"Ein Post-Brexit-Abkommen ist zum Greifen nah", titeln L'Echo und La Libre Belgique. "Es gibt doch wieder Hoffnung auf einen Brexit-Deal", so die Schlagzeile von Het Belang van Limburg. "Ein Brexit-Deal steht in den Startlöchern: Europa und das Vereinigte Königreich legen letzte Hand an ein historisches Abkommen", schreibt De Tijd auf Seite eins.
Brexit und Coronazahlen: ein Hoffnungsschimmer
Anscheinend sind die Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien über ein Handelsabkommen jetzt doch auf der Zielgeraden. Doch die Zeit drängt: Es geht schließlich um die Beziehungen zwischen beiden Seiten nach dem 1. Januar - in etwas mehr als einer Woche. Und ein mögliches Abkommen müsste bis dahin auch noch ratifiziert werden, zumindest theoretisch.
Eigentlich hatte man kaum noch mit einer Einigung gerechnet. De Morgen spricht denn auch von einem "Weihnachtswunder". Und De Standaard geht in dieselbe Richtung: "Weihnachten bringt Brexit-Tauwetter", schreibt das Blatt.
Natürlich beschäftigen sich aber auch heute wieder viele Zeitungen mit der aktuellen Corona-Lage. Und die Schlagzeilen sind passend zu Heiligabend von Optimismus geprägt. "Es gibt Hoffnung", titelt etwa Het Laatste Nieuws und führt aus: "Die Zahlen gehen wieder in die richtige Richtung und unsere Motivation auch". Tatsächlich steigen die Zahlen nicht mehr so schnell und die übergroße Mehrheit der Belgier wird wohl Weihnachten tatsächlich im kleinen Kreis feiern.
"Die Situation gibt Hoffnung", schreibt auch Gazet van Antwerpen auf Seite eins und fügt hinzu: "Belgien ist plötzlich unter den Klassenbesten". Die Corona-Zahlen sind nämlich - im Vergleich zu vielen anderen Ländern - relativ gut.
Es wird dennoch ein denkwürdiges Weihnachtsfest, an das wir uns noch lange erinnern werden, bemerkt L'Avenir in seinem Leitartikel. Die Christen etwa werden ihre Messfeier neu erfinden müssen, in den Kirchen sind ja nur 15 Gläubige zugelassen. Viele werden die Mitternachtsmesse über das Internet verfolgen müssen. Doch ob man nun gläubig ist oder nicht: Dieses Weihnachtsfest wird sich fade anfühlen, es fehlt das Salz in der Suppe. Weil es ein intimes Fest wird. Denn über dem Ganzen hängt der Schatten einer möglichen dritten Welle. Doch sollte uns gerade Weihnachten eigentlich davon abhalten, in Pessimismus und Schwarzseherei zu verfallen.
Wir stehen uns bei, indem wir uns fernbleiben
Es wird das wohl seltsamste Weihnachtsfest seit jener eisigen Nacht im Ersten Weltkrieg, meint De Standaard. 1914, in der Weihnachtsnacht, als plötzlich die Soldaten auf beiden Seiten der Front die Waffen niederlegten, um gemeinsam Weihnachten zu feiern. In diesem Jahr dürfen wir uns nicht in den Arm nehmen. Wenn wir es gut miteinander meinen, dann halten wir Abstand. Dieses Weihnachtsfest steht aber auch im Zeichen der Hoffnung. In der kommenden Woche wird symbolisch mit dem Impfen begonnen. Und neuesten Umfragen zufolge steigt auch schon die Impfbereitschaft. 1914 hat Weihnachten die Menschen zusammengebracht. Paradoxerweise bedeutet Weihnachten 2020, dass wir uns beistehen, indem wir uns nicht treffen. Lasst uns das genau so handhaben, in der Hoffnung, dass das nur ein einziges Mal so sein muss.
