"Die atomare Bedrohung rückt näher", macht De Morgen zu den neuen Drohungen aus dem Kreml auf. "Angst vor einer neuen Eskalation", titelt Le Soir. "Die Drohungen werden wüster", stellt auch Het Nieuwsblad fest. "'Putins Erpressungsversuchen nicht nachgeben' - Belgische Politiker für Beitritt Schwedens und Finnlands zur Nato", so Het Laatste Nieuws auf Seite eins.
Der erbitterte Krieg, der vor den Toren der EU tobt, wird in den kommenden Wochen wahrscheinlich noch an Intensität und Grausamkeit zunehmen, schreibt das GrenzEcho in seinem Leitartikel. Es wird die wahrscheinlich entscheidende Phase dieses Krieges: Um nicht vollständig sein Gesicht zu verlieren, braucht der Aggressor Putin einen "Erfolg", zumindest im Donbass und am Asowschen Meer. Genau dort stehen aber den russischen Soldaten entschlossene ukrainische Truppen und paramilitärische Organisationen gegenüber. Erst danach werden wohl eine Waffenruhe und ernsthafte und zielführende Friedensgespräche eine Chance haben.
Wenn Frieden aber mehr sein soll als Nicht-Krieg, muss man sich die Frage stellen, welcher Friede für die Ukraine möglich sein wird. Vieles deutet darauf hin, dass die bereits 2014 verletzte territoriale Integrität der Ukraine einen weiteren schweren Schlag hinnehmen müssen wird. Fast seit ihrer Neugründung vor rund 30 Jahren schaut die Ukraine nach Europa. Ob sie jemals ans Ziel ihrer Träume gelangt, ist derzeit mehr denn je fraglich. Auch wenn man dem Land und vor allem seinen Menschen nichts sehnlicher wünschen würde als eine Zukunft in Frieden, Sicherheit und Wohlstand, schreibt das GrenzEcho.
Über Kreuzwege und Kommunikation
L'Avenir greift die Polemik um eine Geste des Vatikans im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg auf: Bei der traditionellen Kreuzwegandacht in Rom haben eine Ukrainerin und eine Russin das Kreuz für ein Stück des Weges gemeinsam getragen. Das hatte im Vorfeld für heftige Kritik vonseiten der Ukraine geführt, die die brutale militärische Aggression Russlands gegen das Land anprangert. Eines Tages werden wir lernen müssen, das wieder aufzubauen, was die Bomben zerstören wollten, gibt L'Avenir zu bedenken. Deshalb sollten wir diesen "polemischen" Kreuzweg am Kolosseum vor allem als eine starke Geste von Papst Franziskus sehen. Eine Geste, die sich eines Tages hoffentlich als prophetisch erweisen wird, so die Zeitung.
Het Laatste Nieuws blickt derweil auf eine Ankündigung von Premierminister Alexander De Croo. Der hatte auf einer Konferenz am letzten Wochenende angekündigt, dass Belgien 800 Millionen Euro für die Ukraine freimachen werde. Belgien werde niemanden im Stich lassen, so De Croo weiter. Damit hat der flämische Liberale dem rechtsextremen Vlaams Belang wieder eine Steilvorlage geliefert, stellt die Zeitung fest. Denn der Belang konnte das leicht so ummünzen, dass dem Premier sinngemäß die Ukrainer wichtiger seien als die eigene Bevölkerung. Zu allem Überfluss war die Kommunikation des Premiers nicht sehr durchdacht. Denn die Hilfe Belgiens stellt sich nuancierter dar, als aus den Worten De Croos unmittelbar ersichtlich. Lediglich 85 Millionen Euro entfallen auf direkte Hilfe an die Ukraine. Der Rest ist reserviert für die hier ankommenden Flüchtlinge. Auch ist unklar, wieviel von diesem Geld letztlich überhaupt benötigt werden wird. Darauf hatte die Staatssekretärin für den Haushalt bereits Ende März hingewiesen. Aber De Croo wollte auf der internationalen Bühne eben Eindruck machen. Als einer von wenigen sprach er bei der Konferenz nicht von tatsächlichen, sondern von möglichen Aufwendungen. Der Vlaams Belang bedankt sich für diesen Gefallen, giftet Het Laatste Nieuws.
