"Nicht zu stoppen", titelt Het Belang van Limburg. "Lukaku – Tore und Emotionen", so die Schlagzeile von L'Avenir. "Lukaku – Der Törjäger mit dem großen Herz", schreibt La Dernière Heure auf Seite eins.
Viele Zeitungen kommen auf ihren Titelseiten noch einmal zurück auf den Sieg der Roten Teufel am Samstag in ihrem EM-Auftaktspiel. Gegen Russland gab es ein deutliches und souveränes 3:0. Stürmer Romelu Lukaku hat gleich zwei Mal getroffen. Sein erstes Tor hat er spontan dem Dänen Christian Eriksen gewidmet. Der war zwei Stunden zuvor auf dem Feld mit einem Herzstillstand zusammengebrochen.
Eriksen konnte zum Glück noch auf dem Feld wiederbelebt werden. Dass Romelu Lukaku sein Tor seinem Kollegen gewidmet hat, das heben viele Zeitungen besonders hervor. "Zwei Tore, aber seine Botschaft an Christian Eiksen war am allerschönsten", schreibt etwa Gazet van Antwerpen. "Seine schönste Aktion", so auch die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. "Ein Killer vor dem Tor, aber ein warmer Mitspieler", so formuliert es Het Laatste Nieuws.
Ein wahrer Kapitän verdient unser aller Respekt
Der Held des Tages war aber der dänische Kapitän Simon Kjaer, ist La Dernière Heure überzeugt. Mehr noch: Der Mann verdient es eigentlich, zum Mann des Turniers gekürt zu werden. Es war Simon Kjaer, der nach dem Zusammenbruch von Christian Eriksen sofort reagiert und erste Hilfe geleistet hatte. Damit hat er dafür gesorgt, dass wertvolle Sekunden gewonnen wurden und dass die herbeigeeilten Ärzte schnell wiederbelebende Maßnahmen einleiten konnten. Christian Eriksen konnte letztlich "zurückgeholt" werden. Was für eine Erleichterung! Gleich wie die Karriere von Eriksen weitergeht: Vielen Dank an Simon Kjaer!
De Morgen sieht das genauso. Simon Kjaer ist seiner Kapitänsbinde mehr als gerecht geworden. So mancher Laie denkt vielleicht, hier handele es sich nur um eine Art "Anführerbändchen", das anzeigt, wer von den elf Spielern der Leithammel ist. Am Samstag haben wir gesehen, welch lebenswichtige Rolle ein Kapitän spielen kann. Als sein Mitspieler Christian Eriksen zusammenbrach, behielt Simon Kjaer einen kühlen Kopf. Er konnte verhindern, dass Eriksen seine Zunge verschluckte und half damit höchstwahrscheinlich, dessen Leben zu retten.
Danach versammelte er die Mannschaftskollegen, damit die mit ihren Körpern einen Blickschutz errichteten, um Eriksen abzuschirmen vor den Kameras und den Photographen. Und als Eriksens Freundin in Tränen auf das Spielfeld lief, war der Kapitän der erste, der sie tröstete. Es mag viele Situationen geben, in denen man an der Menschheit (ver)zweifeln kann. Aber die Art und Weise, wie Kapitän Simon Kjaer am Samstag reagiert hat, verdient unser aller Respekt.
"Rückkehr des Multilateralismus"
Auf vielen Titelseiten sieht man aber auch den amerikanischen Präsidenten Joe Biden. "Biden ist in Brüssel angekommen", schreibt Het Nieuwsblad lapidar auf Seite eins. "US-Präsident Biden zu Gast in Brüssel", so auch das GrenzEcho. "Die Biden-Show hat begonnen", so die Schlagzeile von Le Soir. Joe Biden ist am Sonntagabend in Brüssel angekommen. Am Montag wird er an einem NATO-Gipfel teilnehmen. Am Dienstag sind unter anderem Gespräche mit den Spitzenvertretern der EU geplant.
