"Verschärfte Kontrollen für Reiserückkehrer aus Roten Zonen", titelt L'Avenir. "Strengere Regeln bei Rückkehr aus Roter Zone", schreibt auch das GrenzEcho. Welche Regeln das sind, das steht auf Seite eins von Het Nieuwsblad: "Test und Quarantäne sind verpflichtet für Reisende"; Het Belang van Limburg ist noch präziser: "Zwei Tests plus Quarantäne für Rückkehrer aus Roten Zonen". Der erste Test ist gleich bei der Rückkehr; der zweite muss dann am siebten Tag abgelegt werden. Die Maßnahme wird vor allem begründet mit der neuen Virus-Variante, die in Großbritannien aufgetreten ist: "Die Tür wird verrammelt für die neue Virus-Variante", schreibt denn auch De Morgen.
Vorrang hat das Vorsorgeprinzip
Weil das alles so kurzfristig kommt, wird so mancher allerdings auf dem falschen Fuß erwischt. Das gilt erstmal für die Betroffenen selbst, wobei die Regierung argumentiert, dass nicht umsonst von Reisen nachdrücklich abgeraten worden war. Dennoch fragen sich gerade viele Firmen, wie sie ins neue Jahr starten sollen. "Unternehmen müssen für eine Woche auf zehntausende Ausländer verzichten", so jedenfalls die Aufmachergeschichte von De Tijd. Es geht also um ausländischstämmige Menschen, die über die Weihnachtstage in ihrer Heimat die Familie besucht haben. Und die jetzt eben für eine Woche in Quarantäne müssen. In einigen Branchen ist das ein echtes Problem, vor allem im Bausektor und in der Fleischindustrie.
Die neuerlichen Einschränkungen für Reiserückkehrer sind absolut nachvollziehbar, meint De Tijd aber in ihrem Leitartikel. In Belgien entwickeln sich die Corona-Zahlen vergleichsweise gut, besser jedenfalls als in vielen anderen EU-Staaten. Und die Regierung will mit allen Mitteln dafür sorgen, dass das auch so bleibt. Vor allem will man verhindern, dass die jüngst bekanntgewordenen neuen Corona-Varianten eingeschleppt werden. Das gilt vor allem für die Mutation, die in Großbritannien aufgetreten ist. Natürlich wird das auch wieder negative Konsequenzen für die Wirtschaft haben. Aber, im Zweifel hat eben das Vorsorgeprinzip Vorrang.
Respektlosigkeit gegenüber der schweigenden Mehrheit
Für De Morgen kommt die Maßnahme sogar zu spät. "War das alles nicht vorhersehbar?", fragt sich das Blatt anklagend. Wir wissen doch längst, dass die Zahlen in Belgien im Moment recht gut sind und entsprechend die Gefahr größer ist, sich im Ausland anzustecken. Dass viele Menschen sich nicht an die Empfehlung halten würden, möglichst nicht zu reisen, das konnte man sich auch an den fünf Fingern abzählen. Wir haben wohl vergessen, wie diese Krise angefangen hat. Nach den Karnevalsferien brachten viele das Virus aus den Skigebieten mit und kam die Epidemie damit erst in eine Stromschnelle. Und doch musste erst eine Mutation in Großbritannien auftauchen, damit die Regierungen des Landes Vorkehrungen für Reiserückkehrer treffen. Dass erst so spät reagiert wurde, zeigt eigentlich nur, dass die politisch Verantwortlichen das Virus immer noch unterschätzen.
"Warum sind die Menschen trotz aller Risiken doch verreist?", fragt sich seinerseits De Standaard. Nun, Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke nahm in diesem Zusammenhang das Wort "Dummheit" in den Mund. Eigentlich geht es hier aber um Egoismus. Viele der Winterurlauber haben bestimmt ihre "guten Gründe". Wie sagt noch der Frankophone: "Les excuses sont faites pour s'en servir", Ausreden gibt es, um sie zu benutzen. Solange nichts ausdrücklich verboten ist, nun, solange ist es eben erlaubt. Und jetzt wird der eine oder andere sich wieder alles Mögliche ausdenken, um die Quarantäne zu umschiffen. Das wäre aber respektlos der schweigenden Mehrheit gegenüber, die sich an alle Regeln hält.
2021 wird zum Jahr des Triumphs
Apropos: "Neun von zehn Belgiern werden sich an die Regeln halten", titelt Het Laatste Nieuws. Laut einer Umfrage haben 87 Prozent der Befragten angegeben, dass sie an Silvester die Regeln befolgen wollen. Dennoch wird die Polizei ein wachsames Auge auf alles werfen - vor allem soll die Einhaltung der Ausgangssperre überwacht werden. "Jagd auf ungehorsame Feiernde", so jedenfalls die Aufmachergeschichte von La Dernière Heure.
Viele Zeitungen wünschen natürlich schon heute ihren Lesern ein frohes Neues Jahr. Zumal man das ausklingende Jahr möglichst schnell hinter sich lassen will, sind sich viele Leitartikler einig.
Het Nieuwsblad bringt es in zwei Sätzen auf den Punkt: "2020 war ein Jahr, das man schnell vergessen will. 2020 war ein Jahr, das man nie vergessen wird". In diesem Jahr wurde in jedem Fall Geschichte geschrieben. In der Praxis war das aber ziemlich langweilig. Viele haben Geschichte geschrieben, indem sie zwangsläufig im Sessel gesessen haben. Aber, immerhin: Es gibt gute Gründe, um davon auszugehen, dass diese dunkle Wolke sich verziehen wird. Der Wissenschaft sei Dank. Wenn 2020 das Jahr der Verletzlichkeit war, dann wird 2021 zum Jahr des Triumphes - des Triumphes der Forschung und der menschlichen Erkenntnis. 2021 kann kommen! Gerne sogar!
"Aus den Augen, nicht aus dem Sinn"
2020 war übel, sehr übel, meint auch La Libre Belgique. Es war ein trauriges und grausames Jahr. Aber: An dieser Krise sind wir auch gewachsen. 2020 hat auch die nobelsten aller Gefühle wiederbelebt, allen voran Menschlichkeit, Großzügigkeit und Solidarität. Wir haben das medizinische Personal beklatscht; und uns ist auch klargeworden, dass unsere Gesellschaften natürlich Verantwortliche brauchen, aber eben auch LKW-Fahrer, Kassiererinnen, Postbedienstete. 2020 hat uns dabei geholfen, die Prioritäten nochmal zu definieren. Und Begriffe, die so mancher für veraltet hielt, haben ihr Comeback gefeiert, Worte wie: "gemeinsam" oder "Gemeinwohl". Das Virus hat uns unsere Verletzlichkeit nochmal vor Augen geführt und mahnt uns zur Demut.
L'Avenir schlägt genau in dieselbe Kerbe. Viele anonyme Menschen haben sich engagiert, sich eingebracht, ihr Quäntchen dazu beigetragen, dass es weitergehen konnte. Das Coronavirus hat uns dazu gebracht, unsere Lebensweise zu überdenken. Der Verlust unserer sozialen Kontakte hat uns ihre Wichtigkeit vor Augen geführt. Und zusammen haben wir ein Sprichwort Lügen gestraft: "Aus den Augen, aus dem Sinn", das stimmt nicht!
Deswegen, stellvertretend für alle, die Neujahrswünsche von Het Belang van Limburg: Ja, vor uns liegen noch einige schwere Monate. Aber 2021 wird besser! Halten Sie durch! Alles wird gut!
Und auch das gesamte Team des BRF-Studios in Brüssel wünscht Ihnen an dieser Stelle einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Roger Pint