"Die Königin des Rock'n'Roll", titeln lapidar Het Nieuwsblad und Gazet van Antwerpen. "Trauer um die 'Queen of Rock'", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins. "Die Rockmusik hat ihre Königin verloren", so die Schlagzeile von Le Soir.
Die meisten Zeitungen trauern heute um die Rock-Diva Tina Turner, die gestern im Alter von 83 Jahren verstarb. Tina Turner war berühmt für ihre markante Stimme und ihre energiegeladene Bühnenpräsenz. "Tina Turner – die Queen of Rock'n'Roll, die Mick Jagger inspirierte", notiert denn auch De Standaard auf seiner Titelseite. Das Fazit von Het Laatste Nieuws: "Sie war 'simply the best'", schreibt das Blatt in Anlehnung an einen Superhit von Tina Turner.
Carrefour macht 60 Millionen Euro Verlust
Besorgniserregende Schlagzeile derweil auf Seite eins von Het Nieuwsblad: "Carrefour muss sparen, um ein Delhaize-Szenario zu vermeiden", titelt das Blatt. "Nach Delhaize wird auch Carrefour nach schweren Verlusten zu Sparmaßnahmen gezwungen", schreiben auch De Standaard und Gazet van Antwerpen. Carrefour Belgien hat im vergangenen Jahr einen Verlust von über 60 Millionen Euro verzeichnet. Das ist das schlechteste Ergebnis seit 2010. Vor diesem Hintergrund befürchten die Gewerkschaften jetzt harte Einschnitte.
"De Croo kracht wegen seiner Klimakritik mit den Partnern zusammen", titelt seinerseits De Morgen. La Libre Belgique dreht gewissermaßen den Spieß um: "De Croo will sich auf dem Rücken der Grünen profilieren." Der Premierminister hatte ja gestern für eine Pause plädiert, mit Blick auf die geplante EU-Verordnung über die Wiederherstellung der Natur. Seiner Ansicht nach sollte man sich in erster Linie auf die Senkung des Ausstoßes von klimaschädlichen Gasen konzentrieren. Zusätzliche Umweltschutz-Maßnahmen würden Industrie und Landwirtschaft überfordern, glaubt De Croo.
Viele Zeitungen gehen mit dem föderalen Premier hart ins Gericht. De Croo hat sich hier nicht unbedingt wie ein vorbildlicher Regierungschef verhalten, findet etwa Gazet van Antwerpen. Im Gegenteil! Ganz offensichtlich betrachtet er seine Regierung nicht mehr als eine Equipe. Getrieben durch eine liberale Profilneurose und seine Ambition auf einen internationalen Spitzenjob hat De Croo hier eine lupenreine Solonummer hingelegt. Die Grünen und die Sozialisten sind zu Recht rasend vor Wut. Ein Premier kann nicht einfach so, ohne jegliche Absprache, einen Kurswechsel verordnen. Das lässt aber womöglich tief blicken: Man könnte meinen, dass Alexander De Croo selbst nichts mehr von seiner eigenen Regierung erwartet.
Glaubt De Croo nicht mehr an seine Koalition?
"Ein Premierminister sollte so etwas nicht tun", ist auch La Libre Belgique überzeugt. Mit seinem "Pausenknopf-Plädoyer" rammt er den Grünen einen Dolch in den Rücken. Dabei war es für die Umweltparteien in dieser Legislaturperiode ohnehin schon knüppeldick gekommen, mussten sie doch beinahe gleichzeitig ihre pazifistische Grundeinstellung und ihren Widerstand gegen die Atomkraft aufgeben. Und jetzt versucht ausgerechnet der Premier sich noch auf dem Rücken der Grünen zu profilieren. Im Grunde offenbart das aber nur seine eigene Schwäche: De Croo glaubt offensichtlich nicht mehr an seine Koalition oder an eine zweite Amtszeit als Premierminister.
Wer den Vorstoß von Alexander De Croo verstehen will, der muss nur in dessen Heimatgemeinte Brakel schauen, empfiehlt Het Laatste Nieuws. Die Heimatregion des Premierministers in der Provinz Ostflandern wäre besonders stark von der neuen EU-Gesetzgebung zur Wiederherstellung der Natur betroffen. Im Grunde müssten in Brakel mittelfristig sechs von zehn Wohnungen verschwinden, wenn man der Natur wieder ihren Platz einräumen würde. Und nicht vergessen: Alexander De Croo ist auch nur ein Politiker, der letztlich gewählt werden will. Ein Jahr vor dem nächsten Urnengang streift er also wieder sein dunkelblaues Gewand über. Die Frage ist allerdings, ob ihm der Wähler das abnehmen wird.
Auch für Het Belang van Limburg fällt der Vorstoß von De Croo nicht vom Himmel. Denn aus belgischer und insbesondere aus flämischer Perspektive ist die geplante EU-Verordnung durchaus kein Pappenstiel. In derart dicht besiedelten Gebieten ist das Gleichgewicht zwischen Wirtschaft und Umwelt noch delikater als anderswo. Ein allzu einheitliches europäisches Vorgehen wäre gerade für Flandern potenziell desaströs. Dass De Croo jetzt dazu aufruft, das ganze noch einmal zu überdenken, ist also prinzipiell nachvollziehbar. Allerdings hätte der Premier erst innerhalb seiner Regierung einen gemeinsamen Standpunkt suchen müssen, bevor er sich dazu äußert.
Am Ende steckt man in einer Vertrauenskrise
Andere Blätter sehen De Croo auch inhaltlich auf dem Holzweg. Im Kampf für den Umweltschutz auf die Pausentaste drücken zu wollen, das wäre schlichtweg unverantwortlich, wettert etwa Le Soir. Man würde schließlich auch nicht Feuerwehrleuten empfehlen, erstmal an einer Raststätte noch einen Kaffee zu trinken, bevor sie einen Brand löschen. Und auch die Argumentation von Alexander De Croo ist nicht haltbar. Er tut so, als wären Klimaschutz und die Wiederherstellung der Natur zwei unterschiedliche Themen, die parallel zueinander verlaufen. Dabei gehen beide doch Hand in Hand. Ganz zu schweigen von der desaströsen Botschaft, die hier mitschwingt. Nach dem Motto: Die Vorhersagen der Wissenschaft können noch so alarmiert sein, der Klimaschutz ist doch nicht so prioritär und man sollte es da auch nicht übertreiben. So wird die Sensibilisierung immer wieder von neuem torpediert.
De Morgen hakt genau da ein: Jede Politik braucht Akzeptanz. Die Bürger müssen letztlich von der Notwendigkeit überzeugt sein. Diese Akzeptanz fällt einem aber nicht in den Schoß. Wer nun aus rein wahltaktischen Erwägungen heraus schwierige Entscheidungen plötzlich relativiert beziehungsweise aufschieben will, der muss sich nicht wundern, dass die Bürger sich eigentlich in ihrer Skepsis nur bestätigt sehen. Am Ende glaubt niemand noch irgendwas. Und ehe man sich versieht, steckt man in einer Vertrauenskrise, die dazu führt, dass sich gar nichts mehr bewegt.
Roger Pint