"Gipfel setzt Zeichen gegen Putin: Staats- und Regierungschefs treffen sich im Rahmen der 'Europäischen Politischen Gemeinschaft' in Prag", titelt das GrenzEcho. "Das pan-europäische Hochamt zeigt, wie isoliert Putin ist", so der Aufmacher bei De Standaard. "'Das Europa der 44' demonstriert seine Einigkeit gegenüber Putin", schreibt L'Echo.
Das erste Treffen der "Europäischen Politischen Gemeinschaft" am Donnerstag und Freitag in Prag soll ein Signal der Einheit in die Welt senden, schreibt das GrenzEcho in seinem Leitartikel. Dass russische und belarussische Vertreter explizit ausgeschlossen sind, verdeutlicht die Programmatik des Treffens. Nun gilt es festzuhalten, und das zeigt der Ukraine-Krieg in aller Deutlichkeit, dass Austausch und diplomatische Beziehungen unabdingbar sind, um die friedliche Koexistenz auf dem Kontinent zu fördern. Darin liegt denn auch ein Argument für das Treffen in Prag. Zumindest das Signal – und damit die zentrale Intention – stimmt also schon einmal.
Die Bemühungen, mehr als die 27 EU-Mitglieder in die Erwägungen einzubeziehen, sind lobenswert. Dass das Treffen zum Zeitpunkt eines völkerrechtswidrigen Angriffes auf ein europäisches Land stattfindet, umso symbolträchtiger. Und dennoch wird sich der neue Zusammenschluss daran messen lassen müssen, ob er es schafft, Einigungen zu erzielen, die zu konkreten politischen Projekten führen. Ein reiner Debattierklub, der sich auf Einheitssymbolik beschränkt, mag ein warmes Gefühl vermitteln, doch heizt das nicht den Ofen. Und Frieden schafft es erst recht nicht, unterstreicht das GrenzEcho.
Für echte Einheit braucht es viel mehr als nur ein Foto
Die 44 Teilnehmer haben wenig gemein, kommentiert De Standaard: Es sind autokratische Länder dabei, wie die Türkei; Länder, die die europäische Zusammenarbeit zurückgewiesen haben, wie Großbritannien; Länder, die ihre Nachbarländer nicht anerkennen, wie Serbien; manche Länder haben erst kürzlich gegeneinander zu den Waffen gegriffen, wie Armenien und Aserbaidschan. Einigkeit ist also sicher nicht das, was die Teilnehmer der "Europäischen Politischen Gemeinschaft" vereint. Das Einzige, was sie gemein haben, ist, dass ihr Staatsgebiet, im weitesten Sinn, zum europäischen Kontinent gehört. Aber allein, dass die 44 zusammengekommen sind, ist schon ein Erfolg. Das Signal an die Welt ist: Egal, wie unterschiedlich wir sind, wenn es darauf ankommt, dann können wir gemeinsam vorgehen. Je mehr Einigkeit in diesen Zeiten der Polarisierung da ist, desto besser. Besonders jetzt, da Putin versucht, so viel Zwietracht wie möglich zu säen, meint De Standaard.
Einige der 17 Länder, die zusätzlich zu den 27 EU-Staaten in Prag dabei sind, betrachten die neue "Europäische Politische Gemeinschaft" als Vor- beziehungsweise Wartezimmer der EU, merkt L'Echo an. Aber Achtung vor Enttäuschungen: Zwar ist jede Erweiterung der EU von geostrategischem Interesse, gerade angesichts des Verhaltens Moskaus. Aber die EU kann sich nicht vergrößern, ohne ihre heutzutage wenig effiziente Funktionsweise gründlich zu überarbeiten. Das ist nicht nur eine institutionelle Herausforderung, sondern auch eine wirtschaftliche, politische und strategische. Und nicht zuletzt muss Europa auch unbedingt auf die Wahrung und Verteidigung seiner Werte achten, gerade was Demokratie und Menschenrechte betrifft. Heute gegenüber Warschau und Budapest, morgen vielleicht auch schon gegenüber Rom. Die europäische Einheit kann nicht einfach durch ein Gruppenfoto verordnet werden. Angesichts Putins, der Energiekrise und zukünftiger Herausforderungen wird es schon viel mehr brauchen, mahnt L'Echo.
Gaspreis-Deckel: kein Allheilmittel
In Prag findet heute auch das informelle Treffen der 27 EU-Staats- und Regierungschefs statt, erinnert De Tijd. Dabei beugen sie sich auch wieder über die Frage einer Deckelung der Gaspreise in Europa. Belgien plädiert ja schon seit dem Frühling für eine solche Maßnahme, erst gestern legte Premier De Croo in der Zeitung "Financial Times" auch aus, wie ein solcher Preisdeckel funktionieren könnte.
Sicher ist aber, dass eine Begrenzung der Gaspreise kein Allheilmittel sein wird und dass es sich um eine hochkomplexe Angelegenheit mit schwer einschätzbaren Risiken handelt. Ein weit- und tiefgehender Eingriff, der bekannte, schwerwiegende Nachteile eintauscht gegen uns noch unbekannte Nachteile, gibt De Tijd zu bedenken.
Lässt sich die Nationalbank von Wunschdenken leiten?
Het Belang van Limburg greift eine Umfrage auf, die die Nationalbank unter 4.500 Unternehmen des Landes geführt hat. Auf Grundlage der Ergebnisse dieser Umfrage erwartet die Nationalbank eine "kurze und milde Rezession". Eine Nationalbank sollte – nachvollziehbarerweise – keine Panik verbreiten, hält die Zeitung fest. Denn Krisen lassen sich auch herbeireden.
Die Frage ist aber dennoch, inwieweit sich der Gouverneur der Nationalbank hier von Wunschdenken hat leiten lassen. Denn der relative Optimismus, den er ausstrahlt, steht in schrillem Gegensatz zu den Verzweiflungsschreien und Alarmglocken der Arbeitgeber. Sie sehen einen schweren Sturm voraus, eine tiefe Rezession und Arbeitsplatzabbau, denn zu den explodierenden Energiekosten und enorm hohen Rohstoffpreisen komme für die meisten Betriebe ja noch die zentnerschwere Indexierung der Löhne dazu. Ist das einfach eine unterschiedliche Interpretation der gleichen Zahlen? Oder ein Unterschied der Interessen, die verteidigt werden?, fragt Het Belang van Limburg.
Boris Schmidt