"Fünfte Welle droht, Testzentren zu überspülen", warnt Het Belang van Limburg. "Omikron stellt Testkapazität infrage – Risikokontakte werden möglicherweise bald nicht mehr getestet wegen zu schneller Ausbreitung", titelt De Morgen. "Quarantäne muss gelockert werden: Schneller Vormarsch zwingt Regierung zu neuen Maßregeln", meldet Het Nieuwsblad.
Die Corona-Pandemie hört nicht auf, die politisch Verantwortlichen vor teuflische Dilemmas zu stellen, kommentiert De Morgen. Wegen der hochansteckenden Omikron-Variante wird es unmöglich, weiter alle Verdachtsfälle zu testen. Damit besteht aber die Gefahr, dass ein Teil des Infektionsgeschehens unter dem Radar bleibt. Strengere Quarantäne-Regeln könnten hier Abhilfe schaffen. Aber dadurch könnten durch Personalausfälle essenzielle Bereiche lahmgelegt werden. Lockert man die Quarantäne-Regeln aber, wird das epidemiologische Risiko noch größer. Es ist nicht einfach, den richtigen Weg zu finden – oder besser gesagt den am wenigsten schlechten. Noch besser wäre es in jedem Fall, Ansteckungen gleich bestmöglich zu vermeiden. Etwa durch bessere Belüftung in Schulen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln. Aber hier stellt man bei den Verantwortlichen leider noch immer eine abwartende Haltung fest, kritisiert De Morgen.
Zeit für einen vorsichtigen Schritt vorwärts
Wir dürfen nicht anfangen, die Schutzmaßregeln auszuhöhlen, bevor wir den Ausgang aus dieser Gesundheitskrise tatsächlich erreicht haben, warnt Het Nieuwsblad. Diesen Fehler haben wir bereits öfter begangen. Aber die aktuellen Regeln für Tests und Quarantänen müssen dennoch angepasst werden an die neuen Erkenntnisse über die Omikron-Variante. Unterbleibt das, dann laufen wir Gefahr, dass unsere Gesellschaft in den kommenden Wochen unsanft zum Stillstand kommen könnte, weil zu viele Menschen zu Hause bleiben müssen – inklusive so wichtiger Bereiche wie Gesundheitswesen, Schulen und Vertrieb. Corona bleibt ein Minenfeld, in dem jeder Schritt zurück zu einer offeneren Welt gut überlegt sein will. Aber wenn wir irgendwie mit dem Virus leben wollen, dann scheint jetzt der Augenblick, einen vorsichtigen Schritt vorwärts zu machen, meint Het Nieuwsblad.
Die richtigen Fragen stellen
De Standaard greift den Streik in den Gefängnissen auf, der sich gegen Personalmangel und die Überbelegung der Haftanstalten richtet: Vincent Van Quickenborne ist nicht der erste und vermutlich auch nicht der letzte Justizminister, der sich wegen der Zustände in den Haftanstalten mit einem Streik des Gefängnispersonals konfrontiert sieht. Dieses Problem schleppt das Land bereits seit 20 Jahren mit sich herum. Gute Ideen und Initiativen gab es in all dieser Zeit schon viele, aber sie haben keine Lösung des grundsätzlichen Problems gebracht. Die eigentlichen Fragen sind nämlich nie wirklich gestellt worden: Wie hält man Menschen aus den Gefängnissen und aus der Kriminalität heraus? Was wollen wir eigentlich mit Gefängnisstrafen erreichen? Wie sinnvoll ist es, Menschen für immer längere Zeit wegzusperren? Kurze Strafen werden nicht vollstreckt, deswegen werden immer strengere - sprich: längere - Strafen verhängt. Vielleicht sollten Parlament und Minister anfangen, darüber nachzudenken und nicht nur zusätzliche Matratzen in die Zellen legen, empfiehlt De Standaard.
Es darf nicht nur darum gehen, neue Gefängnisse zu bauen, fordert Het Laatste Nieuws. Es muss darum gehen, den Insassen besser dabei zu helfen, einen Weg zurück in die Gesellschaft und ins Leben zu finden. Viele Menschen haben schon ein Rückfahrtticket, wenn sie das Gefängnis verlassen. Es ist kein einfaches Problem, auch weil das Schicksal von Kriminellen für viele Menschen keine sonderliche Priorität genießt. Aber das sollte den Staat nicht davon abhalten zu handeln. Es geht nicht darum, den Gefangenen Luxuszellen zu bauen oder sie in Watte zu packen. Im Gegenteil: eine Strafe muss eine Strafe bleiben. Aber etwas würdevoller, als sein Essen auf der Toilette sitzend einnehmen zu müssen, darf es schon sein, wettert Het Laatste Nieuws.
Kompromiss- und Realpolitik
Für viel Wirbel im In- und Ausland sorgt derweil weiter die Debatte um die sogenannte "Taxonomie", also die Kriterien der Europäischen Union für nachhaltige - also klimafreundliche - Investitionen. Wenn es nach der Europäischen Kommission geht, bekommen Gas und Kernkraft also bald ein grünes Label, resümiert Het Belang van Limburg. Die Union will bis 2050 vollständig klimaneutral werden. Gleichzeitig begreift man aber immer mehr, dass Europa unbedingt strategische Autonomie braucht: Die EU muss innerhalb ihrer Grenzen zum Selbstversorger werden, anstatt für die Verteidigung auf die Vereinigten Staaten, für die Migration auf die Türkei und für Energie auf Russland angewiesen zu sein. Beide Ziele hängen miteinander zusammen, führen aber nicht notwendigerweise zu den gleichen Schlussfolgerungen. Sie erfordern aber jeweils eine ausgeklügelte Politik. Ideologische Grabenkämpfe sind hier nicht hilfreich. Natürlich scheint es auf den ersten Blick seltsam, Technologien, die radioaktiven Abfall beziehungsweise CO2-Ausstoß verursachen, einen grünen Stempel zu verpassen. Deswegen sind Umweltaktivisten ja auch dagegen. Der Vorschlag der Kommission ist ein Paradebeispiel für europäische Kompromisspolitik. Dieser Begriff hat oft eine negative Konnotation, aber es ist nicht immer schlecht, die Kirche im Dorf zu lassen. So halten wir uns Optionen für die Zukunft offen, denn mit Prinzipien lässt sich vorerst noch kein Strom erzeugen, stichelt Het Belang van Limburg.
Europa entscheidet sich mit seiner Taxonomie auch für Realpolitik und Realitätssinn, unterstreicht De Tijd. Es steht vollkommen außer Frage, dass Europa voll auf erneuerbare Energien setzen muss. Aber bis der Bedarf vollständig so gedeckt werden kann, ist es noch ein langer Weg. Auch, weil der Bedarf in den kommenden Jahren nur weiter zunehmen wird. Zwischenzeitlich können Gaszentralen Abhilfe schaffen. Allerdings haben die vergangenen Monate gezeigt, wie prekär und teuer die Gasversorgung Europas werden kann. Deswegen ist es vernünftig, die Atomkraft nicht zu verbannen. Sie garantiert, dass Europa bei seiner Energieversorgung autarker ist. Das reduziert die Abhängigkeit vom Ausland und die Gefahr, zum geopolitischen Spielball zu werden, so De Tijd.
Boris Schmidt