"Die Ukraine bekommt die bisher größte belgische Waffenlieferung", titelt De Standaard. "Ein dickes Militärpaket, aber keinen Gepard", präzisiert das GrenzEcho. "Werden nach den Panzern bald auch Kampfflugzeuge in die Ukraine geschickt?", fragt sich seinerseits De Morgen.
Der Ministerrat wird am Nachmittag wahrscheinlich grünes Licht geben für eine neue Waffenlieferung an die Ukraine. Belgien wird dem Land jetzt wohl auch wirkliches Kriegsgerät zur Verfügung stellen, die Rede ist unter anderem von Panzerabwehrwaffen, Flugabwehrgeschützen, Maschinengewehren und Munition. Motorisierte Waffen wird Belgien nicht liefern, schlicht und einfach, weil die Panzer etwa vom Typ Gepard oder Leopard 1 längst ausgemustert wurden. "Ich habe keinen Zauberstab, mit dem ich Panzer herzaubern könnte", sagt Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder in der Zeitung De Morgen.
Moralische Verpflichtung, die Ukraine zu unterstützen
Dass der Westen der Ukraine jetzt auch Kampfpanzer zur Verfügung stellen wird, das hat für wütende Reaktionen des Kreml gesorgt, stellt L'Avenir in seinem Leitartikel fest. Die Rache folgte quasi postwendend: erneut eine massive Bombardierung der Infrastruktur in der Ukraine. Dieser mörderische Zorn des Moskauer Regimes ist aber für die Ukraine in gewisser Weise auch eine gute Neuigkeit: Offensichtlich jagt die baldige Ankunft von westlichen Panzern dem Kreml eine Heidenangst ein. Jetzt allerdings will die Regierung in Kiew gleich wieder einen Gang höher schalten: Jetzt wünscht sie sich Kampfflugzeuge. Und diese Bitte ist nachvollziehbar. Bislang hat der Kreml schließlich immer noch bei jeder Entscheidung über Waffenlieferung mit einer Eskalation gedroht.
Auch De Morgen hat Verständnis für die neuerlichen Forderungen aus Kiew. Die Ukrainer kämpfen ums Überleben. Und indem sie standhalten, hindern sie auch Wladimir Putin daran, weiter nach Westen vorzurücken. Sie kämpfen also auch für uns. Bislang hat die Nato dem Land aber gerade mal so viel Unterstützung gegeben, um den Krieg nicht zu verlieren - nicht genug allerdings, um die Russen wirklich zu schlagen. Seit Beginn des Krieges haben sich die roten Linien aber schon mehrmals verschoben. Noch vor einigen Monaten stand die Lieferung von Kampfpanzern außer Frage. Ob der Westen dafür schon bald auch Kampfjets an die Ukraine liefert, das muss sich zeigen. Einige Länder haben zwar schon diese Tür einen Spaltbreit geöffnet. Vielleicht würde das dafür sorgen, dass die Nato unmittelbar in diesen Krieg mithineingezogen würde. Auf der andere Seite: Je länger die Ukrainer noch für uns kämpfen und sterben, desto mehr sind wir moralisch dazu verpflichtet, sie zu unterstützen.
De Croos Zwickmühle
Einige Leitartikler beschäftigen sich auch heute wieder mit der Saga um die Reform der Besteuerung von Energieprodukten. Finanzminister Vincent Van Peteghem hatte in dieser Woche seinen Entwurf präsentiert. Doch wurde damit einmal mehr deutlich, wie sehr sich Premierminister Alexander De Croo in eine Zwickmühle geredet hat, analysiert Het Belang van Limburg. Der Vorschlag von Van Peteghem sieht vor, dass auf Energieprodukte im Wesentlichen Akzisen erhoben werden. Das erlaubt ein zielgerichteteres Vorgehen: Auf die Grundversorgung würden niedrigere Abgaben erhoben. Wer mehr verbraucht, der zahlt auch mehr. Das Problem ist nur, dass dadurch die Kosten für die Senkung der Mehrwertsteuer von 21 auf sechs Prozent nicht ausgeglichen würden. Genau das hatte De Croo aber versprochen: eine budgetneutrale Operation. Obendrauf wollen die linken Koalitionspartner eine schnelle Erhöhung der Akzisen verhindern. Der Premierminister ist also hoffnungslos gefangen in seinen früheren Aussagen.
Daumenschrauben statt nur reden
Het Nieuwsblad beschäftigt sich seinerseits mit der Problematik um die Vorschusszahlungen. An den internationalen Märkten sind die Gaspreise seit Wochen im Sinkflug. Nur merken die Verbraucher nichts davon, ihre monatlichen Abschlagszahlungen werden nicht nach unten korrigiert. Wer das selbst in die Hand nehmen will, der muss sich einen Vormittag lang die Musik der Warteschleife des Callcenters anhören. Premierminister Alexander De Croo hat gestern in der Kammer mit markigen Worten erklärt, dass man die Energieanbieter daran hindern muss, ihre Kunden als Sparschwein zu missbrauchen. Man werde darüber mit dem Sektor reden. Nur, geehrter Premier: Reden bringt da gar nichts! Gerade für die Energiebranche helfen nur Daumenschrauben.
Unumgängliche Sanierung der Staatsfinanzen
Einige Blätter beschäftigen sich auch mit der Haushaltssituation des Landes. Die diversen Hilfsmaßnahmen, in der Energie- und auch in der Coronakrise, haben viel Geld gekostet. "Um die Staatsschuld zu retten, wird Belgien in den nächsten vier Jahren 22 Milliarden Euro einsparen müssen", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins. L'Echo macht eine ähnliche Rechnung, dröselt die aber ein wenig auf: "Die Haushaltsanstrengungen könnten sich auf bis zu 5,8 Milliarden Euro pro Jahr belaufen", so die Schlagzeile.
Die Sanierung der Staatsfinanzen ist unumgänglich, mahnt L'Echo in seinem Leitartikel. Da hilft es nicht, die Zahlen zu verbiegen oder die EU für ihre angeblich absurden Regeln zu brandmarken. Die traurige Wahrheit ist, dass unsere finanzielle Situation problematisch ist: Ein Haushaltsdefizit von 5,3 Prozent, eine Staatsschuld, die in diesem Jahr 108 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht, eine solche Last ist auf Dauer nicht zu stemmen. Erst recht vor dem Hintergrund der bekannten Herausforderungen, angefangen bei der Vergreisung der Bevölkerung. Natürlich würden Politiker lieber eine angenehmere Botschaft unter die Leute bringen, nur kann man den Kopf jetzt nicht mehr in den Sand stecken und so tun, als gäbe es kein Problem.
Roger Pint