"Der Terrorprozess neigt sich dem Ende entgegen ohne große Zwischenfälle erlebt zu haben", titelt La Libre Belgique. "Attentatsprozess: Bald schlägt die Stunde der Antworten", heißt es bei Le Soir auf Seite eins.
Beim Prozess zu den Terroranschlägen von Brüssel am 16. März 2016 ist gestern die öffentliche Anhörung beendet worden. Die Geschworenen haben sich jetzt zur Urteilsfindung zurückgezogen.
Als einzige Zeitung kommentiert L'Avenir dazu: Die Arbeit der Geschworenenjury wird alles andere als einfach sein. Zwar scheint es klar, dass drei Angeklagte, nämlich Atar, Abrini und Krayem schuldig gesprochen werden. Genauso wie Ibrahim Farisi wohl freigesprochen wird. Bei den übrigen sieben ist das nicht so klar. Die Verteidigung hat schon recht, dass viele der Vorwürfe nicht bewiesen worden sind. Zweifel blieben bis zum Schluss bestehen. Dass Angeklagte wie Abdeslam und Ayari letztlich freigesprochen werden von den Mordvorwürfen ist eine Möglichkeit, mit der gerechnet werden muss. Das wäre aber alles andere als ein Skandal. Vielmehr wäre es ein Zeichen einer gewissenhaften Arbeit der Jury, die sich damit an Grundsätze der Rechtsprechung halten würde, betont L'Avenir.
165 Millionen Euro
Gleich mehrere flämische Zeitungen berichten, dass die politischen Parteien zurzeit über so viel Geld wie noch nie verfügen. Die zwölf Parteien, die die Abgeordneten in der Kammer stellen, haben gemeinsam über 165 Millionen Euro.
Het Nieuwsblad kommt aus dem Schimpfen nicht heraus: 165 Millionen Euro – das ist so viel Geld, dass die meisten Parteien gar nicht mehr wissen, was sie damit machen sollen. Deshalb investieren sie in Immobilien, in Geldanlagen und finanzieren Dauerwerbung auf sozialen Medien, obwohl kein Wahlkampf ist. Natürlich wollen wir bei uns auch keine amerikanischen Verhältnisse, wo die Parteien abhängig sind vom Geld reicher Leute und dann nach deren Pfeife tanzen müssen. Solche Sponsoren haben unsere Parteien aber auch gar nicht nötig: Das Geld der Steuerzahler reicht zur Selbstbedienung vollkommen aus, poltert Het Nieuwsblad.
Etwas feinsinniger argumentiert De Standaard: Das Steuergeld, mit dem die Parteien finanziert werden, sollte eigentlich zum Wohl der Steuerzahler benutzt werden. Das passiert aber weitgehend nicht, wenn es für Immobilien und Parteipropaganda ausgegeben wird. Außerdem krankt die derzeitige Parteifinanzierung daran, dass es den parteipolitischen Status Quo zementiert. Etablierte und vor allem große Parteien werden immer reicher. Aber wer eine neue Partei gründen möchte, der hat gleichsam nichts. Dabei tun neue Parteien der politischen Landschaft gut, wie Beispiele aus Italien, Frankreich und den Niederlanden zeigen, meint De Standaard.
Recht auf Transparenz
La Libre Belgique berichtet über einen Streit zwischen der Zeitung Het Laatste Nieuws und dem föderalen Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke von Vooruit. Vandenbroucke weigert sich bereits über ein Jahr der Zeitung Einblick in seine E-Mails zu geben, die er während der Corona-Krise mit verschiedenen Beteiligten ausgetauscht hat. La Libre Belgique bedauert die Haltung des Ministers und erklärt: Der Umgang mit der Corona-Krise geht uns alle etwas an. Die fehlende Transparenz des Ministers ist deshalb zu kritisieren. Dadurch wächst die Vermutung, dass es etwas zu Verschleiern gibt. Was wiederum Verschwörungstheoretikern und Extremisten in die Hände spielt, ärgert sich La Libre Belgique.
Het Laatste Nieuws selbst schreibt: Dass Vandenbroucke sich weigert, seinen Mailaustausch offenzulegen, ist sein gutes Recht. Die Öffentlichkeit hat aber auch ein Recht auf Transparenz. Wir brauchen unbedingt eine unabhängige Instanz, die in so einem Konflikt ein verbindliches Urteil fällt. So, wie es das schon in den Regionen gibt. Transparenz muss auch auf föderaler Ebene durchsetzbar werden, fordert Het Laatste Nieuws.
Prioritäten im Wahlkampf
La Dernière Heure blickt auf den anstehenden Wahlkampf und berichtet: Die MR will die Frage der Energiesicherheit ins Zentrum ihrer Forderungen stellen. Die Liberalen wollen neue Atomreaktoren. Für die Grünen und die Sozialisten ist das Kapitel Atomenergie dagegen beendet. Zwei radikal unterschiedliche Ausgangspositionen also, die die Bildung einer neuen Regierung blockieren könnten. Um das zu vermeiden, wäre es ratsam, wenn der Wähler sich bereits beim Urnengang zwischen diesen Positionen klar entscheiden würde, wünscht sich La Dernière Heure.
Gazet van Antwerpen meint zur Regierungskrise in den Niederlanden: Zu viel Zuwanderung – daran könnte die Regierung jetzt zerbrechen. In den Niederlanden ist die Situation damit ähnlich wie in Belgien und überhaupt in Europa. Zu viele Menschen kommen. Andererseits braucht Europa Zuwanderung. Die Lösung: Eine klare Einwanderungspolitik mit strengen Regeln, die auch durchgesetzt werden. Und wem das nicht passt, der sollte gehen, so Gazet van Antwerpen.
Kay Wagner