"Alles hängt von Johnson & Johnson ab – Diese Woche Deutlichkeit über Lieferung von 1,4 Millionen versprochenen Dosen", titelt Gazet van Antwerpen. "Reihe ist an den Über-18-Jährigen", so die Überschrift bei L'Avenir zur Impfkampagne im Süden des Landes. "16- und 17-Jährige werden vielleicht in den Sommerferien geimpft", greift De Morgen eine andere Ankündigung des Wochenendes auf.
Die Diskussion, ob auch Kinder oder zumindest Jugendliche geimpft werden sollen, droht zum Sommerhit zu werden, stöhnt L'Avenir. Geht es nach den Behörden und den Impfbefürwortern, dann liegt die Antwort auf der Hand. Ja, das ist notwendig, um die oft zitierte kollektive Immunität zu erreichen. Die soll uns ja vor einer vierten Welle und gefährlicheren Varianten schützen.
Wer da nicht mitmacht, der wird als "schlechter" und unsolidarischer Bürger abgestempelt und wird aus vielen Aktivitäten ausgeschlossen oder muss selbst die teuren PCR-Tests bezahlen, um zu beweisen, dass er nicht infiziert ist. Das ist eine wenig glorreiche Form der Erpressung. Und je weiter man in der Alterspyramide nach unten geht, desto weiter verschiebt sich die Kosten-Nutzen-Analyse der Impfung. Bis sie nicht mehr weit davon entfernt ist, sich umzukehren, behauptet L'Avenir.
Keine Bedrohung, sondern ein Beitrag
Ein "Corona-Pass", also der Nachweis von Immunität, Impfung oder einem frischen Testergebnis, soll grünes Licht für eine ganze Reihe von Aktivitäten bedeuten. Das ist keine Bedrohung für unsere Freiheit, sondern im Gegenteil ein Beitrag zu selbiger, ist derweil Het Laatste Nieuws überzeugt. Warum sollten wir auf einen Corona-Pass verzichten? Weil die Impfgegner den nicht wollen? Die auch gegen Corona-Tests sind? Das droht zum Lackmustest für die Liberalen von Premier Alexander De Croo zu werden. De Croo hatte ja vor der Kammer gesagt, dass Freiheit nicht von einem Corona-Pass abhängig sein werde. Aber die individuellen Freiheiten einer unvernünftigen Minderheit stoßen an ihre Grenzen, wenn sie die individuellen Freiheiten einer vernünftigen Mehrheit in Gefahr bringen, wettert Het Laatste Nieuws.
Het Nieuwsblad beschäftigt sich mit einem flämischen Problem, das gerade im Zusammenhang mit der Priorisierung bei der Impfkampagne wieder deutlich geworden ist: Die Hälfte der Menschen ist entweder älter als 65 Jahre oder kämpft mit schweren Gesundheitsproblemen. Das ist ein gigantisches Problem. Da muss man fast schon hoffen, dass die Ärzte unethischerweise mehr Risikopatienten erfunden haben, als es tatsächlich gibt.
Hier müssen alle Alarmglocken schrillen. Die Fettleibigkeit muss zurückgedrängt werden, der Stress im Alltagsleben abgebaut werden, die Luftverschmutzung angegangen werden. Denn das sind die wichtigsten Ursachen, die Menschen in der Corona-Epidemie zu Risikopatienten machen. Und sie drohen langfristig noch schwerer zu wiegen als die Pandemie selbst. Wenn die letzte Corona-Impfspritze gesetzt worden ist, müssen hier Lehren gezogen werden. Und es wartet viel Arbeit, um die Menschen gesünder zu machen, unterstreicht Het Nieuwsblad.
Ein neuer Zwang für einen schwer gebeutelten Sektor
La Dernière Heure kommt in ihrem Leitartikel auf den sogenannten "Belüftungsplan" des föderalen Gesundheitsministers Frank Vandenbroucke (Vooruit) zurück. Die neue Gesetzgebung über Luftreinigungssysteme soll in den nächsten zehn Tagen in Kraft treten. Und das ist sicher kein Zufall, wenn man auf den Kalender blickt: Denn das kommt genau vor der kompletten Wiederöffnung des Horeca-Sektors, die für den 9. Juni versprochen worden ist. Mit der neuen Verpflichtung, in den Räumlichkeiten den CO2-Gehalt der Luft messen zu müssen, wird dem ohnehin schwer gebeutelten Sektor noch ein neuer Zwang auferlegt. Je nach Größe des Betriebs muss man hier mit Durchschnittskosten von 200 bis 800 Euro rechnen. Das ist schon ein Posten im Budget der Horeca-Betreiber. Die haben ja seit Beginn der Gesundheitskrise nicht aufgehört zu investieren, in der Hoffnung, ihre Kunden in größtmöglicher Sicherheit empfangen zu können, so La Dernière Heure.
Gazet van Antwerpen kommentiert die Pandemie-bedingte Telearbeit: Menschen gewöhnen sich erstaunlich schnell an neue Situationen. Vor Corona war ein Szenario, in dem Hunderttausende von Belgiern von zu Hause aus arbeiten, kaum vorstellbar. Homeoffice, das war etwas für eine kleine Minderheit, der Großteil der in Büros Tätigen musste Tag für Tag pendeln und oft genug dabei im Stau stehen. Und das, obwohl die Technologie eigentlich zur Verfügung stand, um von zu Hause aus zu arbeiten.
Das Virus hat einen Wendepunkt in der Arbeitswelt erzwungen. Und diese Uhr wird wohl nicht mehr vollständig zurückgedreht werden. Es ist zu erwarten, dass es in vielen Betrieben einen Kompromiss zwischen Präsenz- und Telearbeit geben wird. Im besten Fall verbunden mit der Freiheit für Arbeitnehmer, selbst zu wählen, wie sie arbeiten wollen. Die Corona-Krise kann so tatsächlich doch noch zu etwas Positivem führen, nämlich zu mehr Autonomie und weniger Berufspendeln. Und auch zu weniger Verkehr auf den Straßen, hofft Gazet van Antwerpen.
Immer verwirrender?
De Standaard schließlich findet, dass die Diskussionen über die Corona-Regeln und ihre Handhabung immer verwirrender werden. Warum greift die Polizei bei Partys gegen die Corona-Regeln ein, aber nicht bei ähnlich ausgelassen Demonstrationen gegen die Regeln? Wann dürfen die Masken fallen? Sollen Tests für Jugendsommercamps freiwillig oder verpflichtend sein? Und warum führt der Weg zu größeren Festen über das Anheuern eines professionellen Catering-Services? Das mutet alles schon immer absurder an. Nach dem Verbot, auf Parkbänken zu sitzen und der Fensterregel für Züge jetzt also die Catering-Befreiung, frotzelt De Standaard.
Boris Schmidt