"Belgien-Italien – Viertelfinale 21 Uhr: Bereit für den Kampf", so die große Überschrift bei La Dernière Heure über einer martialischen Fotomontage der Roten Teufel als Gladiatoren. Dieses Bild hat auch Het Nieuwsblad vor Augen: "Gladiatoren in der Arena – Rote Teufel können gegen Italien Geschichte schreiben", liest man hier unter einem Foto der belgischen Fußballnationalmannschaft über der Allianz Arena. "Zittern um Hazard und De Bruyne", legt aber das GrenzEcho den Finger in die offensichtliche Wunde.
Sommerurlaub zwischen Vorsicht und Hindernissen
Während die Titelseiten ganz im Zeichen der heutigen EM-Begegnung stehen, beschäftigen sich die Leitartikel mit diversen anderen Themen. La Dernière Heure etwa blickt auf den Sommerurlaub: Es gibt immer Dinge, die wir beim Packen nicht vergessen sollten, dieses Jahr ist aber natürlich eines am wichtigsten: Ein "Covid Safe"-Nachweis beziehungsweise ein frischer negativer Coronatest. Seit der Aufhebung der meisten Beschränkungen Anfang Juni hat sich eine gewisse Euphorie der Belgier bemächtigt – viele haben Lust, endlich wieder zu verreisen. Aber der Sommer kündigt sich mit Risiken an. Und wir können nur hoffen, dass das kein tödlicher Sommer wird und dass er nicht zu Ernüchterungen bei der Rückkehr führen wird. Die Impfkampagne bleibt unsere beste, ja eigentlich unsere einzige Bastion gegen das Virus. Außerdem kann keine Rede davon sein, das Ganze so leichtsinnig und unverantwortlich laufen zu lassen wie im letzten Sommer. Wir müssen vorsichtig bleiben und genau drauf achten, was die anderen tun, auch wenn wir trotzdem einen schönen Urlaub wünschen, so La Dernière Heure.
Het Laatste Nieuws setzt andere Prioritäten: Natürlich müssen wir aufpassen, dass wir keine Varianten mitbringen oder verbreiten. Aber nach anderthalb Jahren wieder zwei PCR-Tests und zehn Tage Quarantäne einzuführen, wie es der Hohe Gesundheitsrat fordert, fühlt sich übertrieben an. Mehr als vier Millionen Belgier sind schon vollständig geimpft, sieben Millionen haben den ersten Pieks bekommen und es geht im Eiltempo weiter. Muss es also wirklich so drastisch sein? Nicht jeder kann seinen Urlaub flexibel nehmen. Und jetzt sollen die Menschen, die sich vor einem Monat für das sicherste Reiseziel entschieden haben, mit zehn Tagen Quarantäne bestraft werden? Das darf man den erschöpften und gequälten Belgiern nicht mehr antun. Nicht im jetzigen Stadium. Wir dürfen nicht noch mehr Hindernisse auftürmen und die Menschen entmutigen, in den Urlaub zu fahren. Denn deren gibt es schon genug, schreibt Het Laatste Nieuws.
Fakten statt abstrakter Diskussionen
Le Soir befasst sich mit den lauter werdenden Forderungen nach einer Impfpflicht für Menschen im Pflegesektor: Je nach Region haben sich in Belgien zwischen einem Fünftel und einem Drittel dieser Personen absichtlich nicht impfen lassen. Können wir uns das erlauben angesichts der Gefahr der Virusvarianten und mancher Länder, die ihre Lockerungen schon wieder einkassieren? Der gesunde Menschenverstand sagt natürlich "Nein", aber hier kommt es dann unmittelbar zu einem Konflikt mit den fundamentalen persönlichen Freiheiten. Warum sollte etwa das Pflegepersonal anders behandelt werden als normale Bürger? Für die letzte, entscheidende Schlacht gegen das Virus brauchen wir Pflegekräfte, die genauso leidenschaftlich pflegen wollen wie sie keine Vektoren für die Krankheit werden wollen. Dafür empfiehlt sich eine prinzipielle Verpflichtung zur Impfung, die aber von Botschaften begleitet wird, die das Verantwortungsgefühl der Betroffenen wecken. Fakten statt unverständlicher und abstrakter Diskussionen – das ist effizienter als Erpressung am Arbeitsplatz, meint Le Soir.
Het Nieuwsblad blickt in die Hauptstadt: In Brüssel öffnet erstmals seit 40 Jahren ein öffentliches Freibad. Es ist zwar nicht groß, aber immerhin gibt es endlich wieder eins. Das ist nicht nur eine gute Nachricht für Brüsseler, sondern auch für diverse Naherholungsgebiete in anderen Landesteilen, in die die Brüsseler Jugend sonst ausweichen muss. Es geht hier aber nicht nur um Mängel in der Hauptstadt, sondern um eine allgemeingültige Lehre, die wir überall im Land aus der Coronakrise ziehen sollten: Junge Menschen brauchen öffentliche Orte, um sich zu treffen. Gibt es die nicht oder zu wenig, dann müssen sie kommen, fordert Het Nieuwsblad.
Fehlendes Dringlichkeitsgefühl
L'Avenir zieht Parallelen zwischen der Coronakrise und der Klimakrise: Wir haben in der Pandemie lernen müssen, dass es Signale gibt, die uns warnen, bevor die Alarmstufe überschritten worden ist. Und wir mussten lernen, dass es sehr schnell zu spät sein kann. Die Hitzewelle in Kanada, Temperaturrekorde in der Antarktis, die Hungersnot in Madagaskar, hierzulande die Tornados und sintflutartige Regenfälle, die in Minuten Häuser überfluten. Das sind keine Indizien mehr oder Elemente einer wissenschaftlichen Vorführung, um Klimaskeptiker zu überzeugen. Wir brauchen keine weiteren Beweise mehr zu sammeln, wenn etwas gerade vor unseren Augen passiert. Etwas anderes hat uns Corona aber auch gelehrt: Eine Krise kann als Beschleuniger wirken, um Verhaltensweisen zu ändern. Wer weiß also, hofft L'Avenir.
Auch für De Morgen ist das, was gerade in Kanada passiert, ein Weckruf. Die Klimaerwärmung führt dazu, dass das Wetter immer launischer wird und es immer extremere Temperaturausreißer gibt. Panik bringt aber nichts, wir müssen einen kühlen Kopf bewahren. Denn es gibt viele Dinge, die wir selbst in der Hand haben, um die Auswirkungen zu mildern. Gerade Städte müssen als sogenannte "Hitzeinseln" viel tun, denn sie speichern die Wärme besonders lang. Auch Alten- und Pflegeheime müssen mehr tun, um gefährdete Bewohner besser zu schützen. Und für den Fall der Fälle muss auf höherer Ebene ein Katastrophenplan bereitliegen. Es gibt zwar viele diesbezügliche gute Vorsätze und Ankündigungen, aber es mangelt an einem echten Dringlichkeitsgefühl. Bis auch wir eines Tages unter einer Hitzeglocke aufwachen werden, warnt De Morgen.
Boris Schmidt