"Da ist sie, die große Gegenoffensive der ukrainischen Armee", titelt De Morgen. "Die ukrainische Gegenoffensive schaltet eine Gang höher", so die Schlagzeile von De Standaard.
Die lange mit Spannung erwartete Frühjahrsoffensive der ukrainischen Armee hat anscheinend jetzt tatsächlich begonnen. Für die Regierung in Kiew geht es um viel: Sollte die Offensive scheitern, dann könnte die internationale Unterstützung abbröckeln. "Belgien wird aber in jedem Fall der Ukraine Waffen liefern", verspricht Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder auf Seite eins von Le Soir. Sie reagiert damit auch auf die Polemik um die belgischen Waffen, die offensichtlich auf russischem Territorium gefunden wurden.
"Ökozid" am Kachowka-Staudamm
Le Soir kommt in seinem Leitartikel noch einmal zurück auf die Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Region Cherson. Das ist eine Katastrophe biblischen Ausmaßes, meint das Blatt bestürzt. Eine Apokalypse, die den Horror des Krieges noch einmal auf die Spitze treibt. Schon jetzt ist klar, dass es sich hier um die größte Umweltkatastrophe in Europa seit dem Reaktorunglück von Tschernobyl handelt.
Man weiß noch nicht mit Sicherheit, wer für die Zerstörung des Staudamms verantwortlich ist. Experten gehen aber davon aus, dass die Russen die Schuldigen sind, weil ihnen das Ganze schlicht und einfach mehr nützt. Man spricht jedenfalls schon von einem "Ökozid": eine Umweltkatastrophe, die zur Kriegswaffe wird. Während der Rest der Welt alles versucht, um die Klimaapokalypse noch abzuwenden. Das Ganze ist ebenso tragisch wie absurd.
EU-Asyl- und Einwanderungspolitik – ein wichtiger Schritt
Am Abend gab es derweil in Luxemburg nach jahrelangem Streit endlich weißen Rauch: "Die EU-Staaten einigen sich schließlich doch auf eine gemeinsame Asyl- und Einwanderungspolitik", titelt La Libre Belgique. "Europa erreicht nach jahrelangen Verhandlungen ein Migrationsabkommen", so formuliert es Het Nieuwsblad. Die EU-Innenminister haben sich auf eine weitreichende Reform der EU-Asylpolitik verständigen können. Die Einigung gilt schon jetzt als historisch.
Denn wir haben stolze acht Jahre darauf warten müssen, bemerkt auch De Tijd in ihrem Leitartikel. Spätestens 2015 bei der Flüchtlingskrise war klar, dass das bisherige System nicht funktioniert. Wie nicht anders zu erwarten, verdient die Einigung bestimmt keinen Schönheitspreis. Das Ganze läuft nämlich auf eine spürbare Verschärfung der Asylpolitik hinaus, was Kritiker jetzt schon monieren lässt, dass die EU-Politik am Ende genauso brutal sein wird wie das Vorgehen der Menschenschmuggler.
Das Problem der mangelnden Solidarität einiger EU-Staaten hat man derweil dadurch gelöst, dass Länder, die die Aufnahme von Flüchtlingen verweigern, künftig dafür zahlen müssen. Solidarität mit der Brechstange also, aber das war leider unausweichlich. Wissend, dass es in dieser Problematik mehr Schattenseiten als Lichtpunkte gibt, muss man dennoch sagen, dass die Einigung von Luxemburg ein pragmatischer Schritt in die richtige Richtung ist.
Das allerdings mit einem entscheidenden Schönheitsfehler, ist Het Nieuwsblad überzeugt. Denn: Die Einigung erfolgte nicht einstimmig. Eine Mehrheit von EU-Staaten setzte sich gegen die allseits bekannten Blockierer durch. Dabei ist es wohl utopisch zu glauben, dass insbesondere Ungarn und Polen ihren Widerstand jetzt aufgeben werden. Es gibt endlich ein Asylabkommen. Ja! Aber Europa spricht immer noch nicht mit einer Stimme.
"Waldbrände in Kanada, Smog in New York"
Auf vielen Titelseiten prangen derweil Fotos, die so aussehen könnten, als seien sie auf dem Mars aufgenommen. Die Erklärung in Form einer Schlagzeile von La Libre Belgique: "Enorme Waldbrände in Kanada sorgen für eine monströse Luftverschmutzung in New York". De Standaard bringt es auf eine einfache Formel: "Waldbrände in Kanada, Smog in New York".
"Liebesgrüße aus New York", meint dazu sarkastisch La Libre Belgique. Seit zwei Tagen ist New York, Hauptstadt des weltweiten Kapitalismus und Symbol der "modernen" Gesellschaft, in einen schier undurchdringlichen, giftigen orangen Nebel eingehüllt. Schuld sind "beispiellose" Waldbrände in Kanada, wobei das Wörtchen "beispiellos" inzwischen fast schon inflationär wirkt. Die eigentliche Ursache muss man nicht lange suchen: Natürlich sehen wir hier die Auswirkungen der Klimakrise. Doch mit jeder Katastrophe, die auf die Erderwärmung zurückzuführen ist, scheint sich das Ganze nur noch zu banalisieren: Schulterzucken, und dann schnell vergessen. Dabei müssten wir doch mehr denn je alarmiert sein.
Vorbereitung auf mögliche Naturkatastrophen ist notwendig
Was aktuell in Kanada passiert, das ist tatsächlich extrem besorgniserregend, warnt auch De Morgen. Allein in diesem Jahr wurden 3,8 Millionen Hektar Wald ein Raub der Flammen. Das ist eine Fläche größer als Belgien. Doch auch für uns ist das ein Zeichen an der Wand. Auch in unseren Breiten häufen sich extreme Wetterphänomene und Naturkatastrophen, die ohne Zweifel eine Folge des Klimawandels sind. Auch hierzulande sollten sich also die Behörden bestmöglich vorbereiten auf einen Sommer voller möglicher Wetterkapriolen.
Am Beispiel Kanada sieht man, dass wir uns nicht nur auf regelrechte Wasserbomben einstellen müssen wie damals im Juli 2021, sondern auch auf großflächige Wald- oder Heidebrände. Wir können nur hoffen, dass alle zuständigen Stellen, von den Forstbehörden über die Provinzen bis hin zu Feuerwehr und Zivilschutz, in diesem Sommer über ausreichend Menschen und Mittel verfügen werden, um auf das Schlimmste vorbereitet zu sein.
Roger Pint