"Bolsonaro-Fans stürmen das Parlament in Brasilia", titelt De Morgen. "Die wichtigsten Orte der brasilianischen Demokratie werden von Bolsonaro-Anhängern angegriffen", so die Schlagzeile von La Libre Belgique. De Standaard formuliert es ähnlich: "Anhänger von Bolsonaro attackieren das Herz der brasilianischen Demokratie."
Anhänger des früheren brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro haben gestern auf ihre Art gegen den Machtwechsel in ihrem Land protestiert. Am ersten Januar war Lula Da Silva zum dritten Mal als brasilianischer Präsident vereidigt worden. Er hatte die Wahl gegen den damaligen Amtsinhaber Bolsonaro knapp gewonnen. Bolsonaros Anhänger wollen das aber offensichtlich nicht hinnehmen. Gestern stürmten sie die neutrale Zone, wo sich die wichtigsten Institutionen befinden, und attackierten insbesondere das Parlamentsgebäude und den Präsidentenpalast. "Die Bolsonaristen säen das Chaos", so das Fazit von L'Avenir. Für Le Soir wurde in Brasilien "die Demokratie angegriffen".
20 Jahre Energie-Schleuderkurs
"Die Regierung sucht weiter nach einem Deal mit Engie", schreibt derweil Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Bei den Verhandlungen geht es in erster Linie um die geplante Laufzeitverlängerung der beiden jüngsten Reaktorblöcke Doel 4 und Tihange 3. MR-Chef Georges-Louis Bouchez hatte gestern erklärt, dass sich die Gespräche auf der Zielgeraden befänden. Premierminister Alexander De Croo hatte eigentlich ein Abkommen noch vor Ende 2022 versprochen.
"Und wir warten immer noch", kann Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel nur feststellen. Das verheißt nichts Gutes. Jeder weiß, dass die Regierung hier in einer denkbar ungünstigen Verhandlungsposition ist. Das ist die Folge einer seit Jahrzehnten verfehlten Energie-Politik. Nie hatte man eine wirkliche Vision. Entscheidungen wurden getroffen, um sie einige Jahre später wieder rückgängig zu machen; andere waren schlichtweg falsch. In erster Linie hätte man unsere Energie-Versorgung nie in französische Hände übergehen lassen dürfen. Jedenfalls sind wir jetzt in der Situation, dass wir den Atomausstieg kurz vor knapp rückgängig machen müssen, weil wir die beiden jüngsten Kernreaktoren nötig haben werden, um den Winter 2026/27 zu überstehen. Engie sitzt hier am längeren Hebel. Das wird eine bittere Pille.
Het Nieuwsblad sieht das ähnlich. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Steuerzahler für einen Teil der Zeche aufkommen muss, diese Gefahr ist real. Und das ist eine Folge von 20 Jahren Schleuderkurs in der Energiepolitik. Erst der russische Angriff auf die Ukraine hat der Regierung die Augen geöffnet. Und der französische Konzern Engie ist jetzt in der Position, den Preis in die Höhe treiben zu können. Deswegen geht es bei den Verhandlungen nicht mehr "nur" um die Verlängerung der beiden Reaktor-Blöcke, sondern auch um die Kosten für den Rückbau der Anlagen und für die Endlagerung des Atommülls. Hier sprechen wir von einem stattlichen zweistelligen Milliarden-Betrag. Mit einem Messer auf der Kehle einen Milliarden-Deal aushandeln zu müssen, das ist immer eine heikle Angelegenheit. Erst recht bei leeren Kassen.
15 Prozent der SNCB-Züge verspätet
Wobei Politiker wahrscheinlich eher kurzfristig denken, meint zynisch De Standaard. Zunächst einmal ist es so, dass Premier De Croo unbedingt ein Abkommen braucht. Die Frist, die er sich selbst gesetzt hatte, ist ja schon abgelaufen. Und eigentlich muss er nur dafür sorgen, dass der Deal nicht allzu offensichtlich ungünstig für den belgischen Staat ausfällt. Erstmal ist es nur wichtig, dass das Licht nicht ausgeht. Die potenziell gigantischen Risiken sind technisch sehr komplex; und sie sind für später, für viel später, für eine Zeit, in der niemand mehr so ganz genau weiß, wer Alexander De Croo überhaupt war. Genauso hat die Politik in diesem Land viel zu häufig agiert.
La Libre Belgique beschäftigt sich mit den jüngsten Pünktlichkeitsstatistiken der nationalen Eisenbahn-Gesellschaft SNCB. Die Zahlen sind so schlecht wie lange nicht mehr. Nur rund 85 Prozent der Züge kamen im vergangenen Jahr fahrplanmäßig an ihrem Bestimmungsort an. In den letzten Jahren lag dieser Wert immer über 90 Prozent. Diese Zahlen fallen nicht vom Himmel, glaubt die Zeitung. Das Pünktlichkeitsproblem ist eine direkte Folge der jahrelangen Unterfinanzierung der Bahn. Immer reichten die Geldmittel gerade mal, um den Patienten mehr schlecht als recht am Leben zu halten. Zwar hat noch jeder Mobilitätsminister der SNCB vollmundig mehr Geld versprochen. Der Graben zwischen den Worten und den Taten ist aber nur noch tiefer geworden.
Seit einigen Wochen gibt es nun endlich einen Fahrplan für die Bahn, der konkrete Eckpunkte für die nächsten zehn Jahre umfasst. Hoffentlich ist das endlich der Anfang vom Ende der Probleme bei der Bahn. Wir sind ja noch in der Zeit der Neujahrsvorsätze.
Schneeklassen auf grünen Wiesen
"Macht es noch Sinn, unsere Kinder in Schneeklasse zu schicken?", fragt sich schließlich L'Avenir. Nach zwei Jahren Corona-bedingter Unterbrechung werden in diesem Jahr wieder tausende Schüler busseweise in die Alpen gekarrt. Um was zu sehen? Saftige, grüne Wiesen mit stillgelegten Skiliften. Die meisten Schulen entscheiden sich ja für Skigebiete in mittleren Höhenlagen, weil die Stationen im Hochgebirge zu teuer sind. Entsprechend droht vielen jetzt eine Schneeklasse ohne Schnee und laut Klimaforschern wird sich das Problem in den nächsten Jahren nur noch zuspitzen. Warum also will man weiter beharrlich bei Kindern eine Sportart fördern, die sie bald gar nicht mehr praktizieren können?
Roger Pint