"Biden ist in Brüssel, um Trump vergessen zu machen", meint La Libre Belgique. Denn, in der Tat: Nach den Trump-Jahren, die von Spannungen geprägt waren, erhofft man sich jetzt eine Normalisierung der transatlantischen Beziehungen. Ein Versprechen namens Biden, so formuliert es La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Die letzten beiden Jahre waren nicht besonders erfreulich, was die internationalen Beziehungen angeht. Am 9. Juni 2018 war endgültig der Wurm drin, als Donald Trump beim G7-Gipfel in Kanada die Tür zuschlug und seine Unterschrift unter der Abschlusserklärung verweigerte. Diesmal herrschte beim G7-Gipfel zwar auch nicht immer Friede, Freude, Sonnenschein, man kann aber von einer "Rückkehr des Multilateralismus" sprechen, um es mit den Worten von Angela Merkel zu sagen.
Die Anwesenheit von Joe Biden in Brüssel bei EU und NATO ist ein weiteres Indiz dafür. Zugegeben: Joe Biden wird sich nicht besonders anstrengen müssen, um die Seite seines albtraumhaften Amtsvorgängers umzublättern. Donald Trump, der die NATO als unnütz und die Europäische Union als verächtlich empfand. Es wäre aber schön und wichtig, dass man es nicht bei Symbolen und der Fassade belässt und eine neue Ära der Zusammenarbeit einläutet, die diesen Namen wirklich verdient.
Biden will nach eigenen Worten die Überlegenheit der Demokratien gegenüber Diktaturen unter Beweis stellen. Das kann man nur unterschreiben, unter der Bedingung, dass es nicht nur darum geht, die Überlegenheit der USA zu untermauern...
Der Bauer auf dem geopolitischen Schachbrett?
Zur Rolle von China in der Welt meint das GrenzEcho: Viel zu lange hat das Riesenreich seine Rolle als "Entwicklungsland" ausnutzen dürfen. Inzwischen hat sich das Land zu einer Weltmacht emporgearbeitet. Die "Neue Seidenstraße" ist zum Aushängeschild einer Diplomatie geworden, mit der China Dutzende Länder in die Abhängigkeit von Peking manövriert hat. Die G7 haben sich jetzt aufgemacht, dieser Charme-Offensive eine eigene Charme-Initiative entgegenzusetzen. Es wurde Zeit.
Europa droht aber in alledem zum simplen Bauern auf dem geopolitischen Schachbrett abqualifiziert zu werden, befürchtet De Standaard. Joe Biden will mit seiner Europareise eigentlich nur eine Botschaft an Russland und China senden. Eigentlich sehen wir hier diplomatisches Dreiband-Billiard mit Europa in einer Statistenrolle. Europas Schwäche, das bleibt die militärische Abhängigkeit von den USA. Mehr denn je sollte Europa denn auch nach seinem eigenen Weg suchen. Strategische Autonomie, so lautet das Zauberwort. Man kann mit den USA einen Block bilden gegen China und doch seine eigenen Interessen verfolgen.
Im Moment ist das Gras grüner bei uns
Einige Leitartikler beschäftigen sich schließlich noch mit den Fortschritten der Impfkampagne. Belgien ist im Moment das Land in Europa, das am schnellsten impft, lobt etwa Gazet van Antwerpen. Und das dürfte dazu führen, dass der Konzertierungsausschuss am Freitag schon wieder neue Lockerungen bekanntgeben dürfte. Da soll mal nochmal einer behaupten, dass wir in einem Land leben, in dem nichts funktioniert und in dem die Gesellschaft gespalten ist.
Ja, das Gras ist tatsächlich im Moment grüner bei uns, meint auch Le Soir und zitiert damit aus einem Tweet der Ecolo-Ministerin Zakia Khattabi. Belgien ist Impf-Europameister; und das ist mal nicht Romelu Lukaku zu verdanken. Der einzige Misston kam aus Flandern, wo Gesundheitsminister Wouter Beke sich selbst und seiner Region diese Feder an den Hut stecken wollte. Ein versteckter Seitenhieb an die Wallonen und Brüsseler, die sich besser mal auf die Hinterbeine stellen sollten, so die Botschaft zwischen den Zeilen.
Muss das sein? Gerade erst zeigt sich doch, wie effizient der Föderalstaat, die Regionen und die Gemeinschaften zusammengearbeitet haben. Nach all diesen schwierigen Monaten sollte man keine Hitparaden erstellen, sondern vielmehr versuchen zu ermitteln, wer was dazu beitragen kann, damit dieser Staat besser funktioniert. Als Vorbereitung auf die nächste Krise...
Roger Pint