"Alleinstehende männliche Asylbewerber bekommen keine Unterkunft mehr", titeln Het Laatste Nieuws und Gazet van Antwerpen. "De Moors' Weigerung, alleinstehenden Männern eine Unterkunft zu geben, bringt die Grünen auf die Palme", schreibt De Tijd auf Seite eins.
Die föderale Asylstaatssekretärin Nicole De Moor will künftig bei der Zuweisung von Flüchtlingsunterkünften Familien mit Kindern Vorrang geben. Der Grund sei schlicht und einfach, dass es nicht genügend Auffangkapazitäten gebe.
Für alleinstehende Asylbewerber gilt die Formel "Bett-Bad-Brot" also nicht mehr, kann Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel nur feststellen. Jetzt muss sich also auch Vivaldi der Wirklichkeit beugen. Diese Regierung wollte alles anders machen, alles humaner gestalten. In der Vergangenheit hatte es immer wieder harsche Kritik an De Moors Vorgängern gegeben, Maggie De Block und vor allem Theo Francken. Doch jetzt muss auch die CD&V-Politikerin Nicole De Moor die Handbremse ziehen. Der Job des Asylstaatssekretärs läuft früher oder später immer auf einen Reality-Check hinaus.
Doch was passiert jetzt mit den Asylbewerbern? Wo sollen sie hin? Müssen sie jetzt auch Unterschlupf suchen in einem der besetzten Häuser in der Brüsseler Innenstadt, die jetzt schon aus allen Nähten platzen? Oder vielleicht im Südbahnhof? Die Maßnahme von Nicole De Moor ist allenfalls ein Pflaster auf einem Holzbein.
Der Elefant im Raum
Dazu passt der Leitartikel von De Tijd: Die flämische Wirtschaftszeitung beschäftigt sich mit dem Gesuch der wallonischen Regierung, wonach auch Menschen ohne Papiere einen Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen sollten. Dadurch will die Wallonie offene Stellen in Mangelberufen besetzen. Bei alledem ist aber ein Elefant im Raum, meint das Blatt. Die Wallonie zählt mehr als 230.000 Arbeitslose. Viele von ihnen wohnen in der Provinz Hennegau, während man im benachbarten Westflandern händeringend nach Arbeitskräften sucht. Das alles nur um zu sagen: Die hohe Arbeitslosigkeit in der Wallonie ist, zumal in der heutigen Zeit, regelrecht absurd.
Spektakuläre Meldung auf Seite eins von Le Soir: 280.000 Euro in bar wurden beim Sohn von Marie Arena entdeckt. Der Name der PS-Europaparlamentarierin war schon mehrmals im Zusammenhang mit der Katargate-Affäre gefallen. Sie war eine gute Freundin von Pier Antonio Panzeri, der die Schmiergelder verteilt haben soll. Arena hatte bislang jegliche Verwicklung in den EU-Korruptionsskandal abgestritten. Jetzt werden sie, beziehungsweise ihr Sohn die Herkunft besagter 280.000 Euro darlegen müssen.
Staatsbon: Das Risikokapital nicht vergessen!
Viele Blätter staunen nach wie vor über den fulminanten Erfolg des Staatsbons. Der Zähler steht nach letztem Stand auf mehr als 12 Milliarden Euro.
"Was wir hier sehen, ist ganz eindeutig die Rache der Bankkunden", glaubt La Libre Belgique. Denn seien wir mal ehrlich: Die Rendite von 2,81 Prozent mag auf den ersten Blick attraktiv wirken, gemessen an der Inflation ist das aber nach wie vor Pillepalle. Nein, wenn die Belgier in Scharen in den Staatsbon investieren, dann hat das vor allem damit zu tun, dass sie ihrer Bank eines auswischen wollen. Die Finanzkrise mit ihren Kosten für den Staatshaushalt hat sich tief ins Gedächtnis eingebrannt. Und in den letzten Jahren haben die Banken zudem ihr Service-Angebot deutlich reduziert. Den damit verbundenen Imageverlust scheinen die Geldhäuser aber massiv zu unterschätzen.
L'Echo blickt seinerseits mit gemischten Gefühlen auf den Erfolg des Staatsbons. Natürlich hat das Ganze positive Nebeneffekte. So dürfte das Ganze auch ein Signal an die Finanzmärkte und insbesondere an die Rating-Agenturen sein. Die Botschaft: Die Belgier haben vollstes Vertrauen in die Kreditwürdigkeit ihres Landes. Da hört's aber auch schon auf. Man kann nämlich bedauern, dass all dieses Geld eben nur an den Staat geht. Viel konstruktiver wäre es, wenn die Bürger stattdessen in zukunftsträchtige Projekte investiert hätten, also in Forschung und Entwicklung. Das hat wohl unter anderem damit zu tun, dass der Staat sich selbst eine Vorzugsbehandlung gewährt, indem er nur für den Staatsbon die Quellensteuer gesenkt hat. Dabei sollte man aber das Risikokapital nicht vergessen.
N-VA: Flämischer Volkswille?
Vor allem die flämischen Zeitungen beschäftigen sich mit dem jüngsten Vorstoß des N-VA-Vorsitzenden Bart De Wever. Der plädierte in einem Interview für die Bündelung der konservativen Kräfte in Flandern. In der Praxis hofft her, dass Überläufer von CD&V und Open VLD sich seiner Partei anschließen.
"Das hatten wir doch schon mal", meint unter anderem Het Belang van Limburg. Die Idee eines großen Rechtsblocks geistert in regelmäßigen Abständen durch die Medien. Die Überlegung von Bart De Wever entbehrt freilich nicht jeder Grundlage. Ihn stört die Tatsache, dass schon in Flandern bald vier Parteien nötig sein werden, um eine Regierung zu bilden. Das Problem für die anderen Parteien ist nur, dass hier die N-VA die Führungsrolle einnehmen würde. Die Christdemokraten und Liberalen mögen verzweifelt sein, sie sind aber noch nicht auf den Kopf gefallen.
De Morgen empfindet das Ganze sogar als einen Versuch der feindlichen Übernahme. Denn diejenigen, die Sympathien für die N-VA haben, sind doch längst übergelaufen.
So, so, Bart De Wever sucht also Verstärkung, frotzelt seinerseits Het Nieuwsblad. Damit gibt er doch eigentlich zu, dass die N-VA alleine auch nicht die Rettung darstellt. Immerhin grenzt sich der N-VA-Chef damit aber nochmal deutlich vom rechtsextremen Vlaams Belang ab. Die Chancen, dass dieser Rechtsblock am Ende zustande kommt, gehen aber gegen Null. Was De Wever nämlich unterschätzt: Er selbst ist das größte Problem: Er verbindet nicht, er zieht seine Kraft allein aus der Konfrontation.
Gazet van Antwerpen sieht das ähnlich: De Wever zeigt sich hier wieder in seiner Paraderolle, nämlich als der schürende Stratege. Denn im Grund handelt es sich hier nur wieder um einen Angriff auf die beiden Konkurrenten CD&V und Open VLD. Sein Parteifreund Theo Francken ging seinerseits noch einen Schritt weiter nach rechts und träumte von einer "breiten politischen Formation, die den flämischen Volkswillen repräsentiert". Flämischer Volkswille? Finden die Wähler anderer Parteien denn gar nicht statt?
Roger Pint