"Viele Filmstars, ein Präsident", so eine zentrale Überschrift bei Het Nieuwsblad. "Virginie Efira und … Selenskyj, die Stars von Cannes", titelt Le Soir. "Festival von Cannes: Der ukrainische Präsident Ehrengast", liest man auf Seite eins von La Dernière Heure neben einem Foto aus der Videobotschaft von Wolodymyr Selenskyj anlässlich der gestrigen Eröffnung der Filmfestspiele.
Le Soir freut sich in seinem Leitartikel, dass nach zwei Jahren Pandemie in Cannes endlich wieder Filme zelebriert werden. Gerade auch in diesen dunklen Zeiten, wie wir sie gerade erleben. Für Belgien ist das auch eine Gelegenheit, sich selbst im Spiegel zu betrachten – und sich dabei nicht klein, kompliziert, gespalten zu fühlen, sondern stolz! Das muss man hemmungslos feiern, wie auch Olympiamedaillen und die Erfolge der Roten Teufel. Keine Angst, wir werden dadurch weder eingebildet werden noch glauben, dass uns plötzlich alles gelingen wird. Aber mit so vielen Filmen, die in Cannes mit am Start sind, hat Belgien schon jetzt eine Goldene Palme für sein Gesamtwerk gewonnen, findet Le Soir.
Wie "transparent" ist die Landesverteidigung wirklich?
De Morgen kommt ein Jahr nach der Affäre Jürgen Conings auf die Kommunikation der Landesverteidigung zurück: Armeechef Michel Hofman hat gerade erst wieder die Wichtigkeit von Transparenz betont, unterstreicht die Zeitung. Solange es nicht um Geheimnisse geht. Wie etwa die Anzahl belgischer Militärs auf der Liste des Antiterrorstabs OCAM. Oder wie viele ihre Sicherheitsfreigabe wegen Extremismus verloren haben. Oder ob rechtsextremistische Soldaten entlassen oder suspendiert worden sind. Auch der Antiterrorstab OCAM schweigt dazu. Wäre es ein Jahr nach den Ereignissen um Jürgen Conings nicht an der Zeit, offen Bilanz zu ziehen? Auch, um bewerten zu können, ob die seitdem ergriffenen Maßnahmen wirken? Wir verlangen ja keine Namen oder persönliche Details, nur trockene Zahlen. Gerade, weil es um unsere Sicherheit geht, kritisiert De Morgen.
Keine Willkür bei Besteuerung von Übergewinnen
De Tijd greift Pläne auf, die sogenannten "Übergewinne" von Energieproduzenten zusätzlich zu besteuern, also weit über das normale Maß hinausgehende, "exzessive" Gewinne. Durch die Praxis, dass der Preis für Elektrizität von den im Betrieb teuersten Zentralen bestimmt wird, fahren gerade die Betreiber von Atomkraftwerken und Windparks Riesengewinne ein. Wirtschaftlich spricht nichts dagegen, diese Profite umzuverteilen und auf die eine oder andere Art und Weise an die brutal geschröpften Endverbraucher zurückzugeben. Allerdings stellen sich durchaus Fragen bei der praktischen Umsetzung: Ab wann soll die Rede von "Übergewinnen" sein? Wo liegen die Schwellenwerte für die Betreiber von Windparks, Atomkraftwerken oder Gaszentralen? Eine Steuer auf Übergewinne darf nicht willkürlich festgelegt werden. Vielmehr muss sie für alle Technologien gelten – nicht nur für Formen der Energiegewinnung, die aus dogmatischen Gründen in die sprichwörtliche Ecke gestellt werden – wie etwa die Kernkraft. Und auch Energiefirmen, die Mega-Gewinne einfahren, müssen ein Recht haben auf einen stabilen gesetzlichen und steuerlichen Rahmen, fordert De Tijd.
"Beschämend!"
Het Laatste Nieuws beschäftigt sich mit der Lieferung fast abgelaufener medizinischer Hilfsgüter von Belgien an die Ukraine nach dem Beginn des russischen Überfalls: Der FÖD Volksgesundheit schickte in aller Eile Produkte im Wert von fast drei Millionen Euro. Aber schnell stellte sich heraus, dass rund ein Drittel davon schon fast abgelaufen war. Der FÖD und Minister Vandenbroucke behaupten, dass die Ukrainer Bescheid wussten und kein Problem damit hatten. Netter Versuch, aber wenig glaubwürdig. Denn bei einer zweiten Lieferung ein paar Wochen später wurden alte Produkte in letzter Minute wieder aus den Lkws ausgeladen. Dafür gibt es nur ein Wort: Beschämend! Zunächst schickt man als reiches europäisches Land nicht palettenweise alte, fast abgelaufene Hilfsgüter in ein Kriegsgebiet. Der Versuch, die Schuld dafür den Ukrainern in die Schuhe zu schieben ist bezeichnend für die Politik im Land. Der Regenschirm, um bloß nicht nass zu werden, liegt immer in Griffweite. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat schon vor 25 Jahren festgelegt, dass gespendete medizinische Hilfsgüter mindestens noch ein Jahr lang haltbar sein müssen. Das wussten die belgischen Behörden auch, daran gehalten haben sie sich trotzdem nicht. Vielleicht wollte man ja besonders schlau sein: Denn ein beträchtlicher Teil der Hilfsgüter stammt aus dem strategischen Vorrat, der zu Beginn der Corona-Krise angelegt worden ist – und der mittlerweile fast reif für den Mülleimer ist. Wurde der Krieg also als Chance gesehen, das Zeug unauffällig loszuwerden? Handelte es sich um eine einmalige Panne oder ist das symptomatisch für ein viel grundlegenderes Problem mit dem strategischen Vorrat?, fragt Het Laatste Nieuws.
Das GrenzEcho kommentiert den Glasfaserausbau in Ostbelgien: Um den umzusetzen, wird die Deutschsprachige Gemeinschaft mit den Unternehmen Proximus und Ethias zusammenarbeiten. Alea iacta est – jetzt sind also die Weichen dafür gestellt, dass Ostbelgien Anschluss an die Datenautobahn bekommt. Zwar hätte man sich das schon Jahrzehnte früher gewünscht. Doch auch in diesem Fall gilt die Devise: Besser spät als nie. Denn dass Glasfaserkabel Ostbelgien mit der Welt vernetzen werden und wie sie in den Boden kommen, ist alles andere als banal: eine Entwicklung vom Schildbürgerstreich zum Husarenstück, sozusagen, lobt das GrenzEcho.
Boris Schmidt