"Das unvollständige Barometer", titelt Le Soir. "Corona-Barometer startet in Stufe Rot", heißt es beim GrenzEcho auf Seite eins. "Barometer startet in Rot und trotzdem kommen Lockerungen", so die Schlagzeile bei Het Belang Van Limburg.
Der Konzertierungsausschuss zur Corona-Lage hat gestern die Einführung eines Corona-Barometers beschlossen. Nächste Woche Freitag soll es starten.
Le Soir findet: Das Barometer ist mal wieder so ein typisch belgischer Kompromiss. Alle können zufrieden sein, alle können etwas kritisieren. Zu loben ist sicher, dass es nach 18 Monaten der Diskussion das Barometer endlich gibt. Dass die Politiker sich gestern noch zusammengerauft haben und dass sie sich mit den Sektoren Veranstaltungen, Kultur und Horeca genau um die Bereiche gekümmert haben, die bislang am stärksten unter den Einschränkungen zu leiden hatten. Zu kritisieren bleibt die Unvollständigkeit des Barometers. Was soll zum Beispiel in einer roten Stufe für Geschäfte, die Arbeitswelt, das allgemeine öffentliche Leben gelten? Das bleibt ungeklärt. Das Barometer könnte bald hilflos wirken, wenn das Virus uns mit neuen Varianten überrascht, befürchtet Le Soir.
Barometer ohne viel Inhalt
De Standaard bemängelt: Im Vorfeld des Barometers war bereits so viel Kritik zu hören gewesen, dass man an dem Beschluss bis zuletzt zweifeln konnte. Letztlich haben sich alle mal wieder zusammengerauft. Aber mit was für einem Ergebnis? Am Ende scheint es so, als ob der Inhalt des Barometers gar nicht mehr wichtig war. Sondern nur, dass man das Barometer endlich hat. Der Sache ist damit nicht gedient. Und natürlich bekommt der Bürger das mit. Dadurch wächst Politikverdrossenheit. In ihrem eigenen Interesse sollten die Politiker versuchen, solche fast inhaltsleeren Beschlüsse, wie den gestern, künftig zu vermeiden, rät De Standaard.
L'Avenir hebt hervor: Das letzte Wort bei allen Entscheidungen wird trotz des Barometers beim Konzertierungsausschuss bleiben. Das ist gut. Denn das ermöglicht flexibles Handeln und Reagieren, wenn es nötig ist. Der gesunde Menschenverstand muss sich nicht einem Schema unterwerfen. Wozu das führt, erleben wir beim Covid-Safe-Ticket. Das sollte ursprünglich dazu dienen, Neuinfektionen zu verhindern. Dieses Ziel hat es nicht erreicht. Heute dient das Covid-Safe-Ticket vor allem dazu, die Menschen zur Boosterimpfung zu treiben. Eine fragwürdige Verwendung, die mit der ursprünglichen Idee nichts mehr zu tun hat, ärgert sich L'Avenir.
Wo ist die Farbe Grün?
Het Laatste Nieuws meint: Premierminister Alexander De Croo gab sich gestern alle Mühe, das Corona-Barometer als eine enorme Leistung darzustellen. Doch schauen wir den Tatsachen ins Auge: Das Barometer kommt zu spät. Kaum jemand hat zurzeit noch Angst vor Corona. Das ist bei der aktuell grassierenden, aber weitgehend harmlosen Omikron-Variante durchaus verständlich. Unverständlich bleibt deshalb, warum das Barometer nur die Farben rot, orange und gelb hat. Und nie auf grün springen kann. Grün hätte anzeigen können: Alles ist in Ordnung. So ein Signal brauchen alle. Und zwar möglichst bald, weiß Het Laatste Nieuws.
Het Nieuwsblad beobachtet: Jetzt haben wir also das Barometer. Im Parlament soll über die Impfpflicht debattiert werden. Die Politiker fordern das letzte Wort bei Entscheidungen. An sich ist das gut. Aber all diese Dinge kommen zu spät. All diese Dinge hätten schon zu Beginn der Pandemie so sein sollen. Sie jetzt mit hohem Kraftaufwand nachzuholen, ist wenig sinnvoll. Diese Energie sollte auf die Gestaltung der Zukunft gerichtet werden, um die wieder neu gewonnene Freiheit zu gestalten, wünscht sich Het Nieuwsblad.
Energie – alles sollte neu geordnet werden
Die Wirtschaftszeitung L'Echo notiert zum Thema Energie: Angesichts der großen Energiekrise mit enorm hohen Preisen für Strom und Gas hat unsere Föderalregierung gestern mal wieder versagt. Statt endlich Maßnahmen zu ergreifen, um die Energierechnungen erträglicher zu gestalten, hat sie sich vertagt. Was nach ersten Hilfen aber auf jeden Fall grundsätzlich gemacht werden müsste, ist, das gesamte System der Energieversorgung zu überdenken und neu zu ordnen. Zum einen müssen die Rechnungen transparenter und fairer werden. Zum anderen müssen Wege gefunden werden, wie Belgien unabhängig vom Ausland seinen eigenen Energieverbrauch decken kann. Ansätze dazu sind vorhanden. Sie müssen zur Reife weiterentwickelt werden, fordert L'Echo.
Die Schwesterzeitung De Tijd schreibt zum Säbelrasseln von Putins Russland an der Grenze zur Ukraine: Die Situation wird immer bedrohlicher. Mittlerweile stehen über 100.000 russische Soldaten an der Grenze zur Ukraine. Die Drohgebärde ist unübersehbar. Europa und die USA ziehen nicht an einem Strang, um dem etwas entgegenzusetzen. Putin spielt damit. Er weiß auch, dass die Europäer allein kaum in der Lage sein würden, militärisch irgendetwas gegen eine Invasion in der Ukraine zu tun. Denn die meisten EU-Staaten haben Investitionen in Rüstung jahrzehntelang vernachlässigt. Belgien gehört dazu. Unser Heer ist eine Lachnummer. Die ganze Situation sollte Europa wachrütteln: Mehr Einigkeit und mehr Investitionen ins Militär ist das, was wichtig wäre, findet De Tijd.
Kay Wagner