"Festtagsstimmung zum Jubiläum“, titelt das GrenzEcho. Het Laatste Nieuws zeigt ein Foto von König Philippe, der sich ein Tränchen verdrücken muss: "Zwei seiner Kinder defilieren zu sehen, das lässt den König nicht unberührt“, schreibt das Blatt.
Nur wenige Zeitungen kommen heute auf ihren Titelseiten noch einmal zurück auf den gestrigen Nationalfeiertag. Wobei einige dann doch im Innenteil lange Fotostrecken von den Highlights des Tages veröffentlichen. Im Mittelpunkt stehen da vor allem die Kinder des Königspaars, Prinzessin Elisabeth und Prinz Gabriel haben ja beide gestern am traditionellen Defilee teilgenommen.
Fehlerloser Parcours
Het Belang van Limburg blickt seinerseits in seinem Leitartikel noch einmal zurück auf die ersten zehn Jahre der Amtszeit von König Philippe. Es war eben doch kein gewöhnlicher Nationalfeiertag, meint das Blatt. Anlässlich des zehnjährigen Thronjubiläums kann man jetzt eine erste Zwischenbilanz ziehen. Und festhalten muss man da zunächst, dass Philippe alle Zweifel zerstreut hat. Man erinnert sich noch an die Aussagen des früheren Großmarschalls Herman Liebaers, der über Philippe gesagt hatte: "Er kann es nicht". Zehn Jahre später kann man nur feststellen, dass Philippe als König bislang einen fehlerlosen Parcours hingelegt hat. Einen Parcours, bei dem er unter anderem in einer historischen Rede sein "tiefstes Bedauern“ über die Gräueltaten der Kolonialzeit in der heutigen Demokratischen Republik Kongo zum Ausdruck gebracht hat. Einen Parcours, bei dem er gleich nach dem entscheidenden Gerichtsurteil seine Halbschwester Delphine in die Arme schloss. Parallel dazu hat König Philippe den Thron definitiv entstaubt. Kurz und knapp: Der Mann ist an seiner Aufgabe gewachsen. Wobei seine Ehefrau, Königin Mathilde, dazu wohl einen nicht unwesentlichen Beitrag geleistet hat.
Bloßes Versprechen statt konkrete Antworten
"Noch nie da gewesen!“, titelt derweil Het Laatste Nieuws und führt aus: "Der Premierminister sagt in einer Anzeige 'Sorry' für die Antipolitik". Tatsächlich sieht man heute in allen Zeitungen des Landes ganzseitige Anzeigen, in denen sich Alexander De Croo an die Bevölkerung wendet. "Liebe Belgier", so beginnt der offene Brief auf Niederländisch. Und dann entschuldigt sich der Premier unter anderem dafür, dass manche Politiker mehr mit sich selbst beschäftigt sind, als mit den Sorgen und Nöten der Bürger. Und schließlich verspricht er, zusammen mit anderen daran zu arbeiten, dass die Menschen die Politik bekommen, die sie verdienen.
Leider bleibt es bei diesem bloßen Versprechen, beklagt Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Was will De Croo genau erreichen? Welche Ziele setzt sich seine Regierung? Was will die Vivaldi-Koalition bis zu den Wahlen noch zustande bringen? All diese Fragen bleiben unbeantwortet. Der etwas blutarme Inhalt des Briefes dürfte auch nicht wirklich eine Debatte anstoßen. Um es also mit dem früheren französischen Präsidenten François Mitterand zu sagen: "Et alors?", "Und weiter?". Fakt ist: Es passiert zu wenig. Und da reicht es nicht, offene Briefe mit guten Vorsätzen zu veröffentlichen. Mit Blick auf die Wahlen zählen nur Ergebnisse.
Hintergrund von alledem ist wohl das Scheitern der Verhandlungen über die versprochene Steuerreform. Viele Parteien machen die frankophonen Liberalen MR dafür verantwortlich. In Interviews unter anderem mit Het Nieuwsblad und De Tijd weist MR-Chef Georges-Louis Bouchez diese Vorwürfe aber zurück.
De Standaard beklagt in seinem Leitartikel die schonungslose Härte des Politikbetriebs. "Alles, was über die Politik gesagt wird, ist wahr und es ist noch zehn Mal schlimmer", sagte unlängst die CD&V-Innenministerin Annelies Verlinden. Zweifel oder Empathie zu zeigen, das ist demnach ein Zeichen von Schwäche. Was für eine altertümliche Einstellung! Aus welcher Ära stammen eigentlich unsere Politiker? In der Wirtschaft und sogar im Spitzensport ist man längst zu der Einsicht gelangt, dass eine allzu toxische Menschenführung und ein allzu herrisches Management nicht zu den besten Ergebnissen führen. In der Politik ist man wohl noch nicht auf diesen Trichter gekommen. Ein knallharter, unbarmherziger Umgang miteinander sorgt in jedem Fall nicht für eine bessere Politik. Ganz im Gegenteil. Allein in der letzten Woche haben die föderale und auch die flämische Regierung nur Fehlschläge aneinandergereiht. Über die grassierende Antipolitik bei den Bürgern darf sich da doch niemand mehr wundern.
Rückt Spanien nach rechts?
Einige Zeitungen blicken auch besorgt nach Spanien, wo morgen gewählt wird. "Wie werden die Rechtsextremisten abschneiden?“, so etwa die bange Frage auf Seite eins von De Morgen.
Viele Spanier scheinen den braunen Sirenengesängen nun also doch schon wieder zu erliegen, kann Le Soir nur bedrückt feststellen. Dabei hatte man doch eigentlich geglaubt, dass das Land nach dem Ende des Franco-Regimes gegen derlei Tendenzen geimpft wäre. Die rechtsextreme Partei Vox hat nun aber berechtigte Chancen auf eine Machtbeteiligung in Madrid, und zwar im Beiwagen der konservativen PP. Es steht also zu befürchten, dass die europäische Landkarte morgen noch ein bisschen brauner wird.
"Der Impfstoff gegen Extremrechts scheint nicht mehr zu wirken", befürchtet auch De Morgen. In den letzten Umfragen stand Vox bei stolzen 13 Prozent. Eine Partei, deren Mitglieder für ein Comeback der Stierkämpfe eifern, die auf kommunaler Ebene Regenbogen-Flaggen verbieten, die den Klimawandel als "größten Betrug der Geschichte" bezeichnen. Zu allem Überfluss hat Spanien im Moment den EU-Ratsvorsitz inne. Vox könnte also in den kommenden Monaten auch schon auf die EU-Agenda einwirken. All das macht aus diesen spanischen Wahlen die wichtigsten aller Zeiten.
L'Avenir appelliert seinerseits an die konservative Mitte, sich klar von den Rechtsextremisten abzugrenzen. In Italien etwa kamen die neofaschistischen Fratelli d’Italia nur mit Hilfe der traditionellen Rechtsparteien an die Macht. Und in Frankreich scheinen sich Teile der bürgerlichen Republikaner dem rechtsextremen Rassemblement National anzubiedern. Wenn die traditionellen Rechtsparteien überleben wollen, dann müssen sie den Mut haben, den ultrakonservativen Ideen der Rechtsextremisten zu widerstehen. "Übernehmt nicht die Rhetorik der extremen Rechten", appelliert das Blatt. "Bekämpft sie", "Besiegt sie!".
Roger Pint