"Weihnachten scheint in trockenen Tüchern, für die Zeit danach sieht es schlechter aus", schreibt De Standaard auf Seite eins. "Corona-Selbsttests, um die Festtage zu retten", titelt Le Soir. "Die Impfpflicht – Vandenbroucke prescht vor", so der Aufmacher von La Dernière Heure.
Verschiedene Themen rund um die Corona-Lage in Belgien prägen die Titelseiten und Kommentarspalten der Zeitungen. Im Zentrum steht dabei die Sitzung des Konzertierungsausschusses, der heute Nachmittag über neue Maßnahmen im Kampf gegen das Virus beraten wird. Kurz vor den Festtagen spekulieren die Zeitungen, wie stark die Feierlichkeiten durch neue Einschränkungen betroffen sein könnten.
De Morgen bedauert in seinem Kommentar die Politiker, die die Entscheidungen treffen müssen. Die Zeitung erklärt: Entscheidungen können am besten auf Grundlage von klaren Informationen und Fakten getroffen werden. Das gibt es zurzeit nicht. Alles, was man weiß, ist: Die aktuellen Corona-Zahlen sind rückläufig, aber die Omikron-Variante ist auch schon bei uns angekommen. Was Omikron genau für Belgien bedeutet, weiß noch keiner. Nur, dass es huge, also "riesig" sein soll – was immer das auch heißen mag. Die Aufgabe der Politiker besteht darin, eine Omikron-Katastrophe zu vermeiden, ohne dass die Bevölkerung den Mut verliert. Den Damen und Herren Politkern kann man bei ihren Beschlüssen heute nur ein gutes Händchen wünschen, meint De Morgen.
Eingeklemmte Weihnachtsgans
Het Nieuwsblad hat sich mit den Vorschlägen befasst, die das wissenschaftliche Expertengremium den Politikern mit auf den Weg gegeben haben. Dazu schreibt die Zeitung: Die Vorschläge der Wissenschaftler sind zwar kein Bombenhagel wie in den Niederlanden. Aber trotzdem eine Stalinorgel. Also ein Maßnahmenkatalog, der in alle Richtungen schießt und überall jemanden treffen wird. Bei genauerem Hinsehen ist da viel Unsinn bei. Diesen Ratschlägen zu folgen wäre wenig sinnvoll. Vielmehr sollten wir einfach etwas gelassener bleiben. Denn aktuell ist die Lage ja noch nicht schlimm. Maßnahmen vorbereiten, falls die Omikron-Welle tatsächlich kommt, das sollten die Politiker tun. Damit im Fall der Fälle jeder schon im Voraus weiß, was dann zu tun ist. Mit der hohen Zahl an geimpften Personen und der laufenden Booster-Kampagne ist Panik und wildes Herumschießen kontraproduktiv, kritisiert Het Nieuwsblad.
Le Soir analysiert: Da liegt also die Weihnachtsgans, eingeklemmt zwischen sinkenden Corona-Zahlen und der drohenden Omikron-Welle. Was ist zu tun? In der Eigenverantwortung der Bürger könnte die Lösung liegen. Verzicht auf wilde Feten und unverantwortliche Partys, stattdessen etwas mehr Selbstdisziplin, um sich und seine Liebsten zu schützen: Viele Belgier – das zeigen Umfragen mehrerer Universitäten – sind dazu bereit. Kostenlose Selbsttests würden diesen Elan fördern. Die Bob-Kampagne gegen Alkohol am Steuer hat das gezeigt. Eine ähnliche Kampagne – lustig und volksnah – für Corona-Selbsttests wäre eine prima Sache und würde vielen helfen, findet Le Soir.
Impfpflicht durch die Hintertür? Bitte nicht!
La Dernière Heure beschäftigt sich mit dem Vorschlag des föderalen Gesundheitsministers Frank Vandenbroucke, das Covid-Safe-Ticket künftig nur noch Bürgern auszustellen, die vollständig gegen Corona geimpft sind. Die Zeitung kommentiert: Vandenbroucke will aus dem "Covid-Safe-Ticket" ein "Impf-Safe-Ticket" machen. Künftig könnte man vollständig geimpft sein müssen, um in eine Bar, ein Museum oder ins Kino gehen zu dürfen. Eine solche Maßnahme wäre eine indirekte Impfpflicht. Noch ist es nicht so weit, aber die Idee steht im Raum. Davon kann man halten, was man will. Eins ist klar: Bevor eine Impfpflicht beschlossen wird, muss das Thema breit und vor allem im Parlament offen diskutiert werden. Eine Impfpflicht einzuführen, ohne die grundlegenden Spielregeln der Demokratie zu beachten, wäre ein schwerwiegender Fehler, urteilt La Dernière Heure.
Ähnlich La Libre Belgique, die schreibt: Die Forderung nach einer Impfpflicht ist nachvollziehbar, aber gleichzeitig eine hoch sensible Angelegenheit. Und das gerade auch, weil die Gräben zwischen den Impfbefürwortern und Impfgegnern mittlerweile sehr tief sind. Eine Entscheidung in dieser Frage muss in aller Transparenz herbeigeführt werden. Das Parlament dabei mit einzubeziehen ist gleichsam eine Pflicht. Sollte das nicht passieren, würde sich die Spaltung der Gesellschaft nur noch weiter vergrößern, sorgt sich La Libre Belgique.
Krieg vor den Toren von Europa
Statt einer Impfpflicht schlägt das GrenzEcho vor: Die Menschen schützen, die Schutz brauchen und sich schützen wollen, sollte das Gebot der Stunde sein, statt Personen hinterherzurennen, die tatsächlich weniger gefährdet sind oder das zumindest glauben. Wer sich bis jetzt nicht hat impfen lassen, dürfte längst um die Gefahren wissen, denen er sich aussetzt. Wenn man gleichzeitig weiß, dass der bisherige Schutz nicht (mehr) vor einer Erkrankung schützt, sollte es nicht allzu schwer fallen, die richtigen Prioritäten zu setzen, glaubt das GrenzEcho.
L’Avenir beschäftigt sich mit dem Säbelrasseln von Russland an der Grenze zur Ukraine und führt aus: Während sich Europa auf den erneuten Kampf gegen Corona konzentriert, hat Wladimir Putin den Ton verschärft. Die Gefahr einer russischen Militärinvasion in der Ukraine wird immer größer. Zehntausende russische Soldaten stehen an der Grenze bereit. Eine aufeinander abgestimmte Antwort des Westens fehlt bislang. Ein neuer Krieg steht vor den Toren von Europa, fürchtet L’Avenir.
Kay Wagner