"Krieg nun auch an der Energiefront", titelt Het Belang van Limburg. "USA und Großbritannien boykottieren russisches Erdöl", heißt es in der Schlagzeile von L'Echo. "Staatssekretär Mahdi will 'Notdörfer' einrichten, um Flüchtlinge aus der Ukraine unterzubringen", schreibt De Standaard auf Seite eins.
Die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine beschäftigten die Zeitungen auch heute wieder auf ihren Titelseiten und in den Leitartikeln.
De Standaard bemerkt: Die Positionen der westlichen Welt und damit auch der EU radikalisieren sich immer mehr. Noch vor ein paar Tagen stand die Frage im Raum, ob Sanktionen gegen Russland über das Finanzinstrument Swift sinnvoll seien, weil der russische Bankensektor dadurch einbrechen könnte. Mittlerweile diskutiert Europa bereits darüber, die Energielieferungen aus Russland drastisch herunterzufahren. Das ist aber auch verständlich. Denn gegenüber der russischen Dreistigkeit bleibt Europa nichts anderes übrig. Aus dem Kräftemessen zwischen westlichen Werten und der russischen Aggression werden wir nicht als Sieger herausgehen, wenn wir nicht bereit sind, alles zu ertragen, was nötig ist, glaubt De Standaard.
Widerstand – eine mentale Frage
Ähnlich bemerkt L'Echo: Als Europäer sind wir stärker in den Krieg mit eingebunden, als wir anfangs vielleicht geglaubt haben. In der Ukraine geht es auch um die Werte, die sich Europa aufgrund der blutigen Erfahrungen des vergangenen Jahrhunderts auf seine Fahnen geschrieben hat. Widerstand leisten ist dabei zunächst eine mentale Frage, eine Haltung. Daraus muss die Bereitschaft erwachsen, den Gürtel enger zu schnallen, falls es sein muss, meint L'Echo.
Die Schwesterzeitung De Tijd findet: Für die USA ist es einfach, auf den Import von fossilen Brennstoffen aus Russland zu verzichten. Denn die USA beziehen nur relativ wenig Gas und Öl aus Russland. Für die EU sieht das ganz anders aus. Das neue Vorhaben der EU-Kommission, bis zum Ende des Jahres auf zwei Drittel der russischen Gaslieferungen zu verzichten, ist eine gigantische Aufgabe, die fast schon von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, befürchtet De Tijd.
La Libre Belgique verknüpft die Ankündigung der EU-Kommission mit der belgischen Politik und bemerkt: Unsere Politiker sollten sich in ihrem Hickhack um die besten Maßnahmen im Angesicht der aktuellen Energiekrise jetzt in Zurückhaltung üben. Denn als Reaktion auf den russischen Krieg in der Ukraine hat die Europäische Union beschlossen, eine Strategie zu entwickeln, die Europa unabhängiger von russischen Energielieferungen machen soll. Unsere Politiker sollten warten, bis die Vorgaben der EU vorliegen. Sie werden auch richtungsweisend für Belgien sein, weiß La Libre Belgique.
Het Laatste Nieuws stellt fest: Der Krieg in der Ukraine hat Auswirkungen auf die Diskussion um den Atomausstieg in Belgien. Die Grünen haben in der Regierungskoalition jetzt eingelenkt. Um die Energiesicherheit des Landes zu sichern, könnte es jetzt zunächst doch weitergehen mit Atomkraft. Aber wie genau? Nur mit zwei oder mit allen Reaktoren? Das bleibt abzuwarten. Und sicher ist dabei nur eins: Das Hin und Her beim Thema Atomausstieg in Belgien wird weitergehen, mit vielen Pirouetten und Slalomläufen, die manchen Olympiasieger zum Staunen bringen würden, lästert Het Laatste Nieuws.
Flüchtlingskrise: Gute Vorbereitung ist der Schlüssel
Le Soir bemerkt zu den Flüchtlingen aus der Ukraine: Die meisten der bislang bereits zwei Millionen geflüchteter Menschen befinden sich zurzeit in den Nachbarländern der Ukraine. Früher oder später werden sie aber auch in andere EU-Länder aufgenommen werden müssen. Mehrere Hunderte sind schon jetzt in Belgien. Politik und Gesellschaft müssen sich darauf einstellen, dass diese Flüchtlinge eventuell auch lange bleiben. Deshalb muss ihr Empfang jetzt schnell und vor allem gut vorbereitet werden. Denn es ist immer problematisch, wenn Ausländer in einer Gesellschaft aufgenommen werden sollen. Das löst oft negative Reaktionen aus. 2015 haben wir das erlebt, als Flüchtlinge aus Syrien nicht überall mit offenen Armen empfangen wurden. Solche Szenarien sollten sich nicht wiederholen, wünscht sich Le Soir.
Junge Menschen wollen sinnstiftende Jobs
L'Avenir kommentiert zu den jüngsten Zahlen der wallonischen Arbeitsagentur Forem: Noch nie hat es Anfang März so viele offene Stellen in der Wallonie gegeben. Aber es fehlen die Menschen, die bereit sind, die offenen Stellen zu besetzen. Junge Menschen träumen heutzutage nicht mehr davon, Lkw-Fahrer zu werden, Maurer oder Handelsvertreter. Das reicht ihnen nicht. Sie wollen Jobs, die nicht den Ruf haben, "schwer" zu sein. Sie wollen Jobs, die ihrem Leben einen Sinn geben, genügend Zeit neben der Arbeit lassen, flexibel sind und gut bezahlt werden.
Das ist ein Mentalitätswandel, der überall auf der Welt zu beobachten ist, zum Beispiel auch in China. Die Wirtschaft, die gerade händeringend nach Arbeitskräften sucht, wird sich diesem Mentalitätswandel anpassen müssen, schreibt L'Avenir.
Kay Wagner