"Zwischen Pomp und Dauerregen – eine Krönung ohne Misstöne", schreibt Le Soir auf Seite eins. "Jetzt ist es wirklich amtlich", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. "Erst am Ende ein Lächeln", titelt Het Laatste Nieuws.
Viele Zeitungen kommen heute noch einmal zurück auf die Krönung des britischen Königs Charles III. Die Zeremonie verlief ohne Pannen und Zwischenfälle.
Die Krönung war nur so durchtränkt von alten Traditionen, bemerkt dazu La Dernière Heure in ihrem Leitartikel. Es war wie aus einer anderen Zeit; das Ganze roch irgendwie nach Mottenkugeln. Keine Spur von Modernität. Nun muss man sagen, dass sich weder Charles noch Camilla in der Blüte ihrer Jahre befinden. Sie versprühen auch nicht die Aura von Rockstars. Aber vielleicht ist das in diesen unruhigen Zeiten auch ganz gut so. Traditionen und eine gewisse Feierlichkeit tun ja nicht weh. Eher noch im Gegenteil. Seit dem Brexit geht es dem Vereinigten Königreich nicht gut. Soziale Gräben reißen wieder auf. Ein festliches und populäres Ereignis kann die Menschen hinter ein Symbol der Einheit scharen.
Mottenkugeln und Modernität
Le Soir ist mit einigen dieser Einschätzungen nicht einverstanden. Man kann nicht behaupten, dass Charles III. so gar nicht mit der Vergangenheit gebrochen hätte. Klar: Im Wesentlichen folgte die Zeremonie dem traditionellen, jahrhundertealten Drehbuch. In einigen Punkten wurden aber im Vergleich zur Krönung von Elisabeth der II. im Jahr 1953 völlig neue Wege beschritten. Zuallererst fiel auf, dass die Aristokratie, die früher noch buchstäblich in der ersten Reihe saß, vollkommen ausgeblendet wurde. Mehr als ein Drittel der Anwesenden waren Vertreter der Zivilgesellschaft. Unter Charles III. erscheint die britische Krone genauso gefestigt, wie während der Herrschaft seiner Mutter und Vorgängerin Elizabeth II.
Einige Vorfälle am Rande der Zeremonie bereiten De Morgen allerdings Sorgen. Am Samstag waren nämlich Dutzende republikanische Demonstranten quasi vorsorglich festgenommen worden, ohne dass sie eindeutig gegen geltendes Recht verstoßen hätten. Das Einzige, was man ihnen vorwerfen konnte, war das Verteilen von Protestschildern. Charles III. sollte offensichtlich weder sehen noch hören, dass es in der realen Welt auch Menschen gibt, die die Monarchie für überholt halten.
Die Londoner Polizei rechtfertigte ihr Vorgehen mit dem aktuellen Kontext. Die Krönung sei ein Ereignis, das es nur einmal im Leben gibt. Das allerdings kann auf viele Begebenheiten angewandt werden. Die Behörden in Moskau oder Peking können ebenfalls ein solches Argument geltend machen, wenn gegen den Krieg in der Ukraine oder die Winterspiele protestiert wird. "Ein einmaliges Ereignis" – hoffentlich wird daraus kein Holzhammer-Argument.
Putin muss vor Gericht!
De Morgen blickt seinerseits in die Ukraine. "Extrem besorgt über Atomkraftwerk", so die Aufmachergeschichte. Die ukrainische Armee bereitet ja eine Frühjahrsoffensive vor. Nicht weit von der Frontlinie befindet sich aber das Kernkraftwerk Saporischschja. Die Lage sei immer schwieriger vorherzusagen und potenziell gefährlich, zitiert De Morgen aus einer Einschätzung der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA.
Der russische Präsident Wladimir Putin muss unbedingt vor ein Gericht gestellt werden, fordert La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Natürlich wird das nicht einfach. Es fängt damit an, dass Russland den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag nicht anerkennt. Es bedürfte also eines sehr breiten Konsenses innerhalb der internationalen Gemeinschaft. Es ist aber von grundlegender Wichtigkeit, dass man der Ukraine ein für alle Mal den Opferstatus zuerkennt; und damit verbunden, dass auch die russische Aggression definitiv verurteilt wird. Hier geht es auch um fundamentale Grundsätze des Völkerrechts wie Souveränität und nationale Integrität. Und natürlich muss mal schon jetzt über die Zeit nach dem Krieg nachdenken. Die Grundlagen etwa für die Nürnberger Prozesse wurden auch schon 1942 gelegt, drei Jahre vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Warum geht's unserer Jugend so schlecht?
Het Nieuwsblad beschäftigt sich in seinem Leitartikel mit der großen Steuerreform, an der der föderale Finanzminister Vincent Van Peteghem gerade arbeitet. Hier werden schon immer mehr rote Linien gezogen, kann das Blatt nur feststellen. Die Liberalen etwa wollen neuerdings Arbeitslosen "keinen Euro mehr geben". Dass das Kapital nicht zusätzlich besteuert werden darf, hatten die Blauen schon klargemacht. Die Sozialisten lehnen ihrerseits eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ab und wollen auch nicht die höheren Löhne begünstigt sehen.
"Gleichgewicht", so lautet hier wohl das Zauberwort. Jeder wird wohl seinen Beitrag leisten müssen und jeder wird auch ein Stück des Kuchens abbekommen müssen. Die Regierung wird ihre internen Gegensätze nur am Verhandlungstisch ausräumen können. In einem hoffentlich nüchternen und konstruktiven Gesprächsklima. Dass insbesondere Sozialisten und Liberale jetzt schon öffentlich ihre roten Linien definieren, ist vor diesem Hintergrund kein gutes Zeichen.
De Standaard schließlich veröffentlicht heute die Ergebnisse einer Studie, die die mentale Gesundheit von jungen Menschen beleuchtet. Das Fazit in einem Satz: "Unseren Jugendlichen geht es nicht gut." Das muss uns Sorgen machen, glaubt das Blatt. Vor allem werden wir gründlich untersuchen müssen, warum sich die jungen Generationen so schlecht fühlen. Das alles nur der Corona-Krise zuzuschreiben, wäre viel zu kurz gedacht und auch gefährlich. Das würde ja beinhalten, dass die Probleme nur von kurzer Dauer wären und schon irgendwann vorbeigehen. Es wird höchste Zeit, dass wir mal gründlich über unsere Gesellschaft nachdenken.
Roger Pint