notwendige Entscheidungen zu umgehen. Letztlich ist Politik kein Spiel, und Führungsfiguren, die ihre Verantwortung nicht erkennen und annehmen, sollten ihren Platz für jene räumen, die dazu gewillt und in der Lage sind. Eine Staatssekretärin, die sich über das Gesetz stellt, darf unter keinen Umständen in Amt und Würden bleiben. Ein Rücktritt würde nicht nur die Integrität der belgischen Politik wiederherstellen, sondern auch den Weg für neue, rechtskonforme Lösungen ebnen, glaubt das GrenzEcho.
Das iranische Regime hat schon verloren
Morgen, am 16. September, jährt sich der Tod der jungen iranischen Kurdin Mahsa Amini zum ersten Mal. Sie war 2022 von der iranischen Sitten- und Religionspolizei wegen Verstoßes gegen die strengen Kopftuch-Regeln festgenommen worden und in der Haft ums Leben gekommen. Die Proteste und die Wut auf das Regime, die ihr Tod im Iran ausgelöst hat, sind bis heute nicht verstummt, betont Le Soir. Und auch wenn es im Vergleich zu unseren Freiheiten lächerlich wenig ist: Die Frauen im Iran haben das Regime zu ungekannten Zugeständnissen gezwungen, auch das ist ein Sieg. Die Diktatur der Islamischen Republik hält sich zwar weiter an der Macht – aber sie gleicht mehr und mehr einer verschlissenen Decke, in der die Löcher mit jedem Jahr größer werden, meint Le Soir.
Wird die iranische Jugend eines Tages wirklich Freiheit und Demokratie erleben?, fragt L'Avenir. Die Antwort darauf lautet: Ja. Und das wird diese Jugend nur sich selbst zu verdanken haben. Es wird wahrscheinlich noch eine ganze Weile dauern und sie werden sicher auch brutale Repression erleben. Aber die Befreiung wird kommen, daran besteht kein Zweifel. Erstens, weil die Menschen immer weniger Angst vor den Mullahs und Ayatollahs haben, es gibt immer mehr Unzufriedene. Diese Unzufriedenheit wird durch die riesigen wirtschaftlichen Probleme des Landes, die galoppierende Inflation und die allgegenwärtige Korruption befeuert. Aktuell mag das Regime die Jugend noch in Schach halten, aber die Glut des Aufstandes ist noch sehr heiß, das Feuer kann jederzeit wieder aufflammen. Das iranische Regime hat schon verloren, ist L'Avenir überzeugt.
Boris Schmidt