"War on drugs, aber mit welchem Personal?", fragt De Morgen in seinem Aufmacher. "90 Prozent der Bewerber für die Hafenpolizei springen ab", meldet Het Nieuwsblad. "Nur sechs geeignete Bewerber, um den Hafen zu bewachen", titelt Gazet van Antwerpen.
Im Januar hatte Innenministerin Annelies Verlinden groß angekündigt, dass die Antwerpener Polizei Verstärkung von der Föderalen Polizei bekommen würde, erinnert Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Dazu sollten auch 70 neue Beamte für ein Hafenkorps gehören, um die Drogenmafia im Hafen von Antwerpen besser zu bekämpfen. 300 Menschen hatten sich beworben, aber nur sechs von ihnen haben tatsächlich mit der entsprechenden Ausbildung begonnen. Vielleicht liegt das daran, dass viele Kandidaten nicht wirklich wussten, wofür sie sich da eigentlich bewerben. Aber leider sind die Rekrutierungsprobleme nicht auf das Hafenkorps beschränkt, auch sonst bleiben sehr viele Stellen bei der Föderalen Polizei unbesetzt. Das hat zwar sicher auch mit dem allgemeinen Arbeitskräftemangel zu tun, entscheidend dürfte aber vor allem sein, dass die Föderale Polizei einfach kein attraktiver Arbeitgeber ist. Lokale Polizeikorps und die Privatwirtschaft bieten da oft deutlich bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen. Die unbesetzten Stellen sorgen dafür, dass der Arbeitsdruck für den Rest des föderalen Personals noch größer wird, was den Job noch unattraktiver macht. Diese Entwicklung ist auch nicht neu, schon seit vielen Jahren leidet die Föderale Polizei unter chronischer Unterfinanzierung. Wir spielen hier mit unserer eigenen Sicherheit. Aber leider macht es der schlechte Zustand der Staatskasse unmöglich, das Problem zu lösen, beklagt Gazet van Antwerpen.
Die digitale Guillotine
Het Nieuwsblad greift neue Handy-Videos auf, die in Flandern seit einigen Tagen für viel Wirbel sorgen. Darin ist zu sehen, wie minderjährige Jugendliche und Kinder von Altersgenossen gemobbt, geschlagen und erniedrigt werden. Nutzer, die solche Videos sehen, versuchen immer häufiger, Namen und Anschriften der Täter herauszufinden und zu veröffentlichen. Schnell werden Urteile gefällt, wer Opfer und wer Täter ist, wird zu Racheaktionen aufgerufen. Aus dem digitalen Pranger droht damit endgültig potenziell eine Guillotine zu werden, denn früher oder später wird es deswegen zu Gewalt kommen. Die Antwerpener Polizei hat gestern schon dazu aufrufen müssen, die Hexenjagd auf bestimmte Personen zu beenden. Schuld an diesen Zuständen sind natürlich erst einmal alle, die sich an diesen Hexenjagden beteiligen, inklusive diverser Social-Media-Persönlichkeiten. Aber das Problem ist das gleiche wie bei der Bekämpfung der Drogenkriminalität: Es bringt nichts, die kleinen Hass- und Rache-Dealer zu verfolgen. Die Technologiekonzerne hinter den Sozialen Medien und ihr übles Geschäftsmodell müssen finanziell bestraft werden. Das ist der einzige Weg, um diesen Teufelskreis des Hasses zu durchbrechen, meint Het Nieuwsblad.
Beim Staatsbon gewinnt jeder
De Standaard befasst sich mit dem neuen belgischen Staatsbon: Mit seiner Version der Staatsanleihe zeigt Finanzminister Vincent Van Peteghem, dass er lieber auf durchdachte Politik setzt, als populistische Reden zu schwingen. Trotz lauter Rufe danach hat Belgien die Banken ja nicht per Gesetz zu höheren Sparzinsen gezwungen. Es kommt auch keine Abschöpfung der Übergewinne des Finanzsektors über juristisch zweifelhafte Steuern wie in Italien und Spanien. Stattdessen hat der Staat entschieden, ein eigenes, attraktives Finanzprodukt auf den Markt zu bringen. Dabei gewinnt jeder: Sparer bekommen höhere Zinsen und eine sichere Alternative zu den Banken, der Staat diversifiziert seine Schulden, die Staatskasse kann sich trotz reduzierter Quellensteuer über mehr Einnahmen freuen. Und nicht zuletzt verschaffen die Staatsbons dem Staat auch ein besseres Image. Nur die Banken murren, aber ihre steigenden Gewinne untergraben ihre Argumente, unterstreicht De Standaard.
De Tijd kommentiert die Ankündigung einer chinesischen Firma, eine revolutionäre Batterie für Elektro-Autos entwickelt zu haben. Zehn Minuten Ladezeit sollen reichen, um 400 Kilometer weit zu fahren. Niedrigere Preise und schnellere Ladezeiten sind wichtig, aber reichen nicht, so die Wirtschaftszeitung. Denn wir haben ein Riesenproblem mit der Lade-Infrastruktur. Gerade bei Schnell-Ladestationen sieht es da düster aus, hinzu kommen generell große Unterschiede bei der Dichte der Ladepunkte zwischen Flandern, der Wallonie und Brüssel. Europa muss etwas tun, um angesichts der technologischen Fortschritte in Asien und der staatlichen Unterstützung für die Energiewende in den USA nicht ins Hintertreffen zu geraten. Investitionen in die Lade-Infrastruktur wären da ein guter Anfang, fordert De Tijd.
Homeoffice und Horeca
L'Avenir blickt in die Vereinigten Staaten. Dort üben immer mehr Firmen Druck auf ihre Mitarbeiter aus, um an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren, also nicht mehr aus dem Homeoffice zu arbeiten. Dieser Trend wird früher oder später auch zu uns herüberschwappen, ist das Blatt überzeugt. Aber von zu Hause arbeiten hat nicht nur Nachteile, sondern, wie sich zu Genüge herausgestellt hat, auch viele Vorteile, außerdem haben wir das System im Lauf der Jahre immer weiter verfeinert. Die Frage sollte also nicht sein, ob und wann wir aus dem Homeoffice zurückkehren, sondern wie wir das System noch besser machen können, so L'Avenir.
Le Soir setzt sich mit dem Arbeitskräftemangel im Horeca-Sektor auseinander: Der Sektor hatte keine andere Wahl, als sich in den letzten Jahren grundlegend neu zu erfinden. Aber dennoch gelingt es den Restaurants und Bars nicht, die Personallücken zu füllen, die die Corona-Pandemie gerissen hat. Natürlich könnte man dem Sektor vorwerfen, dass er Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft nicht vorhergesehen hat. Aber dennoch sollte auch der Staat nicht die Hände in den Schoss legen. Er muss herausfinden, wo der Schuh drückt und was dagegen unternommen werden kann. Denn andernfalls könnte sowohl der belgischen Wirtschaft als auch der Staatskasse eine gesalzene Rechnung drohen. Denn jedes Restaurant, das zumachen muss, ist eine Einkommensquelle weniger und sorgt für mehr Arbeitslose, warnt Le Soir.
Boris Schmidt