"Preise am Immobilienmarkt bremsen ihren Höhenflug", titelt Le Soir. "Immobilienmarkt kühlt sich ab", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. "Immobilienmarkt steht still wegen des Kriegs", schreibt De Standaard auf Seite eins. Die Preise für Häuser und Wohnungen in Belgien steigen zurzeit deutlich langsamer als in den Monaten zuvor. Das ergeben die Zahlen aus dem jüngsten Quartalsbarometer der Notare.
Höhenflug der Immobilienpreise verlangsamt sich
Die Wirtschaftszeitung De Tijd kommentiert dazu: Die aktuellen Zahlen lesen sich wie ein Vorbote einer längerfristigen Abkühlung der Preise auf dem Immobilienmarkt. Das ist tatsächlich nicht ausgeschlossen. Der Krieg in der Ukraine hat auch in Belgien zu Unsicherheit im Hinblick auf die wirtschaftliche Zukunft geführt. Teure Energie und teure Lebensmittel verschlingen einen Großteil des Budgets der Haushalte. Da bleibt dann weniger übrig, um einen Kredit abzubezahlen. Allerdings bleibt der Bedarf an Wohnraum groß. Und bei der zurzeit hohen Inflation ist eine Investition in eine Immobilie eine gute Anlage. Die Preise werden deshalb wohl auch nicht wirklich in den Keller fallen. Das ist auch gut so. Denn der Bausektor muss am Laufen gehalten werden, weil er wichtig für unsere Gesamtwirtschaft ist, erinnert De Tijd.
Pflegeheime teurer, Menschen verschuldet
Zu den Auswirkungen der Inflation notiert Het Laatste Nieuws: Die flämische Regierung hat den Altenheimen erlaubt, ihre Preise dieses Jahr zweimal dem Index anzupassen. Das hatten die Betreiber der Altenheime angefragt, und die Bewilligung dieses Anliegens ist Anfang März erfolgt – völlig geräuschlos. Die Folgen davon sieht man jetzt: Zwischen 100 und 200 Euro steigen die Preise für die Grundversorgung alter Menschen in Altenheimen. Knapp 2.000 Euro muss man im Durchschnitt für ein Zimmer dort bezahlen. Telefon und Fernsehabo sind im Preis nicht drin. Die flämische Interessensvertretung alter Menschen (Vlaamse Oudenraad) hat die Regierung darum gebeten, weniger bemittelten Bewohnern von Altenheimen deshalb zu helfen. Ohne Erfolg. Dass das Leben teurer wird, dafür kann die Regierung nichts. Aber den Schwächsten helfen, das kann die Regierung sehr wohl. Dass sie es nicht tut, ist schlimm, schimpft Het Laatste Nieuws.
L'Avenir bemerkt: Die aktuell hohen Preise sorgen dafür, dass immer mehr Menschen sich verschulden. Sei es ganz klassisch durch Kredite bei Banken, durch Geldleihen bei Familienangehörigen oder gar durch die "stille" Verschuldung, indem man auf die ein oder andere Gewohnheit verzichtet, die bislang zum Leben dazugehört hat. Sogar viele Vollzeitbeschäftigte verdienen nicht mehr genug, um ihren Alltag zu finanzieren. Unsere Entscheidungsträger müssen dieses Problem erkennen und strukturell beheben. Sonst droht nicht nur eine soziale Revolte, sondern eine Revolution, befürchtet L’Avenir.
Ukraine-Krieg: Was kann der Westen noch tun?
De Standaard schreibt: Russlands Präsident Putin hat sich gestern wieder als der starke Mann aufgeführt. Die Sanktionen, die der Westen gegen sein Land verhängt habe, täten Russland kaum weh, würden aber in den westlichen Ländern selbst zu verheerenden Folgen führen, sagte er. Damit hat er sogar teilweise Recht. Doch Putin sollte sich nicht zu früh freuen. Er hat Russland zu einem Land gemacht, mit dem der Westen nichts mehr zu tun haben will. Das könnte langfristig wirken, wie das Beispiel Südafrika zeigt. Der Westen hatte dort das Apartheitsregime boykottiert. 30 Jahre dauerte es, aber dann fiel das Regime. Hoffentlich geht es mit Russland schneller, wünscht De Standaard.
Negativer wertet De Morgen: Die wirtschaftlichen Sanktionen haben den Krieg nicht gestoppt und stoßen an ihre Grenzen. Denn Europa ist zu abhängig von Russland. Was kann der Westen also noch tun? Zumal zu befürchten steht, dass Russland bald auch chemische Waffen einsetzen könnte und damit weiter das internationale Kriegsrecht mit Füßen tritt. Den militärischen Konflikt mit Russland will niemand. Bleibt uns also nur empörtes Zuschauen und Zittern?, fragt ernüchternd De Morgen.
Putin isolieren, statt um Frieden zu betteln!
Het Belang Van Limburg kritisiert den Besuch des österreichischen Bundeskanzlers Karl Nehammer bei Putin und begründet: Über was soll man mit Putin nach dem Massaker von Butscha überhaupt noch reden? Russland wird mit allen Mitteln versuchen, den Krieg für sich zu entscheiden. Daran besteht kein Zweifel. Und dass ein einzelnes Staatsoberhaupt jetzt nach Moskau reist, ist das falsche Signal der EU. Sie sollte geeint und mit harter Hand Putin isolieren. Nur von so etwas lässt sich der Mann beeindrucken. Nicht von einzelnen Staatsoberhäuptern, die um Frieden betteln, ärgert sich Het Belang Van Limburg.
Gazet Van Antwerpen analysiert: Der Westen ist gerade dabei, die Ukraine militärisch weiter aufzurüsten. Doch es ist falsch zu glauben, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland gewinnen könnte. Gegen eine Atommacht, an deren Spitze ein Mann wie Putin steht, kann das nicht gelingen. Der Krieg kann nur beendet werden, wenn beide Seiten das Gesicht wahren können, mit erhobenem Haupt aus der Sache herauskommen. Doch so eine Lösung ist noch lange nicht in Sicht, bedauert Gazet van Antwerpen.
Kay Wagner