"Millionen Euro in Brottüten versteckt", so die große Überschrift bei Het Belang van Limburg. "'Selbst der Fußballbund hat mitgemacht'", schreibt Het Laatste Nieuws. "'95 Prozent der Vorstandsmitglieder, mit denen ich zusammengearbeitet habe, waren korrupt'", hat Het Nieuwsblad ein anderes Zitat des Spielervermittlers Dejan Veljkovic auf seiner Titelseite. Der Kronzeuge in einem der größten belgischen Fußballskandale hat gestern in einem aufsehenerregenden Fernseh-Interview erstmals öffentlich ausgepackt beziehungsweise vor allem auch ausgeteilt.
Dejan Veljkovic wird als Kronzeuge seiner Strafe großteils entgehen, kommentiert Het Belang van Limburg. Obwohl er Millionen an Schwarzgeld verteilt hat, obwohl er Spiele manipuliert hat. Dass er sich jetzt als Opfer hinstellt und auch noch versucht, mit einem Buch Geld aus der Affäre zu schlagen, das wirft zumindest Fragen auf. Aber man sollte trotz aller spektakulären Behauptungen Veljkovics aufpassen: Nicht jeder Schiedsrichter, Makler, Trainer oder Vorstandsmitglied ist schuldig. Genau deshalb müssen die echten Kriminellen so schnell wie möglich getackelt werden, fordert Het Belang van Limburg.
Wachsamkeit und Wendigkeit
Die meisten Leitartikel beschäftigen sich jedoch mit der Corona-Pandemie: Die Omikronvariante zieht am Horizont heran wie eine dunkle Gewitterwolke, schreibt De Tijd. Es kann sehr gut sein, dass die Variante schon während der kommenden Festtage hierzulande so richtig zuschlägt. Wachsamkeit und Wendigkeit werden auch jetzt die beste Strategie sein. So viele Daten über die Variante wie möglich müssen so schnell wie möglich gesammelt und analysiert werden. Dann muss eine Marschrichtung festgelegt, Entscheidungen getroffen und zügig umgesetzt werden. Ganz essenziell ist aber, sich gegebenenfalls schnell anzupassen. Je schneller man sich bewegt, desto wendiger muss man beim Bewegen durch unbekanntes Terrain sein, mahnt De Tijd.
De Standaard beschäftigt sich ebenfalls mit den Maßnahmen im Kampf gegen das Virus: Nach zwei beziehungsweise drei Impfrunden ist die bittere Realität, dass Impfen allein keine Lösung ist. Im Gegenteil, der voreilige Glaube in einen totalen Schutz war die Verlockung, unsere sozialen Kontakte auszubauen. Dafür haben wir in den vergangenen Wochen den Preis bezahlt. Die neuen Kontaktbeschränkungen und die Rückkehr der Mundschutzmasken haben den Druck auf die Krankenhäuser wieder sinken lassen, aber die neuesten Zahlen aus Südafrika, Großbritannien, Norwegen und Dänemark lassen keinen Raum für Nachlässigkeit. Wir müssen die Boosterkampagne so stark wie möglich ankurbeln. Aber auch darüber hinaus braucht Belgien dringend einen Plan für das Jahresende, damit der Omikronvariante nicht der rote Teppich ausgerollt wird, appelliert De Standaard.
Das muss schneller gehen!
Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat schon am Donnerstag grünes Licht für eine Verkürzung der Wartezeit vor der Booster-Dosis gegeben, erinnert Het Laatste Nieuws. Diverse Experten, die unsere Politiker beraten, haben auch keine Einwände gegen so ein Vorgehen und haben das auch bereits gesagt. Andere Länder wie Frankreich und Dänemark haben so bei ihren Impfkampagnen schon einen Gang höher geschaltet. Worauf wartet man also hierzulande? Nun, noch auf eine Empfehlung des Hohen Gesundheitsrates.
Wissenschaftliche Empfehlungen sind sicher wichtig und richtig, aber wir unterstellen mal, dass die EMA nicht aus totalen Idioten ohne entsprechende Fachkenntnisse besteht. Vertraut Belgien der EMA also nicht oder ist das Ganze von so einem nationalen Interesse, dass Dutzende eigene Experten befragt werden müssen und darauf gewartet werden muss, bis die sich auf einen Kompromiss einigen? Wenn Politiker nationale Empfehlungen von "unseren" Wissenschaftlern wollen, dann muss das schneller gehen! Besonders, wenn schon so viel Vorarbeit von ihren Kollegen und Experten andernorts geleistet worden ist. Danach steht nämlich noch die Einigung der Politiker an. Die Zeit ist in dieser Pandemie unser Feind. Genauso wie schwerfällige Entscheidungs-Prozeduren, wettert Het Laatste Nieuws.
Eine Frage der Prioritäten
Ganz anderes Thema bei Gazet van Antwerpen: Im neuen Sicherheitsplan von Innenministerin Annelies Verlinden und Justizminister Vincent Van Quickenborne ist der Kampf gegen Steuerbetrug nicht mehr explizit als eine der Hauptprioritäten aufgelistet. Das sorgt insbesondere bei den grünen und sozialistischen Koalitionspartnern für höchst erboste Reaktionen. Angesichts der zahlreichen Steuerskandale und dem Ziel, dass der Kampf gegen Steuerbetrug in dieser Legislatur eine Milliarde Euro in die Staatskasse spülen soll, ist ihre Wut nachvollziehbar.
Das Kabinett Verlinden verweist darauf, dass die Prioritätenliste nur dazu diene, bestimmte, oft neue Entwicklungen besonders hervorzuheben. Das bedeute aber nicht, dass die Polizei nicht wie gewohnt gegen Steuerbetrug vorgehen werde. Das mag ja sein, es ist aber dennoch keine gute Idee, diesen Kampf mit so einem symbolischen Schritt etwas in den Hintergrund rücken zu lassen, kritisiert Gazet van Antwerpen.
Het Nieuwsblad gibt sich überrascht: Der Kampf gegen Steuerbetrug soll im vorherigen Sicherheitsplan eine Top-Priorität gewesen sein? Die Betrüger werden wohl nicht viel davon gemerkt haben. Es wird nur selten ermittelt und meistens führt das dann zu nichts und ganz sicher nicht zu einer Verurteilung. Verjährung wegen zu großer Komplexität ist der oft vorhersagbare Ausgang. Diese Vernachlässigung ist ein kapitaler Fehler. Wir leben in einem System, das von allen besonders viel Solidarität verlangt. Das funktioniert nur, wenn jeder seinen fairen Beitrag leistet. Nicht, wenn die Reichen viel Geld an Steuerberater bezahlen, um noch viel mehr Geld an Steuern nicht zahlen zu müssen. Wenn es der Regierung wirklich ernst ist, dann muss der Kampf gegen Steuerbetrug auch auf der Prioritätenliste stehen. Das allein reicht aber nicht, wie die vergangenen Jahre beweisen, wettert Het Nieuwsblad.
Boris Schmidt