Ein entscheidendes Duell
In einer knappen Woche, am 24. April, findet in Frankreich die zweite Runde der Präsidentschaftswahl statt. In einer Stichwahl müssen sich die Franzosen dann zwischen Amtsinhaber Emmanuel Macron und seiner Herausforderin Marine Le Pen entscheiden. Es ist in gewisser Weise eine Neuauflage der letzten Wahl, kommentiert De Standaard. Aber dieses Mal ist der Abstand in den Umfragen zwischen Macron und Le Pen viel kleiner als vor fünf Jahren. Die Kluft ist für Le Pen alles andere als unüberbrückbar. Eigentlich wollte sich Macron möglichst aus dem Wahlkampfgetümmel heraushalten und die Karte des großen politischen Führers in Kriegszeiten spielen. Aber einmal mehr scheint sich der politische Schlagabtausch vor allem um die wirtschaftlichen Probleme des Landes, um den Unmut und die Unzufriedenheit großer Teile der Bevölkerung zu drehen.
Am Mittwoch werden die beiden Kandidaten in ihrer einzigen öffentlichen Debatte aufeinandertreffen, das wird wohl entscheidend für den Ausgang der Wahl werden. Vor fünf Jahren gelang es Macron noch mühelos, Le Pen als unfähig vorzuführen. Dieses Mal wird es um Glaubwürdigkeit in Zeiten einer nationalen Krise gehen. Das kann zugunsten Macrons ausgehen. Garantiert ist das aber nicht, unterstreicht De Standaard.
Die französischen Rechtsextremen waren dem Elysée-Palast noch nie so nahe, hält auch La Libre Belgique fest. Das Duell zwischen Macron und Le Pen ist von entscheidender Bedeutung. Aber obwohl hier so viel auf dem Spiel steht, fragen sich Linke, ob sie am kommenden Sonntag nun wählen gehen sollen oder nicht. Das sei doch wie die Wahl zwischen Pest und Cholera, dröhnen gewisse Linke. Aber wenn man vor der Wahl steht zwischen der braunen Pest und der Cholera, die das Wahlprogramm Macrons also offenbar für sie darstellt, dann müssen sie sich eben für die Cholera entscheiden. Denn der Wahl fernzubleiben, das bedeutet Marine Le Pen in die Karten zu spielen, donnert La Libre Belgique.
Die fundamentale Frage, die es zu beantworten gilt
Le Soir blickt aus einem anderen Grund nach Frankreich, nämlich anlässlich des Assisenprozesses in Paris gegen die mutmaßlichen Terroristen vom 13. November 2015 und ihre Helfer: Im Prozess um die Attentate mit 130 Toten und über 600 Verletzten geht mit den letzten Befragungen der Angeklagten gerade eine wichtige Etappe zu Ende. Der Prozess von Paris wird als Vorbild in Erinnerung bleiben. Die Art und Weise, wie die französische Justiz trotz der Ungeheuerlichkeit der Taten in den letzten sieben Monaten ihre Arbeit getan hat, gereicht der Demokratie und ihren Verteidigern zur Ehre. Die Täter haben versucht, unsere Grundwerte zu zerstören. Die Antwort der französischen Justiz besteht darin, zunächst alles verstehen zu wollen, bevor ein Urteil gefällt wird. Sie weigert sich, sich auf das Niveau der Mörder herabzulassen, die das Leben hunderter Familien zerstört haben.
Im Oktober wird in Haren der Prozess um die Attentate von Brüssel beginnen. Aber das darf nicht einfach eine Neuauflage der Pariser Prozesse werden. Es muss noch weiter gegangen werden, um dem terroristischen Krebs in unseren Gesellschaften und seinen Ursachen auf den Grund zu gehen. Warum gibt es diesen Krebs? Das ist die fundamentale Frage, auf die eine Antwort gefunden werden muss, fordert Le Soir.
Boris Schmidt