"Twitter, die neue Laune von Elon Musk, dem reichsten Mann der Welt", titelt La Libre Belgique. "43.000.000.000 Dollar - Um sagen zu können, was er will, wirft Elon Musk mit Geld um sich", beziffert Het Laatste Nieuws das Übernahmeangebot des bekannten Milliardärs. "Was kann der rebellische Milliardär mit Twitter anfangen?", fragt De Tijd.
Vor rund einer Woche hatte Elon Musk bekanntgegeben, dass er fast zehn Prozent der Anteile des Kurznachrichtendienstes Twitter besitzt, rekapituliert De Standaard. Die Firma soll ihm daraufhin einen Sitz im Aufsichtsrat angeboten haben, was Musk ablehnte. Seit gestern ist bekannt, warum: Er will alles – 43 Milliarden Dollar bietet er, um der unbestrittene Chef von Twitter zu werden. Das ist selbst für Musk eine enorme Summe, die Finanzierung ist alles andere als gesichert. Außerdem betrachtet Twitter Musks Angebot als Versuch einer feindlichen Übernahme und widersetzt sich. Denn Musks Angebot liegt unter dem Wert Twitters von Mitte letzten Jahres.
Die Frage ist aber nicht nur, ob Twitter Musk die Stirn bieten kann. Es ist nämlich auch hinlänglich bekannt, dass Musk nicht damit einverstanden ist, wie Twitter mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung umgeht. Dieses Recht darf für Musk in keiner Weise eingeschränkt werden. Die dauerhafte Verbannung von Donald Trump von Twitter nach dem Sturm auf das US-Kapitol ist Musk deshalb ein Dorn im Auge. Es wird allgemein erwartet, dass er die Sperre Trumps aufheben wird, sobald er Twitter vollständig kontrolliert. Das könnte angesichts der 2024 anstehenden Wahlen in den Vereinigten Staaten sehr wichtig werden. Auch, weil Trumps eigenes Soziales Medium "Truth Social" nicht in Gang kommt, unterstreicht De Standaard.
Hauptziel der Technologieriesen: Geld verdienen
Es bleibt eine offene Frage, wie Musk nach einer Übernahme Twitters das Recht auf freie Meinungsäußerung ausbauen will, kommentiert De Tijd. Nicht nur wegen Trump. Musk hatte in der Vergangenheit schon selbst Probleme wegen seiner Tweets über seine Firma Tesla. Außerdem kontrolliert er ja auch das private Raumfahrtunternehmen "Space X". Mit Twitter würde Musk sein bereits bestehendes Technologie-Imperium also noch weiter vergrößern. Sein neues Vorhaben illustriert auch erneut, dass einige wenige große Spieler den Markt unter sich aufteilen. Spieler, die nach eigenen Regeln und Vorstellungen handeln. Ihr Hauptziel ist das Verdienen von Geld, nicht das Betreiben einer offenen und demokratischen Plattform, erinnert De Tijd.
Die Chance ist doch arg klein, dass sich Musk über Nacht zu einem Philanthropen gewandelt hat, der bereit ist, 43 Milliarden Dollar auszugeben, nur um den Pluralismus zu fördern und um die heilige Meinungsfreiheit zu schützen, meint L'Echo dazu. Das, was Musk verteidigen will, wird sich vollständig an seine persönlichen Interessen anpassen müssen.
Schnelles Eingreifen notwendig
Man muss wirklich kein halber Kommunist sein, um sich angesichts solcher Entwicklungen Fragen zu stellen, schreibt Het Nieuwsblad. Selbst Experten finden, dass der Einfluss und die Macht der Technologiegiganten viel zu groß wird. Deshalb werden beiderseits des Atlantiks die Stimmen lauter, die fordern, die Riesenkonzerne zu zerschlagen. Oder sie doch zumindest besser zu kontrollieren und zu regulieren. Diese Firmen übernehmen kaum Verantwortung für ihre Tätigkeiten und deren Folgen. Auch mit den Monopolen und dem Datenschutz ihrer Nutzer nehmen sie es nicht allzu genau. Es darf nicht mehr lange gezögert werden mit einem entschiedenen Eingreifen, fordert Het Nieuwsblad.
China kann kein Vorbild für den Westen sein
La Libre Belgique befasst sich in ihrem Leitartikel mit der Null-Covid-Politik Chinas beziehungsweise mit den dramatischen Berichten aus der Millionenmetropole Shanghai. Dort versucht die Regierung des Landes seit mittlerweile drei Wochen mit drakonischen Maßnahmen und einem überaus harten Lockdown, einen neuen Corona-Ausbruch unter Kontrolle zu bringen. 25 Millionen Menschen sind in Shanghai de facto eingesperrt, 250.000 bestätigte Fälle gibt es. Darunter allerdings soweit bekannt kein einziger mit einem ernsten Krankheitsverlauf. Der Umgang der kommunistischen Regierung mit dem Ausbruch könnte kaum grausamer und unheilvoller sein. Nachdem ja schon die Reaktion Chinas auf die Ursprünge des Virus höchst zweifelhaft war, kritisiert La Libre Belgique.
Für Xi Jinping und seine kommunistische Partei scheint kein Preis zu hoch, um über die Gesundheit der Bürger zu wachen, analysiert Het Laatste Nieuws. China hält weiter an seiner Nulltoleranz-Politik fest, koste es, was es wolle. Die Chinesen müssen sich also von einem knallharten Lockdown in den nächsten quälen. Seit Monaten. In Dutzenden von Städten. Das zeigt nicht nur, wie falsch eine Null-Covid-Politik ist, zumindest bei einem hohen Impfgrad. Es zeigt auch, wie eisern die Faust Pekings ist. Der Freiheit der Bürger wird kein großer Wert zugemessen. Das ist an sich ja nicht wirklich neu. Aber manche waren – auch hierzulande – bereit, wegen Corona Zugeständnisse in dieser Hinsicht zu machen. China kann kein Vorbild für den Westen sein – auch nicht in Sachen Corona-Politik. Es darf nie als "normal" akzeptiert werden, dass Regime ohne mit der Wimper zu zucken ihre Bürger in Lager sperren und Eltern ihre Kinder wegnehmen. Solche Länder und ihre Unterstützer sind eine schlummernde Gefahr für unsere Demokratie. Chinas Vorgehen unterstreicht einmal mehr: Peking ist zu allem fähig, warnt Het Laatste Nieuws.
Boris Schmidt