"Bedenkliche Praktiken bei Uber enthüllt", schreibt das GrenzEcho. "Die Enthüllungen über die Praktiken von Uber bringen die belgische und französische Politik zum Kochen", fasst La Libre Belgique die Auswirkungen der sogenannten "Uber Files" zusammen. "Die besorgniserregende Komplizenschaft zwischen Pascal Smet und Uber", titelt Le Soir zu den Erklärungsnöten des ehemaligen Brüsseler Vooruit-Regionalministers für Mobilität. "Uber-Lobby fand Verbündeten in Pascal Smet", titelt De Tijd.
Was die Fahrtenvermittler-Plattform Uber da getrieben hat, sind nichts anderes als halbe Mafia-Methoden, kommentiert Het Nieuwsblad. Das Geschäftsgebaren scheint also doch deutlich weniger fein, als uns das Marketing von Uber – und anderer Plattformen der sogenannten "Shared Economy", der "Wirtschaft des Teilens" – immer weismachen wollte. Und in anderen Ländern hat es Uber noch wilder getrieben als in Belgien.
Natürlich ist prinzipiell nichts gegen neue Technologien einzuwenden. Aber dann sollte doch bitte mehr dahinterstecken als hohle, modische Schlagworte wie "Innovation" und "Flexibilität". Und die Politik sollte nicht so blind sein für das, was sich hinter der glänzenden Fassade versteckt. Wenn es zu schön klingt, um wahr zu sein, dann ist es meist auch nicht wahr. Egal, was irgendwelche glatten Lobbyisten in teuren Anzügen erzählen. Wenn die Dienstleistungen dieser Sharing-Plattformen wirklich so viel besser wären als die ihrer Konkurrenten, dann müssten sie sich ja nicht solcher Tricks bedienen. Sondern sie könnten nach den geltenden Regeln spielen – das wäre wirklich mal innovativ, giftet Het Nieuwsblad.
"Schöne neue Welt"
In den meisten Fällen der "Sharing (oder shared) Economy", zu Deutsch Ökonomie des Teilens, hapert es, so wie auch bei Uber, beim Teilen, hält das GrenzEcho fest: Einige wenige, in der Regel die, die die Handelsplattform zur Verfügung stellen, machen den Reibach, eine zweite Gruppe, die Ausführenden, arbeitet oft unter sklavenähnlichen Bedingungen, während der Staat in puncto Steuern nicht selten in die Röhre guckt. Und meistens ist am Ende ein zuvor funktionierender Wirtschaftszweig zugrunde gerichtet. Die Analyse der "Uber Files" zeigt, dass das damalige Uber-Management nicht davor zurückschreckte, legale aber auch absolut illegale Mittel einzusetzen, um seine Ziele zu erreichen.
Man darf aber auch nicht vergessen, dass so etwas nur funktioniert, weil erstens Kunden das Billigangebot gerne annehmen und zweitens schwache Staaten lange Monopole zugelassen haben und jetzt wegschauen oder diese fragwürdigen Plattformen gar mit Sondersteuertarifen in ihr Land locken. Schöne neue Welt, so die bittere Bilanz des GrenzEchos.
Man sollte nicht so naiv sein zu glauben, dass die Praktiken von Uber besonders ungewöhnlich wären, schreibt Le Soir. Aber die Enthüllungen zerren die Praktiken und Fakten dieser sonst so diskreten Welt der Lobbyisten zumindest schonungslos ins grelle Scheinwerferlicht. Wenn es eine Liste mit all den krummen Dingen gäbe, die eine Firma drehen kann, dann dürfte Uber wohl die meisten davon abhaken können: aggressives Lobbying bei der Politik, Einsatz von Privatdetektiven, "Kaufen" von Demonstranten, Infiltration von Behörden, eine Strategie des Chaos, um sich überall breitzumachen. Jede einzelne dieser Praktiken würde schon für sich allein eine juristische Aufarbeitung verdienen. Als Paket zeigen die Praktiken aber vor allem, wie Uber alles seinem Willen unterwerfen will, unterstreicht Le Soir.
Ziemlich spät dran
Das zweite große Thema ist die Frage, ob Russland Europa den Gashahn ganz zudrehen könnte beziehungsweise ob Machthaber Putin nach der aktuellen "wartungsbedingten Abschaltung" der Ostsee-Pipeline "Nord Stream 1" den Hahn tatsächlich wieder öffnen wird: Ab dem Augenblick, als die EU-Staaten wegen des Überfalls auf die Ukraine Sanktionen beschlossen, war nicht mehr die Frage, ob, sondern wann Moskau seine Energiewaffe einsetzen würde, um die Europäer zu schwächen, erinnert La Libre Belgique.
Die Europäische Kommission ist zwar dabei, Pläne auszuarbeiten, um die Union aus der Abhängigkeit von russischem Gas zu lösen, aber leider ist sie damit ziemlich spät dran. Spätestens seit 2014 war klar, dass diese Abhängigkeit die Europäer für Druck aus Moskau verwundbar machte. Einige Länder, wie die baltischen Staaten, haben entsprechend gehandelt und sich vorbereitet. Andere wie Deutschland haben nichts getan und wollten die Abhängigkeit vor dem Angriffskrieg sogar noch vergrößern, kritisiert La Libre Belgique.
Negativbeispiel Deutschland
Deutschland muss mit sich selbst ins Reine kommen nach Jahrzehnten, in denen gute Beziehungen zu Russland als politisches Dogma galten, so De Standaard. Diese politische Haltung hat sich seit dem Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine als grenzenlos naiv erwiesen. Die Folge ist, dass Deutschland vor der größten Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg steht. Selbst die Wiedervereinigung, die die deutsche Wirtschaft ja über viele Jahre hinweg belastet hat, könnte im Vergleich zum Problem der Abhängigkeit vom russischen Gas verblassen. Die Ausgangslage Deutschlands ist denkbar schlecht. Aber zumindest wächst der Wille, dieser Wirklichkeit endlich in die Augen zu blicken, meint De Standaard.
Het Laatste Nieuws kann sich nur an den Kopf fassen: Wie konnte ein Land wie Deutschland seinen Wohlstand nur auf russischem Gas aufbauen, ohne auf seine Versorgungssicherheit zu achten? Vorbild Deutschland? In diesem Fall höchstens ein Vorbild dafür, wie man es nicht macht. Mangelnde Voraussicht ist das, was uns heute den russischen Launen ausliefert. Welchen Preis werden wir dafür zahlen müssen? Aber zumindest läuten mittlerweile in Deutschland alle Alarmglocken. Auch in Frankreich und in den Niederlanden warnen die zuständigen Minister, dass die Russen uns das Gas früher oder später abdrehen werden. In Belgien allerdings scheint man die Bürger noch nicht auf ein solches Szenario einstimmen zu wollen, bemängelt Het Laatste Nieuws.
Boris Schmidt