"Mundschutzmaskenpflicht: Sehr geteilte Meinungen an den Schultoren", titelt Het Belang van Limburg. "Lieber Heimunterricht als Mundschutzmaske", greift Het Nieuwsblad erboste Reaktionen flämischer Eltern auf. "Mundschutzmasken für Sechsjährige? Vor allem ein Problem für die Erwachsenen", so eine Überschrift bei De Standaard.
Für La Dernière Heure sind die Bilder maskierter Grundschüler grausam. Damit eine Maßnahme effizient sein kann, muss sie nicht nur angewandt, sondern auch verstanden und akzeptiert werden. Die politisch Verantwortlichen haben sich beim letzten Konzertierungsausschuss für die schlechteste aller Lösungen entschieden, denn die Kinder tragen keine Schuld an der epidemiologischen Situation. Für Eltern scheint hier eine rote Linie überschritten worden zu sein. Wir haben gerade weder die Zeit noch die Mittel für eine politische Krise, aber eines Tages sollte die Regierung Rechenschaft ablegen müssen, donnert La Dernière Heure.
Die Antwort liegt immer auf der Hand
Manche Eltern drohen, ihre Kinder eher zu Hause zu lassen, als die Maskenpflicht zu akzeptieren, kommentiert Het Belang van Limburg. Kein Problem, so lange sie wie vorgeschrieben sicherstellen, dass die Kinder unterrichtet werden. Andere Eltern drohen, ihre Kinder vorsätzlich ohne Maske in die Schule zu schicken. Als ob die Direktoren und Lehrer nicht schon genug andere Probleme hätten. Belgien ist doch nicht das einzige Land der Welt, in dem kleine Kinder Mundschutzmasken tragen. In Spanien und Italien ist das schon lange so. Auch in Deutschland sind die Masken kaum abgenommen worden. Und da wird nicht so gemeckert. In diesem Land aber schon, denn Maulen wird belohnt, wer sich beklagt, darf oft die Richtung bestimmen. Egal um welche Maßregel es geht, egal wie klein sie ist, Widerstand ist garantiert. Politiker, die sich davor fürchten, sind Schoßhunde und keine Führer. Die Experten hatten empfohlen, die Schulen zehn Tage zu schließen, um das Virus zu bremsen, die Politik hat das abgelehnt. In den Schulen zirkuliert das Virus zwei Mal so schnell wie anderswo. Warum sollten wir dort also nicht eingreifen?, fragt Het Belang van Limburg.
Kinder wegen der Maskenpflicht nicht in die Schule schicken zu wollen ist Unsinn, giftet Het Laatste Nieuws. Das ist etwas für Eltern mit den entsprechenden Mitteln und Netzwerken. Sie wollen irgendwelche Prinzipien verteidigen auf Kosten der Kinder. Denn sie versagen ihnen so den Kontakt mit Freunden und Klassenkameraden, ein möglichst normales Schulleben fern von Muttis Schürze. Die Entscheidung zwischen Maske oder keine Schule ist keine Wahl zwischen Pest und Cholera. Die Antwort liegt immer auf der Hand, auch für die Lernkurve: die Maske, meint Het Laatste Nieuws.
Wissenschaftlich betrachtet ist die Maßregel richtig, hält Gazet van Antwerpen fest. Komplett unbegreiflich sind die emotionalen Reaktionen mancher Eltern aber nicht. Und es stimmt, dass der Kampf gegen das Virus so zum Teil auf die Schultern der Kinder abgewälzt wird. Wir tun das vor allem, weil wir keine andere Wahl haben, wenn die Schulen nicht geschlossen werden sollen. Und weil es viel schlimmere Dinge gibt, als eine Maske zu tragen, resümiert Gazet van Antwerpen.
Eine gute Idee und eine Zombie-Idee
De Morgen befasst sich mit dem nächsten heißen Eisen, der Impfung von Kindern. Diese Frage wird immer dringlicher, gerade auch angesichts der Omikron-Variante, die wenig Gutes verheißt. Ungeimpfte Kinder sind aktuell ein großes Reservoir, in dem das Virus gut gedeihen kann. Die Kinder selbst erkranken zum Glück nicht oft schwer, aber sie können das Virus ungewollt weiterverbreiten. Legt man dieses Reservoir trocken, dann deicht man damit die Epidemie ein. Natürlich gibt es gewisse Einwände, aber insgesamt scheint es eine ziemlich gute Idee zu sein. Solange es auf freiwilliger Basis geschieht, damit zweifelnde Eltern nicht in die Arme der Impfgegner getrieben werden. Auf diese Weise können die Impfzahlen einen kräftigen Schub bekommen, was wiederum allen zugutekommen würde – Jung und Alt, unterstreicht De Morgen.
Het Nieuwsblad kommt zurück auf die verschiedenen neuen Vorstöße für ein "Corona-Barometer". Diese Zombie-Idee hat ungefähr so viel Aussicht auf Erfolg wie beim letzten Mal, meint das Blatt. Und das wissen auch die betreffenden Politiker, die jetzt so tun, als ob sie das Ei des Kolumbus entdeckt hätten. Bisher war es noch jedes Mal so, dass sie letzten Endes nicht bereit sind, die Zügel aus der Hand zu geben. Und das ist in gewisser Hinsicht nicht einmal verkehrt. Denn es ist die Aufgabe der Politiker, schwierige Abwägungen zu machen und Verantwortung zu übernehmen. Muss die Corona-Politik objektiver, beständiger und logischer werden? Absolut! Aber dafür müssen die Politiker schon selbst sorgen, ein Barometer wird dieses Problem nicht für sie lösen, so Het Nieuwsblad.
Nicht zu früh feiern
Le Soir greift den gestrigen nationalen Aktionstag der Gewerkschaften auf: Allzu beeindruckend war das nicht. Dazu kommen noch die Einschränkungen durch das Lohnnormgesetz und die Urteile gegen die FGTB-Autobahnblockierer. Es geht der Gewerkschaftsbewegung nicht gut, das stimmt. Die Arbeitgeber, die Regierung und die Justiz setzen ihr seit Jahren zu. Ihre Kritiker reiben sich schon die Hände. Sie sollten ihren Sieg aber nicht zu früh feiern. Zum einen haben die Gewerkschaften erneut ihre Widerstandskraft bewiesen. Zum anderen sollten sie sich auch eines vor Augen halten. Ohne Gewerkschaften, die die Wut der Arbeitnehmer in geordnete Bahnen lenken und sie in strukturierte Forderungen übersetzen, könnte sich der Unmut in Form von Gewalt Bahn brechen. Dabei würde niemand gewinnen. Und ganz sicher nicht die Demokratie, gibt Le Soir zu bedenken.
Boris Schmidt