"Alkoholplan ohne Ehrgeiz", heißt es im Aufmacher von La Dernière Heure. "Grünes Licht für einen belgischen Alkoholplan", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins. "Vandenbroucke will gratis Wasser in Restaurants beim Kampf gegen Alkoholmissbrauch", notiert Het Nieuwsblad auf seiner Titelseite.
Die Gesundheitsminister der verschiedenen Regierungsebenen Belgiens haben gestern einen so genannten Alkoholplan vorgelegt. Er besteht aus 75 Maßnahmen, durch die der Konsum von Alkohol beschränkt werden soll. In den Leitartikeln der Zeitungen erntet dieser Plan Spott und Kritik.
La Dernière Heure kommentiert: 15 Jahre haben wir auf diesen Plan gewartet. Ergebnis: Ein dichter Nebel von 75 Maßnahmen soll verschleiern, dass letztlich nichts getan wird im Kampf gegen die Seuche. Grob zusammengefasst kann man festhalten: Minderjährige können mit 16 Jahren immer noch völlig legal einen Kasten Bier kaufen, an den Tankstellen wird weiterhin Alkohol verkauft, Werbung für Alkohol wird immer noch in gleicher Menge auf allen Mainstream-Medien zu sehen sein. Dabei wissen alle in Belgien, dass das Land ein Problem mit Alkohol hat. Aber es sieht so aus, als ob niemand Lust dazu hat, das Problem zu lösen, ärgert sich La Dernière Heure.
Klägliches Ergebnis eines jahrelangen Pingpong-Spiels
De Standaard behauptet: Würde Alkohol heute erfunden, würde man ihn direkt verbieten. Denn Alkohol ist schädlich für die Gesundheit, macht abhängig und tötet durch seine Auswirkungen im Straßenverkehr. All das sind gute Gründe, um den Konsum von Alkohol strengstens zu regulieren. Nicht so in Belgien. Da bleibt alles, wie es ist. Die laute Kritik, die gestern an den Plänen zu hören war, ist vollkommen nachvollziehbar, urteilt De Standaard.
L'Avenir schreibt: Nach einem jahrelangen Ping-Pong-Spiel unserer neun Gesundheitsminister ist gestern nun der berühmt-berüchtigte Alkohol-Plan verabschiedet worden. Damit geht auch die jahrelange Lobbyarbeit der unterschiedlichen Interessensverbände zu Ende. Denn im Land des weltweit größten Brauereikonzerns (AB InBev) und zahlreicher Mikro-Brauereien hat letztlich niemand etwas zu gewinnen, wenn der Alkoholkonsum sinkt. Ergebnis: ein kläglicher Plan ohne viel Ehrgeiz, der mehr Fragen aufwirft als Antworten bietet. Und ganz wenig konkrete Maßnahmen, schimpft L'Avenir.
Wo bleibt die Entschuldigung?
Das Büro der Kammer hat beschlossen, dass die ehemaligen Kammervorsitzenden Pensionsprämien zurückzahlen müssen, die ihnen zu Unrecht gezahlt wurden. Gazet van Antwerpen erinnert: Als die PTB das Thema Pensionsprämien auf die Agenda gesetzt hatte, war der Aufschrei zunächst groß. Mittlerweile haben alle in der Kammer festgestellt, dass die Forderung der PTB richtig war. Die Prämien wurden zu Unrecht ausgeschüttet. Jetzt versucht die Kammer, das Geld zurückzubekommen. Herman De Croo hat sein Geld schon zurückgezahlt, Siegfried Bracke will es nicht tun, Raymond Langendries schweigt. Zur Erinnerung: Es handelt sich um Steuergeld. Die Bürger hätten eine Entschuldigung der Abgeordneten verdient, findet Gazet van Antwerpen.
Het Nieuwsblad analysiert: Die ehemaligen Kammervorsitzenden haben zwei Möglichkeiten. Entweder zahlen sie das Geld zurück oder nicht. Tun sie es nicht, dann droht die Kammer mit einem Prozess. Das haben die Abgeordneten so entschieden, obwohl der juristische Dienst der Kammer vor einem Gerichtsprozess warnt. Denn der könnte sehr schnell teuer werden. Und wer in einem Prozess letztlich Recht bekommen würde, ist nicht von vorneherein klar. Trotzdem drohen die Abgeordneten mit dem Prozess. Denn sie müssen etwas tun, um ihrer Forderung nach Rückzahlung Nachdruck zu verleihen, behauptet Het Nieuwsblad.
Eltern vor Dilemma
Die Wirtschaftszeitung L'Echo notiert zum Sozialkonflikt bei der Supermarktkette Delhaize: Jetzt hat sich auch der Delhaize-Konkurrent Colruyt zu Wort gemeldet. Colruyt macht sich dabei quasi zum Verbündeten der Gewerkschaften. Colruyt fordert eine Diskussion darüber, dass die Löhne aller Mitarbeiter eines Unternehmens gleich sein sollen, egal ob die Mitarbeiter in einer Franchise arbeiten oder in betriebseigenen Märkten. Diese Wortmeldung von Colruyt ist verständlich: Der Marktführer in Belgien sieht seine Stellung gefährdet, vor allem seine Strategie der niedrigsten Preise. Die Delhaize-Franchisen werden als Bedrohung wahrgenommen. Durchaus zu Recht. Der belgische Markt der Lebensmittelgeschäfte ist gerade im Umbruch. Franchisen werden immer mehr Gewicht bekommen. Zu welchen Bedingungen ist noch unklar, hält L'Echo fest.
La Libre Belgique erinnert: Morgen starten die Osterferien an flämischen Schulen. Frankophone Schüler hingegen müssen weiter zum Unterricht. Es ist das erste Mal, dass sie auf ihre Osterferien verzichten müssen zugunsten von zwei Ferienwochen im Mai. Die Kritik an dieser Regelung, die viele Familien mit Kindern sowohl im flämischen als auch im frankophonen Schulsystem vor Probleme stellt, bleibt. Von den Verantwortlichen wird diese Kritik aber nicht gehört, bedauert La Libre Belgique.
Kay Wagner