"Putin geht in die Offensive", titelt La Libre Belgique. "Putin treibt den Konflikt auf die Spitze", so die Schlagzeile von De Morgen. "Ein weiterer Schritt Richtung Krieg", heißt es im Aufmacher von L'Avenir.
Der russische Präsident Putin hat gestern Abend bekannt gegeben, dass er zwei selbsternannte pro-russische Republiken im Osten der Ukraine anerkannt habe. Das russische Militär soll diese Republiken ab sofort unterstützen können. Einige Zeitungen greifen das Thema bereits in ihren Leitartikeln auf.
De Standaard urteilt: Vor den Augen der Welt hat Putin den Rubikon überschritten. Die Anerkennung ist eine deutliche Herausforderung an den Westen. Wird der Westen jetzt ernst machen mit seinen militärischen Drohgebärden und angekündigten, scharfen Sanktionen gegen Russland? Damit ist nicht wirklich zu rechnen. Für die Ukraine will niemand sterben. Die Sanktionen, von denen immer gesprochen wurde, sind eine Schwäche. Schon jetzt sind die westlichen Partner unterschiedlicher Meinung, was wie schnell als Sanktionen verhängt und wie dann mit der neuen Situation umgegangen werden soll. Putin ist auf alles vorbereitet, was Europa und die USA in petto haben. Die westliche Strategie, um Russland im Ukrainekonflikt zu besänftigen, ist gestern kläglich gescheitert, meint De Standaard.
Ist der russische Hunger nicht zu stillen?
Het Belang Van Limburg analysiert: Mit der Anerkennung durch Russland werden die zwei Volksrepubliken im Osten der Ukraine de facto zu Protektoraten von Moskau. Die Frage ist, ob der russische Hunger damit gestillt ist. Es ist allerdings zu befürchten, dass diese beiden Republiken für Putin nicht das Ziel waren, sondern eher das Mittel, um die ganze Ukraine unter russischen Einfluss zu bringen. Eine klare Grenze zwischen Russland und der Ukraine existiert jetzt im Osten nicht mehr. Zwar können die Russen bestreiten, eine Invasion auszuführen. Fakt ist: Vor den Augen der Weltöffentlichkeit infiltrieren sie die Ukraine, um diese mittelfristig weiter zu destabilisieren, glaubt Het Belang Van Limburg.
L'Avenir schreibt: Der Kremlchef weiß nur zu gut, dass er mit diesem Schritt alle Hoffnungen auf Frieden in der Ostukraine zunichtemacht. Seit 2014 haben die Kämpfe dort nicht wirklich aufgehört. Sie werden jetzt intensiver werden. Putin verfolgt dabei einen imperialistischen Plan. Er hat die Zerschlagung der Sowjetunion am Ende des Kalten Krieges nicht verkraftet. Der Kremlchef will die Größe der damaligen UdSSR zumindest teilweise wieder herstellen, zeigt sich L'Avenir überzeugt.
Demokratiemodell und Gasreserven im Zentrum des Konflikts
Die Wirtschaftszeitung L'Echo findet: In diesem Konflikt steht auch das Modell der Demokratie auf dem Spiel. Putin hat nie verheimlicht, dass er von diesem Modell nicht viel hält. Jetzt tritt er den Willen der Ukrainer mit Füßen, die 2019 den Pro-Europäer Selenskyj zu ihrem Präsidenten gewählt haben. Putin benutzt das Gesetz des Stärkeren, um die Ukraine dem westlichen Einfluss zu entziehen. Putin weiß genau, was er tut. Denn wenn die Ukraine einmal unter westlichem Einfluss wäre, könnte sie aufblühen. Wirtschaftlich, vielleicht auch politisch, aber vor allem unter dem Banner der Demokratie. In Russland könnten die Menschen dann neidisch auf die Entwicklung in der Ukraine schauen. Die Idee könnte sich breit machen, dass Demokratie auch in Russland für ein besseres Leben sorgen könnte. Das aber will Putin verhindern, weiß L'Echo.
Die Europäische Kommission möchte die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, Gasreserven für den kommenden Winter anzulegen. Dazu notiert die Wirtschaftszeitung De Tijd: Das ist ein guter Plan. Nicht zuletzt der aktuelle Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zeigt, wie abhängig sich Europa von russischem Gas gemacht hat. Russland setzt das jetzt als Waffe gegen westliche Forderungen ein. Dass Europa energiepolitisch wieder unabhängiger werden möchte, ist zu begrüßen, freut sich De Tijd.
Surrealistische Planung beim Atomausstieg
Het Nieuwsblad berichtet zum Thema Energie: Beim eigentlich doch beschlossenen Atomausstieg scheint sich die Regierung jetzt am Alphabet abarbeiten zu wollen. Nach einem Plan A – Atomausstieg und Gaskraftwerke bauen – und einem Plan B – die zwei jüngsten Atomreaktoren doch weiterlaufen lassen – gibt es jetzt einen Plan C von der OpenVLD. Dieser Plan C kombiniert Plan A und B: Atomausstieg ja, Gaskraftwerke bauen ja, zwei Atomreaktoren weiterlaufen lassen, auch ja. Zur Sicherheit. Man weiß ja nie. Das alles wird langsam surrealistisch. Zumal die Energierechnung für die Bürger mit Plan C wohl am sichersten nicht fallen wird, bemerkt Het Nieuwsblad.
Kinderkrippen – ein längst überfälliges Thema
Het Laatste Nieuws kommentiert zur Diskussion in Flandern über Kinderkrippen: Es musste erst ein sechs Monate altes Baby sterben, damit sich jetzt die flämische Regierung um das Thema Kinderkrippen kümmert. Das war längst überfällig. Denn sie stehen seit langem im Abseits. Gerade bei der Qualität der Krippen wurden zu oft Kompromisse gemacht. Eltern sind froh, überhaupt einen Platz zu bekommen. Dabei geht es um die Jüngsten der Gesellschaft. Sie müssten eigentlich die bestmögliche Betreuung bekommen, erinnert Het Laatste Nieuws.
Kay Wagner