"Putins Krieg ist zurück in Kiew: Tote und Verletzte nach Raketenangriffen auf Ukraine", fasst das GrenzEcho die neue Raketen- und Drohnenkampagne Russlands zusammen. Die wird von vielen als "Rache" für die Beschädigung von Putins Prestigebrücke gesehen, die Russland mit der von Kreml-Truppen besetzten ukrainischen Halbinsel Krim verbindet. "Russland rächt militärische Rückschläge mit Angriffen auf zivile Ziele", titelt De Tijd. "Die Strategie des Terrors", lautet die Überschrift bei La Libre Belgique.
Putin rechtfertigt seinen mörderischen Bombenhagel als "Vergeltung" für den angeblichen Angriff der ukrainischen Geheimdienste auf die Krim-Brücke, resümiert L'Echo. Die Ukrainer und die westlichen Nachrichtendienste versichern aber, dass die russischen Bombardierungen bereits seit Beginn des Monats geplant gewesen sind. Sie scheinen vor allem darauf abzuzielen, die vernichtende und demütigende militärische Niederlage des Kremls zu maskieren.
Die russische Armee, die ja die zweitbeste der Welt sein sollte, befindet sich seit Wochen auf dem Rückzug. Putin erscheint immer mehr als miserabler Militärstratege und wird deswegen immer heftiger kritisiert. Mit jedem Tag wird sein Krieg zerstörerischer und mörderischer für Zivilisten, er spielt durch seine nuklearen Drohgebärden mit dem Überleben des ganzen Planeten, er manipuliert die Gaspreise und provoziert damit eine Wirtschaftskrise, die Haushalte und Firmen trifft. Es ist dringend an der Zeit, ihn zu stoppen, fordert L'Echo.
Der Westen muss sich an die eigene Nase fassen
De Standaard sieht in den Angriffen die Handschrift des neu ernannten russischen Befehlshabers in der Ukraine. Der hat schon in Syrien die Rebellengebiete plattbomben lassen, angefangen bei Krankenhäusern, über Schulen bis hin zu Bäckereien. Fassbomben gegen Kalaschnikows, eine gnadenlos effiziente Strategie. Mit den Ukrainern hat der Kreml aber einen Gegner mit einem ganz anderen Kaliber. Der Einsatz all dieser sündhaft teuren Waffen aus dem stetig schwindenden russischen Vorrat hat nicht den allergeringsten militärischen Effekt auf die Schlachtfelder im Süden und Osten der Ukraine. Putin scheint höchstens den Blutdurst der Hardliner in Moskau vorläufig gestillt zu haben. Dafür hat der Kreml China, seinen letzten Verbündeten, weiter vor den Kopf gestoßen. In der Ukraine selbst hat der blinde Terror gegen zivile Ziele derweil ganz und gar nicht die gewünschte Wirkung. Statt Panik und Angst zu säen, befeuert Putin nur die Entschlossenheit und den Kampfeswillen seiner Gegner, analysiert De Standaard.
Das sieht auch Het Nieuwsblad so: Das neue Blutvergießen wird die Einigkeit des Westens weiter stärken und die ehemaligen Sowjetrepubliken in Zentralasien dazu bewegen, noch weiter auf Abstand zu Putin zu gehen. Die warnenden Töne aus China und auch Indien werden lauter. Beiden kann man aber vorwerfen, indirekt für die Eskalation mitverantwortlich zu sein, weil sie zu spät reagiert haben. Aber auch der Westen muss sich an die eigene Nase fassen. Nicht etwa, weil er gegen Putin vorgeht. Nein, sondern weil das viel früher hätte passieren müssen. Gute Beziehungen zu Moskau aus wirtschaftlichen Gründen waren aber wichtiger als mahnende Worte, giftet Het Nieuwsblad.
Nur Putin kann für Frieden sorgen
Das ukrainische Volk verdient alle Unterstützung, Hilfe und Anteilnahme, die es bekommen kann, kommentiert Gazet van Antwerpen. Die Nato hat bereits Unterstützung versprochen, solange das nötig sei, die Waffenlieferungen an die ukrainische Armee gehen unvermindert weiter. Die Europäische Union wird ukrainische Flüchtlinge mindestens bis 2024 beschützen, die wirtschaftlichen Sanktionen bleiben in Kraft. Das ist der einzig gangbare Weg. Putin hat es so weit getrieben, dass es keine andere Möglichkeit mehr gibt, als diesen Krieg gegen ihn auszufechten. 19 Grad Celsius im Wohnzimmer ist nichts im Vergleich zu dem, was in der Ukraine passiert und was auf dem Spiel steht, unterstreicht Gazet van Antwerpen.
Gezielt ukrainische Zivilisten ins Visier zu nehmen, ist ein ultimatives Eingeständnis von Schwäche, schreibt Het Belang van Limburg. Hinter der neuen Terrorkampagne steckt enorm viel Frustration über den Fortgang des Kriegs. Als Ex-KGB-Offizier sollte Putin doch wissen, dass Terror nur die Entschlossenheit des Gegners stärkt, den Kampf fortzusetzen. Das haben die Briten bei den deutschen Luftangriffen 1940 bewiesen und die Deutschen bei den alliierten Bombenkampagnen 1944-45. Auch die Ukrainer lassen sich jetzt nicht beirren. Der einzige Weg aus diesem Elend ist für sie, den Krieg zu gewinnen. Das kann nur gelingen, wenn wir sie weiter unterstützen, auch mit Luftabwehr, um solche Terrorangriffe zu unterbinden. Wer behauptet, dass zusätzliche Waffen dem Frieden im Weg stehen, der ist naiv. Der Einzige, der für Frieden sorgen kann, ist Putin. Indem er die Ukraine verlässt und diesen sinnlosen Krieg beendet, wettert Het Belang van Limburg.
Jedes verlorene Jahr ist eines zu viel!
Als einzige Zeitung greift Het Laatste Nieuws die föderalen Haushaltsverhandlungen auf: Wenn Premierminister Alexander De Croo heute das Halbrund der Kammer betritt für seine Rede zur Lage der Nation, dann wird er nicht nur über das kommende Jahr sprechen. Er wird auf die nächsten zwei Jahre vorausblicken. Denn 2024 ist ja Wahljahr, dann wird es politisch unmöglich sein, noch ernsthaft Politik zu machen; deswegen müssen beide Jahre jetzt in einem Aufwisch festgeklopft werden.
Wieso nehmen wir so etwas eigentlich klaglos hin? Dass eine Regierung offenbar nicht bis zum Ende ihrer Amtszeit arbeiten kann? Eine Regierung hat eigentlich fünf Jahre Zeit – genug, so sollte man doch meinen, um das Land auf einen besseren Kurs zu bringen. Die Regierung De Croo verlor schon durch die schmerzhaft lange Regierungsbildung anderthalb Jahre. Reformen in einem Wahljahr, das ist dann wieder ausgeschlossen, weil keine Partei elektoralen Selbstmord begehen will. Blieben also noch 2021, 2022 und 2023. Aber selbst für 2023 wollen einige ja nur mit angezogener Handbremse fahren. Als ob sich das unser Land angesichts der zahllosen Probleme und Herausforderungen erlauben könnte! Jedes verlorene Jahr ist eines zu viel!, donnert Het Laatste Nieuws.
Boris Schmidt