"Schlag in Putins Gesicht", titelt Het Nieuwsblad zu einem Foto, das den Brand auf der sogenannten Krim-Brücke nach einer schweren Explosion zeigt. Die Brücke verbindet Russland mit der von Kreml-Truppen besetzten ukrainischen Halbinsel Krim und war eines der Prestigeprojekte des russischen Machthabers. "Neue Ohrfeige für Putin", so auch die Überschrift bei Le Soir. "Krim-Explosion wirft Fragen auf", schreibt das GrenzEcho. Denn auf die Fragen "wer" und ganz entscheidend auch "wie" gibt es trotz zahlreicher Spekulationen bislang keine Antwort.
Die teilweise Zerstörung der Brücke am Samstag versetzt Wladimir Putin in dreifacher Hinsicht einen Schlag, kommentiert Le Soir: Getroffen wurde mit der Explosion ein Symbol seiner angeblichen "Rückeroberung" von Gebieten, getroffen wurde das Land in seinem Herz und getroffen wurde auch seine Militärstrategie. In einem weiteren Kontext bettet sich der Schlag gegen die Brücke ein in die "Dampfwalze", mit der die Ukrainer in den letzten Wochen die russischen Invasoren überrollen. Die Frage, ob wir uns also an einem Wendepunkt des Angriffskrieges gegen die Ukraine befinden, stellt sich weiter – zwischen Anzeichen für einen möglichen ukrainischen Sieg auf dem Schlachtfeld und der panischen Angst, dass Putin zu Atomwaffen greifen könnte, hält Le Soir fest.
Wo bleibt die Weltgemeinschaft im Iran?
De Standaard blickt auf die Proteste im Iran. Vor 40 Jahren kamen die Mullahs an die Macht und haben ein grauenhaftes Regime errichtet. Sie ersetzten eine säkulare Diktatur durch eine religiöse, die vor allem Frauen das Leben zur Hölle gemacht hat. Frauen, aber auch Männer gehen seit Wochen für mehr Rechte und Freiheit auf die Straße. Die Wirtschaftskrise und der Wunsch nach einem menschenwürdigen Leben geben den iranischen Frauen die Kraft, den Polizeikugeln zu trotzen. Es bleibt ein Rätsel, warum die Weltgemeinschaft diese islamische Dystopie bisher geduldet hat. Gegen die Terroristen des IS zum Beispiel konnte ja gar nicht schnell genug eingegriffen werden. Der Westen darf jetzt nicht zögern. Es muss jetzt mehr unternommen werden als gutgemeinte, aber egozentrische Gesten, bei denen sich zum Beispiel Politikerinnen eine Haarlocke abschneiden. Es sind gezielte Sanktionen nötig, die die Führer im Iran treffen. Nur durch anhaltenden internationalen Druck kann der Iran zu einem Land werden, in dem Frauen gleiche Rechte genießen und selbst darüber entscheiden können, ob sie ein Kopftuch tragen wollen, meint De Standaard.
Haushaltsberatungen: schwieriger denn je
Auf nationaler Ebene stehen vor allem die föderalen Haushaltsberatungen im Fokus. Eigentlich müssen die bis spätestens morgen Mittag unter Dach und Fach sein, denn dann wird Premierminister Alexander De Croo vor der Kammer seine Rede zur Lage der Nation halten und dabei den zukünftigen Haushalt vorstellen. Eine Einigung wird wohl die Form eines typisch belgischen Kompromisses annehmen, glaubt La Dernière Heure. Denn die Positionen der Parteien in der Vivaldi-Koalition sind diametral entgegengesetzt. So ein Kompromiss läuft aber Gefahr, die Erwartungen der Bürger zu enttäuschen, die ihre Kaufkraft unerbittlich dahinschmelzen sehen. Die Menschen hoffen verzweifelt darauf, dass die Föderalregierung endlich strukturelle, langfristige Maßnahmen ergreift. Wenn die Regierung nicht endlich handelt, dann wird sie soziale Dramen zu verantworten haben, warnt La Dernière Heure.
Immer mehr Menschen scheinen die Regierungen des Landes als eine Art Hilfsorganisationen zu betrachten, schreibt Gazet van Antwerpen, anstatt eines Teams, das gewählt wurde, um das Land zu steuern. Auch bei den föderalen Haushaltsgesprächen liegen zahlreiche Hilfsanfragen auf dem Tisch, was die Arbeit der Minister nicht einfacher macht. Haushaltsberatungen sind in Belgien seit vielen Jahren eigentlich vor allem nur noch dazu da, Milliarden zu finden, um die Finanzlöcher der Vergangenheit zu stopfen. Meist läuft es auf einen schweren Kampf zwischen Koalitionspartnern hinaus, der mit einem Kompromiss endet, der das Regieren noch schwieriger macht. Jede Regierungspartei muss mit einer Trophäe vom Tisch aufstehen, die sie ihren Wählern präsentieren kann. Und sie wissen alle, dass ein ordentlicher Haushalt viel zu komplex ist, um Wähler verführen zu können. Nach zwei Jahren Coronakrise sind diese Gespräche dann auch schwieriger denn je. Die Regierung wird weder alle ausgestreckten Hände füllen können, noch die enormen belgischen Haushaltslöcher. In puncto zusätzlicher Steuern ist auch kaum Spielraum, die Steuern hierzulande gehören schon zu den höchsten in Europa. Und der Zusammenhalt zwischen den Vivaldi-Partnern ist nicht groß genug, um echte Reformen durchzuführen, so Gazet van Antwerpen.
Eine Gesellschaft muss sich um ihre Jugend kümmern
L'Avenir greift eine neue Studie der König-Baudouin-Stiftung über Obdachlosigkeit unter jungen Menschen auf: Einer von fünf Obdachlosen im Land ist demnach zwischen 18 und 25 Jahren alt. Aber nur drei Prozent dieser jungen Erwachsenen leben sichtbar auf der Straße. 50 Prozent von ihnen leben in verdeckter Obdachlosigkeit, übernachten bei Freunden oder Familienmitgliedern. Diese Menschen brauchen maßgeschneiderte Begleitung. Aber dafür muss dieses unsichtbare Problem sichtbar gemacht werden, müssen die Missstände klar benannt werden. Das ist der einzige Weg, um aus einer Armuts-Verwaltung eine präventive Obdachlosigkeitsbekämpfung zu machen, betont L'Avenir.
Het Nieuwsblad hebt hervor, dass viele dieser jungen Obdachlosen ähnliche Probleme beziehungsweise Werdegänge haben: Sie haben zum Beispiel eine turbulente Jugend in Familien, die finanziell zu kämpfen hatten, hinter sich. Sie hatten Konflikte mit ihrem familiären Umfeld oder ihren Freunden. Sie kämpften mit ihrem Migrationshintergrund. Kaum einer von ihnen hat die Gesellschaft bewusst verlassen, dafür waren sie meist zu jung, als ihr Leben explodierte. Ihr Hintergrund und ihre Lebensumstände haben sie einfach abdriften lassen. Diesen Menschen muss spezifisch geholfen werden. Denn eine Gesellschaft, die ihrem Namen gerecht werden will, muss sich um ihre Jugend kümmern, appelliert Het Nieuwsblad.
Boris Schmidt