"Privathaushalte springen als Käufer von Neuwagen ab: Wirtschaftliche Unsicherheit und Elektrifizierung bremsen Verkäufe", ist der Aufmacher bei De Tijd. "Wie Belgien sich auf den Übergang zum Elektroauto vorbereitet", titelt die Schwesterzeitung L'Echo. "Autosalon – Alle Neuheiten", kündigt La Dernière Heure auf Seite eins an.
Wenige Stunden vor der offiziellen Eröffnung des diesjährigen Autosalons in Brüssel ist Mobilität ein Thema, das uns alle angeht, kommentiert La Dernière Heure. Jeder von uns sucht nach der besten Fortbewegungsmöglichkeit für sich. Aber selbst mit einem ökologischen Gewissen sind alternative Verkehrsmittel keine Option für viele Belgier – sei es, weil sie nicht gut genug funktionieren, sei es, weil sie in manchen Gegenden gar nicht existieren.
So werden Autos für viele zu einem Zwang, nicht zu einer Wahl, sie brauchen ihre Fahrzeuge wegen der Arbeit oder wegen der Kinder – selbst, wenn die Kosten dafür immer weiter steigen. Aber solange die Alternativen so mangelhaft bleiben, wird das Auto weiter eine glänzende Zukunft vor sich haben, prognostiziert La Dernière Heure.
Droht bei der Mobilität eine Zweiklassengesellschaft?
Wenn der Autosalon nach zwei Corona-Jahren heute wieder seine Türen öffnet, wird eine unbequeme Frage über der Autowelt hängen, schreibt De Tijd: Sind bezahlbare Mobilität und Freiheit in Gefahr? Immer weniger Privathaushalte kaufen noch Neuwagen. Denn eine Entscheidung für einen Benziner oder ein Dieselfahrzeug scheint eine immer schlechtere Idee, bald wird man mit ihnen in keine belgische Stadt mehr hineinfahren dürfen. Andererseits sind Elektroautos wegen der notwendigen teuren Rohstoffe und der Klimaauflagen teuer, also nichts für jedermann.
Es nistet sich das Gefühl ein, dass E-Autos nur etwas für Besserverdienende sind oder für Menschen mit Anspruch auf einen Firmenwagen, es droht eine Zweiklassengesellschaft, Mobilität für alle könnte in Zeiten der Klimakrise zum Luxusprodukt werden. Und das ist eine Vorstellung, die gesellschaftlichen und politischen Sprengstoff birgt, warnt De Tijd.
L'Echo ruft dazu auf, keine Angst vor Elektroautos zu haben: Eine pragmatische Analyse der Einwände und Sorgen potenzieller Käufer zeigt, dass die meisten von ihnen unbegründet sind. Auch wenn natürlich beispielsweise in puncto Lade-Infrastruktur noch Luft nach oben ist. Aber in puncto Gesamtkosten täuschen sich Privathaushalte: Selbst bei hohen Strompreisen können Elektroautos durch ihre höhere Energieeffizienz und weniger Verschleißteile auftrumpfen. Die Wirtschaft hat das bereits verstanden – deswegen stellt sie ihre Fuhrparks ja massiv auf E-Fahrzeuge um, meint L'Echo.
Der Schutz der Demokratie erfordert Mittel
Le Soir greift ein Interview mit der Interim-Chefin der Sûreté de l'Etat, der Staatssicherheit, Francisca Bostyn, auf: Die Hauptaufgabe der Staatssicherheit ist der Schutz der Demokratie. Darum ging es auch in jedem einzelnen der jüngsten Erfolge der Sûreté, sei es bei der Ausweisung russischer Spione, den Terrorismus- und Extremismus-Dossiers oder bei den Ermittlungen zu ausländischer Einflussnahme, die schließlich den Katargate-Skandal ans Licht gebracht haben. In all diesen Fällen und mehr denn je ist vor allem intensive Überwachung notwendig. Mehr als früher sind es isoliertere Personen und alltäglich scheinende Gruppierungen, die, vor allem über die sozialen Netzwerke, zu potenziell mächtigen destabilisierenden Kräften werden können. Das hat man bereits in den Vereinigten Staaten gesehen und jüngst erst wieder in Brasilien.
Man kann es auch nur begrüßen, dass die Staatssicherheit wieder stärker mit Polizei und Justiz zusammenarbeitet beim Kampf gegen die organisierte Kriminalität. Deswegen müssen wir den Verantwortlichen auch zuhören, wenn sie wieder und wieder den Mangel an Mitteln und Personal anprangern. Die Dienste müssen die Mittel bekommen, die sie für den Schutz der Demokratie benötigen, fordert Le Soir.
Das GrenzEcho blickt auf die Räumung des von Klimaaktivisten besetzten Braunkohleortes Lützerath in Deutschland: Je schneller das Land aus der Kohle aussteigt, desto besser. Das entscheidet sich aber nicht in Lützerath, sondern bei der Herstellung des Energie-Cocktails. Unwichtig ist der Klimaprotest aber nicht, denn er verpasst der so entscheidenden Mixtur die nötige Würze. Beim abschließenden Blick über die Abrisskante wäre es falsch, mit Scheuklappen auf Lützerath zu schauen. Denn die Klimaschlacht geht weit über die Ortschaft hinaus und betrifft alle – auch Ostbelgier. Wir müssen endlich weg von der Vorstellung, wir könnten ohne Einschränkung endlos so weiterleben – denn das können wir eben nicht, mahnt das GrenzEcho.
Lektionen aus dem Ersten Weltkrieg
L'Avenir beschäftigt sich mit dem Ukraine-Krieg, genauer gesagt mit der blutigen Schlacht um die ostukrainischen Städtchen Soledar und Bachmut: Man fühlt sich erinnert an die Gräuel des Ersten Weltkriegs, an die Abnutzungsschlachten, als Deutsche und Franzosen immer weiter tausende Soldaten verheizten, um irgendwelche Dörfer, Städte oder Hügel zu erobern. Es mag auch stimmen, dass weder Soledar noch Bachmut einen wirklichen strategischen Wert haben. Aber auch hier sollte man vielleicht wieder auf den Ersten Weltkrieg schauen, wo sich gezeigt hat, dass in so einem Krieg die Moral der Truppen der alles entscheidende Faktor sein kann.
In diesem Kontext ist jeder Sieg wichtig – und sei er noch so klein. Der Druck auf die Russen ist hierbei größer nach all den Rückschlägen, die sie bei ihrer Invasion im Herbst schon erlitten haben. Ein erneutes Versagen würde jeden Versuch erschweren, die schon demotivierten Truppen ein weiteres Mal zu mobilisieren. Das bedeutet auch, dass die Ukrainer alles dafür tun werden, die Front zu halten – koste es, was es wolle, analysiert L'Avenir.
Boris Schmidt