"Gesundheitswesen: Wieviel Personal ist geimpft? Deutliche regionale Unterschiede", schreibt das GrenzEcho. "In den Wohn- und Pflegeheimen der Hauptstadt bleiben die Impfzahlen beim Personal unterdurchschnittlich – Experten befürchten 'tickende Zeitbombe' in Brüssel", titelt De Morgen. "Pflegepersonal: 53 Prozent der Ungeimpften sind Wallonen", hebt L'Avenir hervor.
Mit der Veröffentlichung der Impfzahlen in den Pflegeeinrichtungen wird der Druck auf die Impfverweigerer erneut erhöht, kommentiert Het Nieuwsblad. In keinem anderen Sektor ist der Ehrgeiz so groß, eine möglichst vollständige Impfung zu erreichen. Zurecht: Wer für Menschen sorgt, die sehr gefährdet sind, sollte kein Risiko eingehen.
Der föderale Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke hat erneut betont, dass der Impfgrad als eine Art Qualitätslabel gelten sollte. In jedem Fall sollte das Bewohner und Patienten beruhigen, dass sie keinen unnötigen Risiken ausgesetzt werden.
Dennoch ist Vorsicht geboten, denn diese Transparenz droht, schlummernde Spannungen zu befeuern. Schlussendlich ist die einzige Lösung die Pflichtimpfung für Menschen, die in diesem Sektor arbeiten. Leider lässt diese weiter auf sich warten. Aber sowohl unter den Gesichtspunkten der Sicherheit und auch der Lebensumstände kann es gar nicht schnell genug gehen, mahnt Het Nieuwsblad.
Brüssel – schon wieder Sorgenkind
Wenn es landesweit zu einer Impfpflicht für das Gesundheits- und Pflegepersonal kommt, dann ist das in gehörigem Maß die Schuld des Brüsseler Pflegepersonal, so De Morgen. In Flandern liegt der Impfgrad des Personals in Krankenhäusern und Pflegeheimen deutlich über 90 Prozent. In der Wallonie bewegt er sich um die 80-Prozentmarke, aber in der Hauptstadt hat sich noch immer ein Drittel des Personals nicht impfen lassen.
Brüssel ist also schon wieder das Sorgenkind. Die politisch Verantwortlichen der Region werden vollkommen zurecht kritisiert für ihr mangelndes Gefühl der Dringlichkeit. Das sieht man auch am Hickhack und den neuen Verzögerungen bei der Einführung des Covid-Safe-Tickets. Schon wieder geben die Brüsseler Behörden damit implizit das Signal, das ein niedriger Impfgrad ja nicht so schlimm ist, kritisiert De Morgen.
"Perfekter Sturm" und "Game Changer"
Viele Zeitungen befassen sich aber vor allem mit der Preisentwicklung: "Energie schon wieder teurer: Gaspreis in die Höhe geschossen", so eine Überschrift bei Gazet von Antwerpen. "'Wir erwarten den ganzen Winter hohe Energiepreise'", zitiert Het Laatste Nieuws den Verband der belgischen Gas- und Sromfirmen. "1,65 Euro pro Liter – Dieselpreis auf Rekordhoch", meldet De Morgen.
Der Gaspreis in Europa hat sich in rund einem Monat verdoppelt. Auch Rohöl wird immer teurer. Und auch der Preis für Steinkohle steigt und steigt, fasst De Tijd in ihrem Leitartikel zusammen. Allmählich kann man wirklich von einer Energiekrise sprechen. Woran liegt das? Das ist auch eine Folge einer Kombination eher zufälliger Faktoren: Gas- und Ölproduzenten, die die Hähne nicht voll aufdrehen wollen, höhere CO2-Abgaben, das Hamstern der Energielieferanten, die Angst haben vor einem Energiemangel im Winter.
Mit einem entsprechenden politischen Willen kann diese Energiekrise bezwungen werden – allerdings könnte das schmerzliche Einschränkungen und ein Zurückschrauben der Klimaziele notwendig machen. Aber die nächste Energiekrise kommt bestimmt. Mittel- und langfristig ist die große Herausforderung, dass die Welt ausreichend Energie hat und zwar zu akzeptablen Preisen. Wer jetzt erzählt, dass schon wieder alles in Ordnung wird, der erzählt Lügen, wettert De Tijd.
Auch Le Soir spricht von einem "perfekten Sturm", der zur Explosion der Preise geführt hat. Diese Entwicklung ist aber vor allem ein echter "Game Changer", also ein Element, das herkömmliche Denk- und Handlungsmuster grundlegend verändert. Erstens werden die geopolitischen Karten neu gemischt: Die Macht Russlands als zentraler Gasversorger vervielfacht sich.
Zweitens kann die Preisentwicklung Einfluss auf den Energiewandel haben. Drittens vergrößern sich die Ungleichheiten in der Gesellschaft und verschlimmert sich die Situation der Menschen, die eh schon die Schwächsten sind. Viertens steigen auch die Ausgaben des Staats, zum Beispiel für das Heizen der Schulen und anderer Gebäude oder auch für die Beleuchtung.
Und schließlich werden Wirtschaft und Industrie die höheren Energiepreise an ihre Kunden weitergeben, was wiederum die ohnehin schon problematische Inflation weiter befeuern wird. Manche europäische Länder versuchen zumindest, einzugreifen, aber Belgien scheint gelähmt. Und eine Änderung ist nicht in Sicht. Der Verbraucher wird allein gelassen mit seiner Angst vor den Rechnungen. Eine Angst, die immer größer wird, je näher der Winter rückt, meint Le Soir.
Der Anfang des Endes Belgiens?
Ganz anderes Thema bei La Libre Belgique: Wird die Föderalregierung der Wallonie finanziell unter die Arme greifen, um beim Wiederaufbau nach den Überschwemmungen zu helfen? Das ist zumindest, worauf die wallonische Regierung hofft.
Aber Premierminister Alexander De Croo hält sich in dieser Hinsicht sehr bedeckt. Sein Schweigen ist fast schon beschämend, gerade weil die Zeit drängt. Falls De Croo sich nicht zu so einer Hilfe durchringen kann, kann er sich dann wirklich noch als Premierminister aller Belgier präsentieren? Denn wenn die Föderalregierung sich nicht in der Lage sieht, angesichts einer Katastrophe solchen Ausmaßes, Solidarität zu zeigen, dann könnte das der Anfang des Endes Belgiens sein, warnt La Libre Belgique.
La Dernière Heure greift neue Zahlen über die Sprachwahl wallonischer Schüler auf: Nur noch 32 Prozent entscheiden sich für Niederländisch – so wenig wie nie. Andererseits entscheiden sich 64 Prozent für Englisch, ein Rekord. Hier sollte man sich schon fragen, warum das so ist.
Gerade, weil Niederländisch nach wie vor beruflich ein großes Plus ist. Es gibt zweifelsohne auf beiden Seiten der Sprachgrenze Misstrauen und Böswilligkeit, was Gift für das Zusammenleben ist. Und das ist bedauerlich: Nicht nur aus pragmatisch-wirtschaftlichen Gründen, viel mehr ist das Erlernen des Niederländischen auch ein Ausdruck des Wunsches, den anderen zu verstehen. Den anderen, mit dem zusammen die Geschichte unseres Landes geschrieben worden ist, unterstreicht La Dernière Heure.
Boris Schmidt