"Top-Secret-Dokumente: Trump plädiert auf nicht schuldig", titelt Le Soir. "Mit der Justiz konfrontiert versucht Trump, Zeit zu gewinnen", bemerkt L'Echo auf Seite eins. "Trump darf keinen Kontakt mehr zu einem Teil seines Umfelds haben", so die Schlagzeile von Gazet van Antwerpen.
Der frühere US-Präsident Donald Trump musste sich gestern in Florida vor einem Bundesgericht präsentieren. In dem Verfahren geht es um die Tatsache, dass er hunderte Dokumente, von denen einige als "streng geheim" eingestuft sind, in sein Anwesen nach Florida mitgenommen hat. Trump plädierte aber in allen 37 Anklagepunkten auf nicht schuldig.
Herausforderung für den Rechtsstaat
Am Beispiel USA zeigt sich jetzt wieder einmal, wie sehr Populisten den Rechtsstaat auf die Probe stellen können, analysiert De Standaard in seinem Leitartikel. Gegen Donald Trump laufen ja im Moment sogar gleich mehrere Verfahren. Was aber nicht zwangsläufig bedeuten muss, dass er nicht doch wiedergewählt werden kann. 2016, als Trump zum ersten Mal ins Weiße Haus einzog, war er schließlich auch schon kein unbeschriebenes Blatt. Silvio Berlusconi hatte es in Italien ja schon vorgemacht. Während seiner vielen Jahre als Ministerpräsident steckte er seine politische Energie vor allem in Gesetzesinitiativen, die es ihm erlaubten, aus den Fängen der Justiz zu entkommen. Erst, als er doch wegen Steuerhinterziehung verurteilt werden konnte, bekam er auch ein Verbot auferlegt, öffentliche Ämter zu bekleiden. In Italien hat der Rechtsstaat am Ende also doch dem Populismus von Berlusconi die Stirn bieten können. Und auch in den USA geben sich Institutionen und pflichtbewusste Amtsträger angesichts der aggressiven Übergriffe von Donald Trump noch nicht geschlagen. Gerichte können vielleicht nicht verhindern, dass korrupte und verurteilte Opportunisten (wieder) an die Macht kommen. Sie können sie aber zumindest daran hindern, die Macht illegal zu missbrauchen.
Jef Colruyt gibt die Fackel weiter
Auf vielen Titelseiten sieht man heute aber auch noch einen anderen Mann: "Jef Colruyt räumt seinen Platz an der Spitze der Gruppe", so die Schlagzeile von L'Echo. "Nach 28 Jahren gibt Jef Colruyt die CEO-Fackel weiter", titelt De Tijd. "Mister Colruyt hört als Geschäftsführer auf", schreibt auch Het Laatste Nieuws und fügt hinzu: "Colruyt geht genau so, wie er die Gruppe auch geführt hat: ohne viel Show".
Jef Colruyts Bilanz ist beeindruckend, urteilt De Tijd in ihrem Leitartikel. Als er 1994 nach dem Tod seines Vaters die Leitung der gleichnamigen Supermarktkette übernahm, da hießen die Konkurrenten noch Delhaize und GB, da sprach noch keiner von Ahold oder Carrefour. Damals hatte Colruyt noch 7.000 Mitarbeiter, heute sind es fast fünfmal so viele. Jef Colruyt hat aus einem Familienunternehmen einen breitaufgestellten Einzelhandelskonzern gemacht und er hat gezeigt, dass ein börsennotiertes Unternehmen sogar in einem hart umkämpften Marktumfeld auch finanziell erfolgreich sein und dabei sogar einen ökologischen und sozialen Kurs fahren kann. Klar, der Himmel über Colruyt ist nicht wolkenlos. Wie die ganze Branche steht das Unternehmen vor großen Herausforderungen, zum Beispiel mit Blick auf die Digitalisierung. Der neue Geschäftsführer Stefan Goethaert muss jetzt beweisen, dass das "Rezept Colruyt" auch in der heutigen Zeit noch funktionieren kann.
Hat die Polizei den Vlaams Belang auf dem Kieker?
Einige Zeitungen beschäftigen sich auch mit einem Zwischenfall bei einer Kundgebung gestern in Brüssel. Mindestens 7.000 Beschäftigte aus dem sogenannten nicht-kommerziellen Sektor hatten dabei insbesondere für bessere Arbeitsbedingungen und mehr personelle Mittel in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen demonstriert.
Zunächst zur eigentlichen Kundgebung, meint Het Belang van Limburg in seinem Kommentar. Diese neue "weiße Wut" ist legitim. Die Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen stehen unter enormem Druck. Und der wird insbesondere wegen der Vergreisung der Bevölkerung quasi mit jedem Tag größer. Der ganze Sektor geht inzwischen auf dem Zahnfleisch. Aber, und damit kommen wir zu besagtem Vorfall: Die Botschaft der Demonstranten ist untergegangen, weil eine kleine Delegation von Mitgliedern des rechtsextremen Vlaams Belang mit der Polizei aneinandergeraten ist. Dabei versetzte ein Beamter dem Parteivorsitzenden Tom Van Grieken einen Schlag ins Gesicht. Van Grieken behauptet, dass die Ordnungskräfte seine Partei auf dem Kieker gehabt hätten. Die Polizei gab an, dass man die Vlaams-Belang-Delegation von der Kundgebung trennen musste, um Unruhe unter den Demonstranten zu vermeiden. Und dabei sei es zu einem Handgemenge gekommen. Bedauerlich ist jedenfalls, dass der eigentliche Hintergrund der Demo darüber vergessen wurde.
Eine Demo gekapert
"Was hat den Polizisten da geritten?", fragt sich sinngemäß La Dernière Heure. Der Beamte wusste sehr genau, wen er vor sich hatte. Und doch hat er Gewalt angewendet gegen einen führenden Politiker. Egal, wie angespannt die Situation auch gewesen sein mag: Das war ein Fehler!
Der Vlaams Belang hält sich offenbar nicht an die eigenen Parolen, kann Het Laatste Nieuws seinerseits nur feststellen. "Hände weg von unserer Polizei!", fordern die Rechtsextremisten bei jeder Gelegenheit. Das gilt aber offensichtlich nur für Brüsseler Krawallmacher. Wenn die Polizei den Vlaams Belang von einer Demo fernhalten will, dann muss man nicht gehorchen. Das Foto des übergriffigen Polizisten wurde dann auch gleich in die sozialen Medien geschmissen. "Hände weg von unserer Polizei"? Von wegen! Natürlich muss man hier nuancieren: Auch der Vlaams Belang hat das Recht zu demonstrieren. Nur muss nicht jeder Organisator einer Kundgebung die Präsenz der Partei dafür auch gleich tolerieren. Spätestens durch den Zwischenfall ist es dem Vlaams Belang jedenfalls gelungen, die Demonstration zu kapern. Und er konnte sich zudem in seiner Paraderolle produzieren, als Opfer nämlich. Am Ende drehte sich wieder alles um die Partei, nicht um den Pflegesektor.
Roger Pint