De Tijd meint, jetzt sind die Bürger gefordert. Denn die Quarantäne-Politik wurde gelockert, die Maßnahmen wurden nicht verschärft.
Weniger Vorschriften bedeutet auch mehr Verantwortung für die Bürger. Das ist ein neuer und guter Ansatz, meint die Zeitung. Damit diese Strategie funktioniert, müssen die Belgier aber bereit sein, sich für das Gemeinwohl einzusetzen und sich an die Regeln zu halten. Die Regierung gibt uns ein Stück Freiheit zurück, meint die Zeitung. Fällt das Ergebnis enttäuschend aus, wird man uns dieses Stück Freiheit wegnehmen. Lassen Sie uns diese Chance nicht verspielen, so De Tijd.
Die neue Herausforderung heißt Omikron, meint De Morgen. Eine abwartende Haltung wäre falsch. Klüger wäre es, weitere Regeln wie Kontaktbeschränkungen vorzusehen, zumal die Test- und Quarantäne-Vorschriften gelockert werden. Das ist zwar unangenehm, meint die Zeitung, aber es wäre ein Schritt nach vorn. Wir können jetzt nur hoffen, dass die Regierungen uns nicht in eine frühere, dunkle Ära zurückwerfen, indem sie die kalkulierbaren Risiken erhöhen.
Solidarität verlangt, aber nicht vorlebt
Auf der Pressekonferenz nach der ersten Sitzung des Konzertierungsausschusses wird Premier De Croo uns heute zweifellos erklären, dass wir in unsicheren Zeiten leben und dass der Handlungsspielraum gering bleibt, schreibt Het Laatste Nieuws. Er wird uns auffordern, vorsichtig zu bleiben. Was wir heute wahrscheinlich nicht hören werden, ist ein bescheidener Rückblick auf den katastrophalen letzten Monat. Wie erfrischend wäre es, wenn Alexander De Croo und Konsorten öffentlich zugeben würden, dass sie am Ende des Jahres großen Mist gebaut haben. Im Chor zu hören, dass es doch nicht sein kann, dass alle am Tisch die Schließung des Kultursektors gutheißen und im Nachhinein keine Verantwortung dafür übernehmen wollen - und obendrein Innenministerin Verlinden nach der Entscheidung des Staatsrates alleine in die Arena der Demütigung zu schicken, obwohl sie von den Bürgern Solidarität verlangen und keine vorleben.
La Dernière Heure kritisiert die Lockerungen der Quarantäne-Vorschriften, besonders für Geimpfte. Die Politik hätte besser daran getan, Vorsicht walten zu lassen, meint die Zeitung. Denn auch Dreifachgeimpfte könnten das Virus übertragen und ungewollt dazu beitragen, dass der Wolf in den Schafstall gerät.
Stigmatisierung anstatt Beruhigung und Vernunft
Emmanuel Macron will die Franzosen nerven. Mit seiner Aussage hat der französische Präsident Öl ins Feuer gegossen, schreibt Le Soir. Die hartnäckige Weigerung von fünf Millionen Franzosen sich impfen zu lassen, verärgert alle, die schon lange verstanden haben, dass die Impfung die beste Lösung ist. Aber musste Macron sich so krass ausdrücken? Damit erhärtet er die Fronten in der Gesellschaft. Die Gewalt hat bereits ihren Höhepunkt erreicht. Dutzende Politiker werden mit dem Tode bedroht. Es ist zu befürchten, dass solche Äußerungen den Hass noch verschärfen. Provozieren und stigmatisieren - das ist eine wahltaktische Strategie, meint L'Avenir. Damit begibt sich Macron aber auf das Niveau eines Eric Zemmour oder einer Marine Le Pen. Die Aussagen Macrons sind riskant und kritikwürdig, besonders weil die Gesellschaft mehr denn je Beruhigung und Vernunft braucht.
US-Republikaner zu einer zynischen politischen Maschine
La Libre Belgique kommentiert die Folgen des Sturms auf den US-Kongress am 6. Januar vergangenen Jahres. Ein Sturm, den Donald Trump damals gebilligt, ja provoziert hat. Trumps Popularitätswerte sanken. Das ist heute anders. Sein Einfluss auf die Republikaner scheint stärker denn je. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass die meisten republikanischen Abgeordneten sich geweigert haben, in der Untersuchungskommission mitzuwirken, die die Verantwortlichkeiten nach dem Sturm auf das Kapitol klären soll. Die Republikaner wollen die Parlamentswahlen im November gewinnen. Dafür sind sie bereit, den 6. Januar zu verharmlosen und so zu tun, als sei an diesem Tag nichts geschehen. Trump hat seine Partei in eine zynische politische Maschine verwandelt, kritisiert De Standaard. Längst nicht alle Republikaner sind inhaltlich auf Trumps Seite, doch nur wenige wagen es, sich zu äußern und die werden zum Ausgang getrieben. Sie schweigen und wollen ihre persönlichen Karrieren in Trumps Kielwasser fortsetzen. Düstere Aussichten für die Demokratie.
Chantal Delhez