"Situation eskaliert: Proteste und Gewalt in Israel", so der große Aufmacher bei De Morgen. "Nahost: die Angst vor der Feuersbrunst", titelt Le Soir. "'Auf alle Möglichkeiten vorbereitet': Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu kündigt Politik der harten Hand gegen Terroristen an", so das GrenzEcho im Innenteil.
Seit einigen Tagen reiht sich in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten wieder ein Superlativ an den nächsten, kommentiert Le Soir: tödlichster Angriff seit 20 Jahren, blutigstes Attentat seit 15 Jahren, schwärzestes Jahr in zwei Jahrzehnten… Einer der Täter: ein 13-jähriger Junge. Es sind ganze Generationen, die im Hass und im Frust aufwachsen. Sie sehen sich Besatzung gegenüber, einer illegalen Kolonisierung, Perspektivlosigkeit. Generation nach Generation haben die Palästinenser das Gefühl, dass niemand ihnen zuhört. Im Gegenteil, die Kolonisierung, Besatzung und Unterdrückung werden nur noch schlimmer, obwohl sie das internationale Recht auf ihrer Seite haben. Wie soll diese ewige Gewalt irgendwann mal aufhören, fragt sich Le Soir.
Worauf wartet Israel noch?
De Standaard blickt ebenfalls nach Nahost, aber aus einem ganz anderen Grund: Gestern ist mindestens eine iranische Militäreinrichtung mit Drohnen angegriffen worden. Eine offizielle Bestätigung gibt es zwar nicht, aber es wird allgemein davon ausgegangen, dass Israel hinter den Angriffen steckt. Vermutet wird außerdem, dass mindestens eine iranische Fabrik zur Herstellung von Drohnen unter den Zielen war. Seit Oktober nutzt Russland günstige iranische Drohnen, um große Schäden in der Ukraine anzurichten. Kein Wunder also, dass Israel die Entwicklung der iranischen Drohnenindustrie mit Argusaugen verfolgt. Israel wird alles tun, um zu verhindern, dass der Erzfeind Iran oder die von ihm finanzierte Hisbollah diese Technologien gegen israelische Bürger einsetzen können.
Im Tausch gegen Drohnen hat Russland seine militärische Unterstützung für den Iran stark erhöht. Man muss sich schon fragen, warum sich Israel also nicht endlich offen und entschlossen auf die Seite der Ukraine stellt – immerhin das einzige andere Land auf der Welt mit einem jüdischen Präsidenten. Oder sollte der Angriff auf die Waffenfabrik etwa wirklich das erste Anzeichen für einen Kurswechsel Israels sein?, so De Standaard.
Het Nieuwsblad beschäftigt sich mit der Frage, wie der russische Überfall auf die Ukraine unsere Einstellung zum Frieden verändert hat. Vor einem Jahr noch für viele undenkbar, ist die häufigste Losung mittlerweile: Der Frieden wird durch Waffen gewahrt. Vor einem Jahr war ein Landkrieg in Europa noch undenkbar, klangen zusätzliche Mittel für die Landesverteidigung für manche schon fast nach rechtsextremen Ideen. Mittlerweile hat sich in dieser Hinsicht aber eine vollständige Ernüchterung eingestellt: Selbst Regierungen mit Sozialisten und Grünen investieren ohne Widerrede in den Ausbau der Armee. Mehr denn je ist deutlich geworden, dass Waffen nicht nur eine Frage der Solidarität mit der Ukraine sind, sondern ein Mittel der Abschreckung gegen "bad guys". Waffen dienen nicht nur zum Schutz von Menschenleben, sondern auch zur Verteidigung unserer demokratischen Werte und Prinzipien. Der Krieg gegen die Ukraine hat viele einschneidende Veränderungen mit sich gebracht – darunter eben auch ein rationaleres Nachdenken über den Frieden, meint Het Nieuwsblad.
Polizisten, die wie Gangster auftreten
De Morgen greift den jüngsten Fall von Polizeigewalt in den Vereinigten Staaten auf: In Memphis, Tennessee, war ein schwarzer Mann bei einer Verkehrskontrolle von ebenfalls schwarzen Beamten einer Polizei-Sondereinheit so brutal zusammengeschlagen worden, dass er später starb. Die Täter gehören zu einer Einheit, die speziell für den Kampf gegen Bandengewalt und Drogen aufgestellt wurde. Aber wer sich die Bilder ihrer Bodycams anschaut, kann nur zu dem Schluss kommen, dass die Polizisten genau so aufgetreten sind wie die Banden, die sie eigentlich bekämpfen sollen.
Wie schon Nietzsche schrieb: "Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehen, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein." Das wäre ein guter Leitspruch für Polizisten, direkt neben ihrem Motto "Schützen und dienen", giftet De Morgen.
Bart De Wevers "extralegale" Eskapaden
Het Laatste Nieuws geht in seinem Leitartikel auf Äußerungen des N-VA-Vorsitzenden Bart De Wever ein: Der hatte in der Zeitung De Tijd gefordert, dass Konföderalismus in Belgien notfalls auf "extralegale" Weise eingeführt werden müsse, an geltenden Gesetzen vorbei also. Dürfen Brüsseler Jugendliche dann auch künftig "extralegal" Autos in Brand stecken? Zirkulieren demnächst in Antwerpen "extralegale" Drogen? Ein unabhängiges Flandern ist zwar ein legitimes ideologisches Ziel, allerdings muss das dann auch ohne Trumpsche Vorstellungen verwirklicht werden, kritisiert Het Laatste Nieuws.
La Libre Belgique analysiert die neue Betriebsgenehmigung für den Flughafen Lüttich, auf den sich die wallonische Regierung nach wochenlangem Tauziehen geeinigt hat: Man muss der Einigung zugutehalten, dass sie alle zentralen Herausforderungen des Dossiers berücksichtigt, von der wirtschaftlichen Entwicklung über die Arbeitsplatzperspektiven am Cargo- und Logistik-Drehkreuz Lüttich bis hin zur Lärmbelästigung für die Anwohner. Aber auch wenn die Vereinbarung von den Parteien der Regierungskoalition als ausgeglichen betrachtet wird, so könnte sie doch auch zu Zähneknirschen führen: Der Flughafen wollte auf bis zu 70.000 Flugbewegungen pro Jahr aufstocken, bekommen hat er 55.000. Und die Anwohner werden bis 2030 warten müssen, bis die lautesten Flugzeuge nachts nicht mehr fliegen dürfen, erinnert La Libre Belgique.
Boris Schmidt