"Der Tag der Impfung", titelt heute Le Soir. "Coronavirus – Die Gegenoffensive beginnt", heißt es bei L’Avenir. "EU rückt Coronavirus zu Leibe", schreibt das Grenzecho. Heute beginnen in Belgien und Europa die ersten Impfungen gegen das neuartige Coronaviurs.
Dieser Impfstoff ist ein bedeutender Sieg, schreibt dazu La Libre Belgique. Zu Beginn der Pandemie wagten selbst die optimistischsten Experten nicht auf ein einsatzbereites Mittel bis Jahresende zu hoffen.
Dieser Erfolg wurde durch zwei Aspekte ermöglicht. Erstens: Die wichtigsten Organisationen weltweit haben kolossale Summen aufgebracht. Und zweitens: Die Forscher haben mit offenen Daten gearbeitet. Jeder konnte so von den Fortschritten der anderen profitieren.
Diese Arbeit zeigt auch die möglichen Vorteile der Globalisierung und der Migration. Das erste verfügbare Impfmittel von Biontech und Pfizer ist die Frucht der Zusammenarbeit von zwei türkisch-stämmigen Forschen in Deutschland mit einem New Yorker Pharma-Konzern.
Das zweite Impfmittel, das von Moderna, wurde von einer ungarischen Einwanderin in den USA entwickelt. Wir sollten außerdem auch die so häufig kritisierte europäische Zusammenarbeit hervorheben, meint La Libre Belgique.
Grund zur Freude
Auch Le Soir ist voll des Lobes für die gemeinsame Anstrengung. Die nächste Etappe muss nun sein, dass dieser Impfstoff breite Anwendung findet. Die nächsten Monate sind dafür entscheidend.
Der Impfstoff wird rasch Wirkung zeigen müssen. Auf Mutationen des Virus muss reagiert werden. Und am Ende muss das Impfmittel dann zumindest die Risikogruppen komplett abdecken.
All das ist natürlich nicht gesichert. Es könnten sich zu wenige Menschen impfen lassen oder das Vakzin nicht ausreichend wirksam sein. Mutationen könnten uns einen Strich durch die Rechnung machen.
Aber trotzdem können wir uns jetzt erst einmal freuen. Mit dieser Impfstoff-Entwicklung in Rekord-Zeit hat der Mensch gezeigt, dass er zumindest teilweise in der Lage ist, dank der Wissenschaft sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, notiert Le Soir.
Die Frage ist nun, ob uns diese gute Nachricht zum Durchhalten motiviert oder ob sie uns das Gefühl gibt, dass wir die Zügel in der Hand halten, schreibt Gazet van Antwerpen. Letzteres war im Sommer passiert und es hat zu einer tödlichen zweiten Welle geführt.
(Letzte) Chancen
Werden wir es schaffen, die Einschränkungen auszuhalten, bis wir wirklich in einer sicheren Zone sind? Wir können davon ausgehen, dass die Regierung weiterhin eine strenge und klare Politik verfolgen wird. Es sieht nicht so aus, als würden De Croo und Vandenbroucke plötzlich Risiken eingehen.
Doch wie sehr die Bevölkerung darauf brennt, zum alten Leben zurückzukehren, zeigten die Bilder vom Hohen Venn an diesem Wochenende, von den Schnäppchenjägern in den Einkaufszentren und von den Reisenden am Flughafen Charleroi letzte Woche. Offensichtlich wollen wir zurück zu dem, was war – und das am besten so schnell wie möglich.
In der ersten Welle philosophierte man noch über das "Leben nach Corona". Jetzt machen wir das kaum noch. Wir wollen einfach nur das fiese Virus loswerden. Aber nur in die Vergangenheit zurückzukehren, ist nicht ehrgeizig genug, findet Gazet van Antwerpen.
Zu Beginn der Pandemie geriet unser Land mehrmals in den Nebel, schreibt Het Laatste Nieuws. Die komplizierte und manchmal nicht sehr logische Struktur des Staates war eine der Ursachen.
Jetzt beim Impfen werden die verschiedenen Regierungen wieder zusammenarbeiten müssen. Wird das dieses Mal besser klappen? Werden wir in der Lage sein, ähnlich hohe Impfraten wie unsere Nachbarländer zu erreichen? Und werden wir endlich massenhaft auf Testing und Tracing umsteigen können?
Für 2021 bleiben viele Fragen offen. Aber eines ist sicher: Die Bevölkerung hat nicht vor, geduldig bis Ende des Jahres auf Lösungen zu warten, mahnt Het Laatste Nieuws.
Immense Aufgaben
Die richtige Impfkampagne geht erst nächste Woche los, heute startet vor allem die PR-Kampagne der Politik, heißt es bei l’Avenir. Die Behörden und der Impfhersteller Biontech-Pfizer wollen möglichst viele Belgier davon überzeugen, sich impfen zu lassen.
Dafür gibt es neben kommerziellen und gesundheitlichen vor allem auch politische Gründe. In den bisherigen Phasen der Pandemie hat sich die Politik in den Augen der Öffentlichkeit nicht mit Ruhm bekleckert. Was gut funktioniert hat, wird vor allem dem Gesundheitssektor, den Pflegern und Ärzten zugeschrieben.
Damit die Impfstrategie nun aufgeht, braucht es vor allem Transparenz. Zahlreiche Skandale rund um die großen Pharma-Hersteller hatten die Menschen misstrauisch gemacht. Dieses Misstrauen könnte großen Schaden anrichten, warnt l’Avenir.
Die Impfkampagne ist nicht die einzige immense Aufgabe, vor der unser Land steht, analysiert Het Belang van Limburg. Nach Angaben der Nationalbank ist das Haushaltsdefizit für das Jahr 2020 auf 10,6 Prozent gestiegen. Das ist auf lange Sicht nicht tragbar.
Die Nationalbank hat auch berechnet, dass die Corona-Krise unser Land mehr als 100.000 Arbeitsplätze kosten wird. Die wirklichen Auswirkungen der Pandemie werden erst deutlich werden, wenn die Wirtschaft aus ihrem künstlichen Koma erwacht, mahnt Het Belang van Limburg.
Peter Esser
Guter Kommentar.
Über die steigende Staatsschuld sollte man sich keine großen Sorgen machen. Im Prinzip verdient der Staat ja noch daran wegen der Minuszinsen. Dazu kommt noch die Inflation. Alles zusammen gerechnet profitiert der Staat meiner Meinung nach 4 %. Dazu kommt, dass es in Belgien genügend Kapital gibt, um es dem Staat zu leihen.