"Hat die große ukrainische Gegenoffensive begonnen? 'Das sieht eher nach Testen aus als nach dem großen Angriff'", liest man bei De Morgen. "Die Ukraine macht wieder Geländegewinne, aber will noch nicht von einer Offensive sprechen", schreibt Gazet van Antwerpen. "Die große ukrainische Gegenoffensive setzt sich langsam in Gang", so der Aufmacher von De Standaard. "Die Gegenoffensive der Ukraine scheint begonnen zu haben", meint auch Het Nieuwsblad.
Viele fragen sich seit Wochen, worauf Kiew eigentlich gewartet hat, kommentiert Het Nieuwsblad. Dabei liegt die Antwort doch auf der Hand: Ein Scheitern kann sich die Ukraine schlicht nicht leisten. Denn wenn die Offensive die Erwartungen enttäuscht, werden die westlichen Verbündeten beginnen zu zweifeln. Und wird der Kreml in seiner Überzeugung bestärkt werden, den Krieg doch noch gewinnen zu können.
Ein Erfolg ist auch nicht nur unerlässlich, um ukrainisches Territorium zurückgewinnen, sondern auch, um den russischen Bären in seine Schranken zu weisen. Denn die Kriegssucht Russlands geht weit über die Ukraine hinaus, die potenziellen Nachfolger Putins wollen noch viel mehr. Der Kampf, der sich nun abzeichnet, geht denn auch nicht nur um den Donbass, Donezk und Luhansk. Nein, es ist ein D-Day, der auf lange Zeit über die Sicherheit ganz Europas entscheiden wird, mahnt Het Nieuwsblad.
Nur Waffengewalt kann den Frieden bringen
Die westlichen Sanktionen haben Russland wirtschaftlich nicht in die Knie zwingen können, hält De Standaard fest. Genauso wenig wie die diplomatische Gegenoffensive, dank China, Indien, Brasilien, der Türkei, Saudi-Arabien und Co. Es bleibt also nur eine einzige Option, um den russischen Aggressor an den Verhandlungstisch zu zwingen: Waffengewalt. Genau das ist der hohe Einsatz, um den es bei der ukrainischen Gegenoffensive geht: Die Ukraine muss in der 900 Kilometer langen Front eine Schwachstelle finden für einen militärischen Durchbruch, um die Kosten für Russland so weit in die Höhe zu treiben, dass es keine Wahl mehr hat, unterstreicht De Standaard.
La Dernière Heure greift das Auftauchen belgischer Waffen bei Angriffen russischer Anti-Putin-Milizen innerhalb Russlands auf: Die Vorbedingungen waren klar, von Belgien gelieferte Waffen dürfen nur von ukrainischen Truppen zur Verteidigung auf eigenem Territorium eingesetzt werden. Belgische Waffen dürfen zu keinem Zeitpunkt auf russischem Grundgebiet bei einer Offensive gegen das russische Regime zum Einsatz kommen, egal, wie verabscheuungswürdig es auch ist. Und dennoch sind dort belgische Waffen eingesetzt worden, Belgien hat deshalb von den Ukrainern Aufklärung verlangt.
Das Ganze illustriert aber in jedem Fall, wie schwierig es ist, Waffen in einem Kriegsgebiet zu kontrollieren, selbst wenn sie von einem Staat an einen anderen geliefert werden. Mal ganz abgesehen von einer gehörigen Portion Scheinheiligkeit, denn wie schon das Sprichwort sagt: Wir liefern ihnen Waffen, das Schlimmste wäre, wenn sie sie auch einsetzen, stichelt La Dernière Heure.
Öl und Wirtschaft
De Tijd geht auf die Ankündigung der erweiterten Organisation der erdölexportierenden Länder ein, 2024 weniger Öl zu fördern. Dadurch versuchen die Länder der OPEC+, den sinkenden Ölpreis wieder nach oben zu treiben beziehungsweise ihn hoch zu halten. Das sind schlechte Nachrichten für die westlichen Wirtschaften. Aber andererseits kann man dem Ganzen auch etwas Positives abgewinnen. Wenn die Ölpreise hoch sind, bedeutet das, dass die Konsumenten weniger davon verbrauchen, was wiederum gut für den Kampf gegen den Klimawandel ist. Denn schließlich gelten fossile Brennstoffe wie Öl als wichtiger Grund für die Klimaerwärmung, erinnert die Wirtschaftszeitung.
Mit der wirtschaftlichen Lage Belgiens befasst sich De Morgen: Allen Unkenrufen zum Trotz hält die Wirtschaft im europäischen Vergleich gut stand und ist die Inflation hierzulande ein kleineres Problem als anderswo. Das ist wohl auf die Indexierung der Löhne zurückzuführen, die die Kaufkraft der Bürger stabilisiert, was wiederum das Wirtschaftswachstum stützt. Das größte wirtschaftliche Verdienst der Regierung scheint also darin zu bestehen, dass sie nicht viel getan hat. Denn auch das ist Politik: Die Regierung hat zum Beispiel die Indexierung trotz großem Druck aus der Wirtschaft nicht abgeschafft.
Jetzt heißt es hoffen, dass dieser ökonomische Rückenwind die Regierung dazu anspornt, doch noch ein für alle Parteien akzeptables Reformpaket zu schnüren für den Arbeitsmarkt, die Steuern und die Renten. Es muss ja keine große Revolution werden, eine typisch belgische, schrittweise Anpassung an die sich verändernden Zeiten würde schon reichen, hofft De Morgen.
Feiern mit schalem Beigeschmack
Gazet van Antwerpen kommt auf die Einwegbecher-Polemik zurück: Flandern hatte 2019 angekündigt, dass auf Festivals ab dem 15. Juni 2023 nur noch Mehrwegbecher erlaubt sind. Aber dank Ausnahmegenehmigung können dieses Jahr nun doch noch Einwegbecher verwendet werden. Dabei ist ihr Verkauf schon seit dem 18. Januar verboten, hebt die Zeitung hervor, und sind die Folgen bekanntermaßen groß: Einwegbecher verursachen nicht nur riesige Abfallberge, sondern können auch desaströse Folgen für die Umwelt haben. Denn das Plastik enthält Giftstoffe, die in der Natur nicht abgebaut werden, und es kann ungewollt von Tieren aufgenommen werden und sie so krank machen oder sogar umbringen.
Die Begründung der Festivalveranstalter, dass sie eben noch große Becher-Vorräte hätten und lange im Voraus planen müssen, überzeugt auch nicht, schließlich war die Übergangsperiode mehr als großzügig. Das Bier auf den großen Festivals des Sommers wird also einen schalen Beigeschmack haben, ärgert sich Gazet van Antwerpen.
Boris Schmidt