Auch Het Laatste Nieuws denkt an dieses Weihnachtsfest 1914 an der Front im westflämischen Ploegsteert. Soldaten kamen aus ihren modrig-kalten Schützengräben und verbrüderten sich für eine Nacht. Nach dem Motto: Weihnachten ist der Tag, an dem nicht geschossen wird. Das Virus hält sich nicht an solche Absprachen. Deswegen wird es ein "merry little Christmas", wie es schon Ella Fitzgerald besungen hat: ein schönes, kleines Fest. Für unser aller Gesundheit.
Ein "kleines" Fest, bei dem wir viel vermissen werden, bedauert Het Nieuwsblad. Geschenke unter dem Weihnachtsbaum verlieren ihren Glanz, wenn zu wenige Menschen im Wohnzimmer stehen. Ein Festmahl fühlt sich in einer kleinen Blase nicht mehr so festlich an. Aber wenn wir uns um unsere Lieben sorgen, dann müssen wir sie in diesem Jahr eben meiden, so ist das leider. Aber vielleicht gibt uns das die Möglichkeit, noch einmal zur Essenz, zum wahren Geist von Weihnachten zurückzukehren. Doch zugegeben, auch das ist im kleinen Kreis nicht so einfach. Uns fehlen einfach unsere Mitmenschen, das ist wahrscheinlich das, was uns dieses Weihnachtsfest noch einmal besonders vor Augen führt.
Ja, 2020 haben wir vor allem die Menschen vermisst, die uns nahestehen, meint auch La Libre Belgique. Diese grausame Pflicht, Abstand zu halten, diese schreckliche Einsamkeit, die alleinstehende Menschen erleben mussten! Aber am Ende des Tunnels ist Licht zu sehen. Wir alle warten auf den Moment, wo die Masken und die Einschränkungen wieder fallen. Lasst uns also aus diesem Weihnachten das Fest der Hoffnung machen!
Nicht in ein Klima der Denunziation verfallen
Hoffentlich wird es nicht das Fest der Denunziation, mahnt Het Belang van Limburg. Bei der Polizei gehen in diesen Tagen unzählige Hinweise ein über Menschen, die sich angeblich nicht an die Regeln halten. Oft sind es Nachbarn, die Nachbarn anschwärzen. Nun, schon auf dem Schulhof hat die "Petzliese" nicht den besten Ruf. Wir lehren schon unsere Kinder, dass man nicht andere verpfeifen sollte. Im vorliegenden Fall gibt es natürlich den Kontext. Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass sich möglichst alle an die Regeln halten. Und natürlich ist das schwer. Entsprechend wütend reagiert man auch, wenn einige meinen, dass die Regeln nicht für sie gelten. "Petzen oder nicht petzen", das ist also frei nach Shakespeare die Frage. Leider sind wir es inzwischen zu sehr gewöhnt, in Sozialen Netzwerken vom Leder zu ziehen, alles Mögliche gleich anzuprangern. Und doch sollten wir nicht in ein Klima der Denunziation verfallen. Wir müssen hier gemeinsam durch!
"Lasst uns das Beste draus machen", appelliert denn auch Gazet van Antwerpen. Ein kleines Fest ist auch ein Fest, ein Hotdog an einem Feuerkorb ist auch eine Mahlzeit, eine Wanderung ist auch ein Beisammensein, eine Botschaft über Skype kann auch herzlich sein. Und pünktlich zu Weihnachten bringen die aktuellen Corona-Zahlen ja auch noch ein bisschen Licht ins Dunkel. Das nährt die Hoffnung, dass uns vielleicht doch ein neues Aufflackern erspart bleibt. Ein Grund mehr, jetzt durchzuhalten, keine Risiken einzugehen und uns gegenseitig darin auch zu bestärken. In diesem Sinne: Wir wünschen ein kleines, aber feines Weihnachten! Dem schließt sich das ganze Team des BRF-Studios Brüssel an: Frohe und friedliche Weihnachten!
Roger Pint