"Straßenkrieg-Szenen in Lüttich", titelt L'Avenir. "Die Krawalle in Lüttich waren geplant und organisiert", schreibt De Standaard. "Das war Randale um der Randale willen", so die Schlagzeile auf Seite eins von De Morgen.
Neun Polizisten im Krankenhaus, 36 verletzt, verwüstete Geschäfte, ein teilweise geplündertes Stadtzentrum, bilanziert La Libre Belgique in ihrem Kommentar die Ausschreitungen am Samstag in Lüttich. Zu denen war es am Rand einer "Black Lives Matter"-Demonstration gekommen. Diese Vorfälle sind schockierend und empörend, wettert die Zeitung. Und es darf darauf vonseiten der Justiz nur eine einzige Antwort geben: absolute Unnachgiebigkeit. Für die 200 bis 300 teils minderjährigen Randalierer darf es keine Toleranz geben. Ihr einziges Ziel waren Plünderungen. Die sinnlose Gewalt gegen Sicherheitskräfte wirft aber auch einmal mehr Fragen auf zur zunehmenden Auflösung unserer Gesellschaft und dem verschwindenden Respekt vor bestimmten Werten. Die Bilder der extremen Brutalität der Randalierer gegen die Polizei sind beunruhigend. Nulltoleranz muss deshalb das Motto sein. Das gilt für Polizeigewalt, genauso wie für Gewalt gegen Polizisten, fordert La Libre Belgique.
Die Krawalle werden Spuren hinterlassen
Für das, was in Lüttich passiert ist, darf es keine Entschuldigungen geben, meint auch L'Avenir. Die Vorfälle müssen strengstens verurteilt werden. Die jetzt geplünderten Geschäfte haben schon während der Gesundheitskrise einen schweren Preis bezahlen müssen. Dass die Polizisten mit Pflastersteinen und anderen Geschossen angegriffen wurden, ist untragbar. Ein Motorradpolizist wurde erst von seiner Maschine geholt und dann brutal verprügelt. Unfassbar. Und die meist jugendlichen Krawallmacher hatten sich vorab in den Sozialen Netzwerken abgesprochen. Wir alle haben die Nase voll von Corona und den Einschränkungen. Auch wir wollen Freunde und Bekannte treffen und gemeinsam draußen sein. Dennoch: Der Frust der jungen Menschen darf keinesfalls als Begründung für dieses Verhalten akzeptiert werden. Die Krawalle werden Spuren hinterlassen. Nicht nur im Stadtbild. Sondern auch bei der Polizei. Die Beamten können nicht mehr angesichts der Hetze und der Verbreitung von Fotos und Videos angeblicher Polizeigewalt ohne Kontext oder Hintergründe in den Sozialen Medien. Egal wie, unsere Demokratie darf solche Ausschreitungen nicht gutheißen. Die Täter müssen bestraft werden, verlangt L'Avenir.
La Dernière Heure greift die Polemik um den Astrazeneca-Impfstoff auf. Manche Länder haben die Verwendung des Vakzins ausgesetzt. Des Impfstoffs, von dem Belgien am meisten bestellt hat. Die Berichte über mögliche Gesundheitsfolgen nach einer Spritze Astrazeneca haben, wenn auch nicht zu einer Psychose, so doch zu großer Angst bei vielen Mitbürgern geführt. Sollte Belgien es verschiedenen anderen Ländern nachtun und die Verwendung aussetzen? Allein aus Vorsicht? So oder so sollten wir nicht in Panik verfallen. Erstens gibt es keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass Astrazeneca zu Thrombosen führt. Zweitens ist das Auftreten von Thrombosen bei den Geimpften fünf Mal seltener als sonst in der Bevölkerung. Und schließlich ist selbst, falls es zu einer Thrombose nach einer Impfung kommen sollte, das Risiko, daran zu sterben viel geringer, als an Covid zu sterben. Die Nutzen-Risiko-Abwägung legt also eindeutig eine Weiterverwendung des Astrazeneca-Impfstoffs nahe, unterstreicht La Dernière Heure.
Mehr Realismus statt falscher Hoffnungen
De Standaard befasst sich mit der Ankündigung des flämischen Gesundheitsministers Wouter Beke (CD&V), wonach bis zum flämischen Feiertag am 11. Juli alle erwachsenen Flamen mindestens einmal gegen Covid geimpft sein sollen. Eine Ankündigung, die auch der flämische N-VA-Ministerpräsident Jan Jambon optimistisch geteilt hat. Aber wer soll solchen Versprechen denn noch glauben? Es vergeht doch keine Woche, oft nicht einmal ein Tag, ohne dass über geringere Lieferungen und gebrochene Versprechen berichtet wird. Das Gleiche gilt auch für die Testballons, die manche Politiker über Lockerungen steigen lassen. So wie N-VA-Chef Bart De Wever und auch Jambon über eine frühere Öffnung der Café-, Bar- und Restaurant-Terrassen. Dabei steigen die Ansteckungszahlen doch!
Natürlich verlangen viele Betroffene nach Perspektiven. Und das ist eine Einladung an die Politiker, damit zu spielen. Aber das hat einen gegenteiligen Effekt. Eine ehrlichere und mutigere Antwort auf die Rufe nach Perspektiven wäre, zuzugeben, dass weder für Lieferungen noch für Lockerungen Daten festgelegt werden können. Denn wir haben weder Einfluss auf die Lieferungen, noch wissen wir, wie sich die Corona-Zahlen entwickeln werden. Das ist zwar unangenehm, aber die Realität. Jetzt beinhaltet jedes Versprechen schon die Bitterkeit der Enttäuschung. Auf einen kurzen Moment der Hoffnung bei den Menschen folgt das Gefühl unerfüllter Erwartungen. Und das führt zu noch mehr Mutlosigkeit und Erschöpfung, warnt De Standaard.
Pharma hat geliefert, die Politik nicht
Nach ziemlich genau einem Jahr Corona startet nun in Ostbelgien auch die langerwartete Impfkampagne, schreibt das GrenzEcho. Dabei muss man den Pharmaunternehmen ein großes Kompliment machen: Sie haben in Rekordzeit Impfstoffe entwickelt, die eine sehr hohe Wirksamkeit und, auf der anderen Seite, nur geringfügige Nebenwirkungen haben. Das Schimpfen auf die Pharmaindustrie ist somit weitgehend unberechtigt. Es ist, im Gegenteil, kontraproduktiv und umso mehr zu verwerfen, als es vielfältig von eigenen Unzulänglichkeiten ablenken soll. Denn dass wir weniger Impfstoffe erhalten als andere, ist in erster Linie der Politik anzukreiden. Pharma hat also geliefert, die Politik nicht, resümiert das GrenzEcho.
Boris Schmidt